Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf den Verkauf von Lotterielosen durch einen gemeinnützigen Verein
Leitsatz (amtlich)
Die Besteuerung von Lotterielosen mit einem Umsatzsteuersatz von 7% setzt nicht voraus, dass der Losverkauf als solcher der Verwirklichung des steuerbegünstigten Zweckes dient. Voraussetzung ist vielmehr, dass der erzielte Reinertrag unmittelbar zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke dient.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8a; AO § 68 Nr. 6
Tatbestand
Streitig ist, ob die Einnahmen aus dem Verkauf von Lotterielosen dem allgemeinen oder dem ermäßigten Umsatzsteuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a Umsatzsteuergesetz unterliegen.
Die Klägerin ist ein eingetragener, als gemeinnützig anerkannter Verein. Nach § 2 der Satzung fördert sie ausschließlich und unmittelbar mildtätige, kirchliche, religiöse und wissenschaftliche sowie als besonders förderungswürdig anerkannte gemeinnützige Zwecke (Bl. 22 d. PrA.). Einen Großteil der Fördermittel erzielt die Klägerin im Streitjahr wie in den Vorjahren durch den Verkauf von Adventskalendern, die mit individuellen Gewinnnummern versehen sind und jeweils zugleich ein individuelles Gewinnlos darstellen. Die Ausspielung umfasste im Streitjahr 7.000 Adventskalender bzw. Gewinnlose. Mit dem Verkauf der Kalender wurden Gewinnchancen für teils hochwertige Preise eingeräumt, welche von Personen und Unternehmen gestiftet wurden. Insgesamt standen knapp über 400 Gewinne im Gesamtwert von rund 25.000 Euro zur Verlosung an. Zur Veranschaulichung wird auf Anlage 2 des Schriftsatzes der Klägerin vom 9. August 2010 hingewiesen, die beispielhaft einen Kalender mit der Losnummer 3250 enthält (Bl. 27 d. PrA.). Die Klägerin verkaufte die Kalender zu einem Einzelpreis von 5,00 Euro und erzielte hieraus Einnahmen von 39.176 Euro. Vom Reinertrag in Höhe von 25.501,79 Euro wurde ein Teilbetrag in Höhe von 25.000 Euro dem Klinikum W, das als gemeinnützige GmbH geführt wird (gGmbH), zum Kauf eines Navigationsgeräts für den Einsatz bei Hüftgelenkoperationen zugewandt, die restlichen 501,79 Euro dem gemeinnützigen Verein "..." zur Schülerförderung. Mit Bescheid vom 21. Juni 2007 erteilte die Stadtverwaltung die Erlaubnis zur Durchführung der Lotterie (Bl. 25 d. PrA.). Das Finanzamt bescheinigte im Januar 2008, dass der Adventskalenderverkauf 2007 die Voraussetzungen für die Freistellung von der Lotteriesteuer erfüllt (Bl. 26 d. PrA.).
Am 12. Februar 2008 reichte die Klägerin ihre Umsatzsteuererklärung beim Beklagten ein und erklärte insgesamt Umsätze in Höhe 40.372 Euro (brutto) bzw. 37.730 Euro (netto) zum ermäßigten Steuersatz von 7% (Bl. 12 d. Umsatzsteuerakte), wobei auf den Adventskalenderverkauf 39.176 Euro (brutto) entfielen und auf den Verkauf von Motivkarten 1.196 Euro (brutto) (Bl. 1 d. Umsatzsteuerakte).
Mit Umsatzsteuerbescheid vom 15. Januar 2010 (Bl. 33 d. Umsatzsteuerakte) setzte der Beklagte Umsatzsteuer in Höhe von 5.076 Euro fest, wobei er die Einnahmen aus dem Verkauf der Lotterielose in Höhe von 39.176 Euro (brutto) nicht wie erklärt dem ermäßigten, sondern dem allgemeinen Steuersatz unterwarf. Dadurch ergab sich eine Nachzahlungsaufforderung in Höhe von 3.692,08 Euro.
Die Klägerin erhob am 17. Februar 2010 Einspruch, den sie in der Folge begründete (Bl. 36 und Bl. 40 d. Umsatzsteuerakte). Der Beklagte wies mit Entscheidung vom 9. Juni 2010 den Einspruch als unbegründet zurück (Bl. 47 d. Umsatzsteuerakte). In seiner Einspruchsentscheidung führte er aus, dass die Einnahmen aus der Lotterie dem allgemeinen Steuersatz unterlägen, da die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 8 a UStG nicht erfüllt seien (Bl. 50 d. Umsatzsteuerakte). Der Losverkauf sein kein Zweckbetrieb im Sinne des § 65 Abgabenordnung, so dass § 12 Abs. 2 Nr. 8 Umsatzsteuergesetz nicht zur Anwendung komme. Ein Zweckbetrieb setze voraus, dass der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu diene, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen, die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden könnten und der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht im größeren Umfang in Wettbewerb trete, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar sei. Liege nur eine dieser Voraussetzungen nicht vor, entfalle die Zweckbetriebseigenschaft. Ein Zweckbetrieb liege nur vor, wenn die Tätigkeit selbst, nicht die Entgelterhebung als solche für die Verwirklichung der steuerbegünstigten Satzungszwecke erforderlich sei. Auch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz gehe in seiner rechtskräftigen Entscheidung vom 29. Januar 2009 (6 K 1351/06) davon aus, dass Erlöse aus den Verkäufen eines Museumsshops durch einen gemeinnützigen Verein zur ideellen und materiellen Unterstützung des Museums nicht dem ermäßigten Steuersatz unterlägen (Bl. 51 d. Umsatzsteuerakte). Denn diese Betätigung erfülle nicht die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs, sondern diene allein der Erz...