Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld für behindertes, straffällig gewordenes Kind
Leitsatz (amtlich)
Ist ein behindertes Kind zu einer Haftstrafe verurteilt und im Rahmen des Maßregelvollzugs untergebracht, steht nicht seine Behinderung, sondern der Maßregelvollzug seiner Erwerbstätigkeit entgegen.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 1, § 63 Abs. 1 Sätze 1-2, § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 3
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Gewährung von Kindergeld für seinen zu 100 % schwerbehinderten Sohn R, geboren am 6. Juli 1953, ab Juni 1998.
Aufgrund des Bewilligungsbescheides vom 2. April 1982 wurde dem Kläger für R fortlaufend Kindergeld gewährt.
Auf Anfrage des Beklagten, wo R wohne, und auf den Hinweis des Beklagten, dass die Kindergeldzahlung vorläufig ab Januar 1998 eingestellt worden sei, teilte der Kläger dem Beklagten mit Schreiben vom 7. Januar 1998 mit, R befinde sich langfristig in der Landesnervenklinik (LNK) N.
Mit Bescheid vom 2. März 1998, zuletzt geändert mit Bescheid vom 25. Mai 1998, wurde die Festsetzung des Kindergeldes mit Ablauf des Monats März 1998 aufgehoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Lebensunterhalt des Kindes ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestritten werde, dass die gewährte Sozialhilfe bzw. die gewährte Eingliederungshilfe eigene Bezüge des Kindes im Sinne des Einkommensteuergesetzes darstellten und somit der Lebensunterhalt des Kindes ohne Unterhaltsleistung der Eltern sichergestellt sei.
Im Rahmen des dagegen eingelegten Einspruchs machte der Kläger geltend, es treffe nicht zu, dass der Unterhalt seines Sohnes ausschließlich aus öffentlichen Mitteln bestritten werde. R sei nicht als Behinderter im N der LNK untergebracht, sondern er verbüße dort eine mit Urteil der Großen Strafkammer des Landgerichts K vom 9. Juli 1993 (103 Js 41719/91 - 11 KLS) verhängte Haftstrafe wegen einer Straftat. Diese Unterbringung bestehe lt. Beschluss der Staatsanwaltschaft K vom 10. Oktober 1997 (110 VRS 9731/93 STVK 351/97) weiter. Er, der Kläger, sei weiterhin als Betreuer für seinen Sohn bestellt und zahle monatlich ca. 400,00 DM für Taschengeld, Kleidung und sonstige Zuwendungen, die sonst von der LNK den Insassen gestellt würden. Da sein Sohn nicht als Behinderter im N verbleiben müsse, treffe § 74 EStG nicht zu. Er bitte daher um Weiterzahlung des Kindergeldes.
Mit Einspruchsentscheidung vom 2. Juni 1998 wurde der Einspruch des Klägers zurückgewiesen. Klage wurde vom Kläger nicht erhoben.
Mit Schreiben vom 29. Mai 2000 wies der Kläger darauf hin, dass nach der inzwischen vorliegenden BFH-Rechtsprechung ein volljähriges behindertes Kind auch dann außer Stande sei, sich selbst zu unterhalten, wenn es im Rahmen der Eingliederungshilfe Vollstationär untergebracht sei. Am 7. Juni 2000 stellte der Kläger einen Kindergeldantrag und gab an, R lebe im Pflegeheim B auf Grund einer Einweisung.
Mit Bescheid vom 7. Dezember 2000 wurde der Antrag des Klägers vom 6. Juni 2000 abgelehnt und das Kindergeld auf 0 DM festgesetzt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Vorliegen eines anerkannten hohen Behinderungsgrades allein reiche für eine Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 Nr. 3 EStG nicht aus. Die Unfähigkeit zum Selbstunterhalt beruhe vorrangig auf der von der Staatsanwaltschaft angeordneten Unterbringung.
Dagegen legte der Kläger Einspruch ein und machte geltend, R befinde sich seit Dezember 1999 im Pflegeheim B, wo er voraussichtlich dauerhaft bleiben werde. Die Sonn- und Feiertage verbringe er im Elternhaus. Von ihnen werde er auch mit Kleidung und dem täglichen Lebensbedarf versorgt.
Mit Einspruchsbescheid vom 20. Dezember 2000 wurde der Einspruch des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Behinderung müsse ursächlich sein für die Unfähigkeit des Kindes, sich selbst zu unterhalten. Die gesetzliche Formulierung habe den Zweck, nur in den Fällen einen Kindergeldanspruch zu begründen, in denen eine bestehende Unterhaltsbedürftigkeit ihre Ursache in der Behinderung habe. Hierbei sei keine abstrakte Betrachtungsweise zugelassen, sondern eine konkrete Bewertung der jeweiligen Situation vorgeschrieben. Im vorliegenden Fall sei das Kind zwar nicht in der Lage, sich selbst zu unterhalten. Die unmittelbare Ursache hierfür sei aber der Umstand, dass es auf Grund der Anordnung der Staatsanwaltschaft untergebracht worden sei.
Am 8. Januar 2001 hat der Kläger Klage erhoben.
Er trägt ergänzend vor, sein Sohn habe im Alter von nun fast 40 Jahren verschiedene Sachbeschädigungen und Diebstahlsdelikte an geringwertigen Sachen begangen, die ursächlich auf die geistige Behinderung zurückzuführen seien. Mit Urteil vom 9. Juli 1993 (103 Js 41719/91 - 11 KLS) habe das Landgericht K die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet. Seit 1994 habe sich sein Sohn auf der rehabilitativ orientierten Station der LNK N befunden, mit dem Ziel, ihn auf eine Unterbringung in einem Werk- und Wohnheim für geistig Behinderte vorzubereiten. Seit 23. November 1998 sei sein Sohn im Wohnheim für Behinderte im Haus B u...