Entscheidungsstichwort (Thema)
Zuschätzungen bei einem Imbissbetrieb Erhöhte Anforderungen an die Kassenführung
Leitsatz (amtlich)
In Fällen, in denen der Steuerpflichtige allgemein und im Wesentlichen Waren von geringem Wert an eine Vielzahl ihm in der Regel nicht bekannte Personen gegen Barzahlung verkauft, hat die Erleichterung bei der Aufzeichnung der Einnahmen erhöhte Anforderungen an die Kassenführung als solche zur Folge.
Normenkette
AO §§ 145-146, 158, 162; EStG § 4 Abs. 3; FGO § 96 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob Zuschätzungen zu Recht erfolgt sind.
Der Kläger, der mit seiner Ehefrau, der Klägerin, zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wird, führt in L den Imbissbetrieb "A", welcher türkische Essensgerichte anbietet. Die Gewinne aus dem Imbissbetrieb ermittelt er durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung. Zur Berechnung der Einkünfte des Betriebs, in welchem keine elektronische Registrierkasse geführt wird, notiert der Kläger nach Ausführungen des Beklagten die Einnahmen auf einem Zettel mit Datum und einem Betrag auf; das Münzgeld bleibt hierbei unberücksichtigt (vgl. Außenprüfungsbericht für die Jahre 2007 bis 2009 vom 15. März 2011, Bl. 5). Eigenen Angaben zufolge führte der Kläger in den Streitjahren handschriftliche Aufzeichnungen der Tageseinnahmen, die er am Ende des Tages in ein Kassenbuch eingetragen hat. Da ihm das Nachzählen sämtlichen Kleingeldes zu mühsam gewesen sei, hat er nach eigener Aussage die Einnahmen in runden Beträgen im Kassenbuch erfasst (vgl. Bl. 128 Rb-Akte). Die Kebabspieße für den Imbissbetrieb bezog der Kläger in den Streitjahren von der Firma "K GmbH" (im Folgenden: K) in F. In den Einkommensteuer- und Gewerbesteuererklärungen 2003 bis 2005 bezifferte der Kläger die gewerblichen Einkünfte aus dem Imbissbetrieb auf 15.802,00 € (2003), 18.693,00 € (2004) und 23.420,00 € (2005). Der Beklagte führte die Veranlagungen zur Einkommen- und Gewerbesteuer im Wesentlichen antragsgemäß durch.
Im August 2010 teilte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts F I der Steuerfahndungsstelle des Finanzamts K mit, es bestehe der Verdacht, dass die Firma K Kunden mit Dönerspießen beliefert und in eine Rechnung mit Kundennummer sowie eine Barverkaufsrechnung gesplittet habe. Es seien Anhaltspunkte gegeben, dass diese Vorgehensweise auch beim Kläger, der seit 1999 von der Firma K beliefert worden sei, erfolgt sei. In der Folgezeit leitete die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts K gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommen- und Umsatzsteuer ein. Im Rahmen dieses Verfahrens trug der Kläger vor, er sei im Jahr 2005 nicht durchgängig im Wochenrhythmus beliefert worden. Das an seinen Imbiss gelieferte Fleisch sei tiefgefroren gewesen. Es sei ihm unmöglich gewesen, in F Fleisch einzukaufen und dies in genießbarem Zustand in L zu verarbeiten. Aus einer Bestätigung der Firma K ergebe sich, dass die an ihn gelieferten Waren ausschließlich über sein Kundenkonto Nr. ... erfasst worden seien. Auch der Fahrer der Firma K, der ihn seit 2004 beliefert habe, habe bestätigt, dass er ausschließlich Ware gegen Rechnung geliefert und keinerlei Ware bar verkauft habe. Er, der Kläger, habe die Ware stets bei der nächsten Lieferung bezahlt, der Auslieferungsfahrer der Firma K habe die Zahlungen entsprechend der bei der vorherigen Lieferung ausgehändigten Rechnung mit Datum quittiert.
Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts K erwiderte daraufhin, es sei niemand mehr in der Firma K vorhanden, der zu den Vorgängen bis zum Jahr 2005 Auskunft geben könne. Es habe zwar nicht zwei Lieferungen an einem Tag gegeben; die Lieferung sei jedoch in zwei Rechnungen aufgeteilt worden. Auch sei der Kläger auf der "Route …" der einzige Kunde, dem der "B-Döner" von der Firma K mit 4,35 €/kg in Rechnung gestellt worden sei. Aus Rechnungen über das Kundenkonto des Klägers folge, dass dieser wöchentlich beliefert worden sei. Ferner sei ersichtlich, dass der Kläger wöchentlich zwischen 12 und 16 Dönerspießen mit einem Gewicht von 88 bis 132 kg verbraucht habe. Bei dem von der Steuerfahndungsstelle F übersandten Original-Rechnungsbelegen wiesen die Rechnungen über das Kundenkonto und die Barverkaufsrechnung eines Tages übereinstimmende Tackerspuren aus. Die Rechnungen könnten somit dem Kläger zugerechnet werden.
In ihrem Abschlussbericht vom 31. Juli 2013 gelangte die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts K zum Ergebnis, dass die steuerpflichtigen Umsätze und die gewerblichen Einkünfte des Klägers aus dem Imbissbetrieb zu erhöhen seien. Der Kläger habe bei der Firma K für die Jahre 2003 bis 2005 Wareneinkäufe über sein Kundenkonto und in unzulässiger Weise auch über Barverkäufe getätigt. Anhand der Buchhaltung sei festgestellt worden, dass keine Barrechnungen der Firma K als Wareneingang verbucht worden seien. Die Vernehmungen des Geschäftsführers der Firma K und eines Fahrers führe zu keiner anderen Beurteilung. Der Geschäftsführer der Firma K, der die vorgelegte Bestätigung ausgestellt ha...