Entscheidungsstichwort (Thema)
Reduzierter Zuschlag auf geldwerten Vorteil für Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte bei lediglich wöchentlichen Fahrten
Leitsatz (amtlich)
Einer Änderung wegen neuer Tatsachen zuungunsten des Steuerpflichtigen stehen unzureichende Ermittlungen des Finanzamts dann nicht entgegen, wenn der Steuerpflichtige zugleich unrichtige Angaben in seiner Einkommensteuererklärung gemacht hat.
Der Ansatz des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines Firmenfahrzeugs zur privaten Nutzung ist nicht um den vollen Wert für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu erhöhen, wenn tatsächlich diese Fahrten nur an 73 Tagen im Jahr durchgeführt wurden. Da dem Zuschlag die typisierende Annahme von 15 Fahrten im Monat zugrunde liegt, ist - wenn tatsächlich nur ein- bis zweimal wöchentlich Fahrten durchgeführt wurden - nur ein entsprechend reduzierter Zuschlag vorzunehmen.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2; EStG § 8 Abs. 1 u. Abs. 2 S. 3; EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist unter anderem, ob dem Erlass von Änderungsbescheiden Ermittlungsfehler des Beklagten entgegenstehen und ob dieser in zutreffender Weise den geldwerten Vorteil aus der Nutzung eines Dienstwagens für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit erfasst hat.
Der Kläger erzielt als Servicetechniker im Außendienst Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Er ist tätig bei einer Firma D GmbH in V. Der Arbeitgeber stellt ihm ein Firmenfahrzeug, das der Kläger auch privat nutzen darf und für das der Arbeitgeber den geldwerten Vorteil nach § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2, § 8 Absatz 2 Satz 2 EStG im Rahmen des Lohnsteuerabzugs berücksichtigt (bei einem Bruttolistenpreis laut Lohnsteuerabrechnung für beide Jahre von 27.200 €). Bis zum 1. August 2005 wohnte der Kläger in W. Ab diesem Datum wohnt er in H.
In den erstmals von einem Mitglied der steuerberatenden Berufe erstellten Einkommensteuererklärungen 2004 und 2005 gab der Kläger auf der Anlage N an, Fahrten zwischen seiner Wohnung und der Arbeitsstätte in V (einfache Entfernung von W 170 km beziehungsweise von H 177 km) mit seinem privaten Pkw zurückgelegt zu haben. Er machte den dafür vorgesehenen Werbungskostenabzug für 2004 für 73 Fahrten zu 170 km zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für 2005 für 72 Fahrten (38 Tage mit 170 km und 34 Tage mit 177 km) geltend. Für Dienstreisen machte er in 2004 10.860 € (36.199 km mal 0,3 €/Kilometer) und in 2005 8.579 € (28.598 km mal 0,3 €/Kilometer) als Werbungskosten geltend. Kostenerstattungen des Arbeitgebers wurden nicht erklärt. Für 2004 und 2005 gab der Kläger in elektronischer Form erstellte Aufzeichnungen seiner dienstlichen und privaten Fahrten ab (für 2004: Blatt 114 bis 144). Aus den Aufzeichnungen für 2004 ergibt sich aus dem Deckelblatt die Angabe, dass das Fahrzeug mit dem Kennzeichen ... dem Fahrzeughalter W., M. (der Kläger, Anm. des Neutralisierenden) in W. zuzurechnen sei. Das Fahrtenbuch 2005 hatte der Beklagte an den Kläger zurückgegeben.
In den Jahren 2001 bis 2003 war in der Anlage N angekreuzt worden, dass ein Firmenwagen genutzt worden sei. Gleichwohl erkannte das damals zuständige Finanzamt G Fahrtkosten für Dienstreisen als Werbungskosten an und berücksichtigte keine Versteuerung des geldwerten Vorteils aufgrund der Nutzung des Fahrzeugs für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.
Der Beklagte veranlagte die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit für 2004 und 2005 zunächst antragsgemäß. Der Einkommensteuerbescheid für 2004 vom 23. Mai 2005 (festgesetzte Einkommensteuer 10.513 €) und für 2005 vom 23. Juni 2006 (festgesetzte Einkommensteuer 9.507 €) erging jeweils nach § 165 Absatz 1 Satz 2 AO teilweise vorläufig.
Im Rahmen der Veranlagung für das Jahr 2006 überprüfte der Beklagte den Werbungskostenabzug bezüglich der geltend gemachten Aufwendungen für Dienstreisen. In der Anlage N gab der Kläger wiederum an, für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den privaten Pkw (nacheinander zwei verschiedene Fahrzeuge) genutzt zu haben (an 62 Tagen mit 177 Entfernungskilometern). Auch machte er wieder Aufwendungen für Dienstfahrten (für 26.140 km) als Werbungskosten geltend. Aus den vorgelegten und zurückgegebenen - als Fahrtenbuch bezeichneten - Aufzeichnungen in Form einer Tabellenkalkulation ergibt sich überdies, dass er 1334 km für Privatfahrten zurückgelegt haben will.
Der Beklagte ging davon aus, dass bei einer Jahreskilometerleistung von deutlich über 40.000 km der Ansatz der pauschalen Kilometersätze für Dienstreisen nicht angemessen sei. Er fragte unter anderem, ob der Arbeitgeber Kosten getragen habe, da die benutzten Pkw am Dienstort angemeldet gewesen seien. Der Kläger solle Belege zur entsprechenden Fahrleistung und zu den Gesamtkosten der Fahrzeuge vorlegen. Der Beklagte erhielt sodann Kenntnis davon, dass dem...