Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung für Lohnsteuer
Tenor
I. Der Haftungsbescheid vom 12. Juli 1994 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. November 1994 wird aufgehoben, soweit die Lohnsteuer und der Solidaritätszuschlag betroffen sind.
II. Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten zugunsten des Klägers vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger als ehemaliger Geschäftsführer der H. GmbH (nachfolgend GmbH genannt) für deren rückständige Lohnsteuer einschließlich Solidaritätszuschlag als Haftungsschuldner in Anspruch genommen werden kann.
Der Kläger wurde mit Gesellschafterbeschluß vom 18. Oktober 1991 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer der GmbH bestellt. Die GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 15. April 1991 gegründet und am 25. Juni 1991 in das Handelsregister eingetragen. Am 06. Mai 1993 stellte die GmbH, vertreten durch den Kläger, Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH. Bereits am 07. Mai 1993 wurde zur Sicherung der Masse Sequestration angeordnet und der Schuldnerin verboten, über Gegenstände ihres Vermögens zu verfügen, insbesondere Sachen zu veräußern oder Forderungen einzuziehen (allgemeines Verfügungs- und Veräußerungsverbot). Mit Beschluß des Amtsgerichts … vom 29. November 1993 ist über das Vermögen der Gesellschaft das Konkursverfahren eröffnet worden.
Die GmbH hatte erhebliche Lohnsteuer-, Körperschaftsteuer- und Umsatzsteuerruckstände, die ab Dezember 1992 fällig gewesen waren, einschließlich Säumniszuschläge und Verspätungszuschläge hierzu. Die Rückstände beruhten bei der Lohnsteuer auf den Lohnsteuervoranmeldungen, die durch den ehemaligen Steuerberater der GmbH unterzeichnet und abgegeben worden sind. Da von der GmbH die rückständigen Steuern nicht eingetrieben werden konnten, fragte das Finanzamt mit Schreiben vom 07. Mai 1993 unter Hinweis auf die Steuerschulden der GmbH nach dem Grund der unterlassenen Zahlung an. Hierzu hat der Kläger am 08. Juni 1993 dem Finanzamt im wesentlichen folgendes mitgeteilt:
Soweit das Finanzamt auf ausstehende Lohnsteuerzahlungen verweise, werde hierzu angemerkt, daß die Lohnsteuer vollständig für sämtliche bezahlte Löhne entrichtet worden sei. Soweit in der Forderungsaufstellung Lohnsteuerbeträge ausgewiesen seien, handle es sich hierbei um Schätzungen, die jeglicher Grundlage entbehren würden.
Wegen der Rückstände (Lohnsteuer, Umsatzsteuer, usw.) erließ dann das Finanzamt am 27. Mai 1993 gem. § 191 Abs. 1 i.V.m. den §§ 69, 34 der Abgabenordnung – AO – einen Haftungsbescheid in Höhe von 110.906,07 DM gegen den Kläger. Während des Einspruchsverfahrens hat der Sequester am 07. Juli 1993 berichtigte Lohnsteueranmeldungen für die Monate Oktober bis Dezember 1992 und Januar bis März 1993 eingereicht, die von dem Kläger unterschrieben waren (vgl. Bl. 22 ff. Prozeßakte).
Am 10. Juni 1994 erließ der Beklagte dann einen nach § 131 Abs. 1 AO geänderten Haftungsbescheid, mit dem er nunmehr hinsichtlich der Lohnsteuer und den mit dieser zusammenhängenden Verspätungszuschlägen und Säumniszuschlägen die Haftungssumme auf insgesamt 6.367,90 DM herabsetzte. Hinsichtlich der übrigen Steuern verblieb es bei der mit Bescheid vom 27. Mai 1993 festgesetzten Haftungssumme.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 21. November 1994 hat der Beklagte den Einspruch bezüglich der Lohnsteuer als unbegründet zurückgewiesen (Bl. 67 ff. Lohnsteuer-Akten). Die hiergegen erhobene Klage hat der Kläger zurückgenommen.
Am 28. September 1993 wurde bei der GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 01. Mai 1991 bis 31. Juli 1993 durchgeführt. Dabei hat der Prüfer festgestellt, daß sich bei Gegenüberstellung der einbehaltenen Lohnsteuer laut Lohnunterlagen sowie der angemeldeten bzw. abgeführten Lohnsteuer laut Finanzkasse Differenzen zugunsten des Finanzamts ergeben würden. Soweit ersichtlich, würden die Differenzen insbesondere von berichtigten Lohnsteueranmeldungen im Zeitraum 10/92 bis 3/93 herrühren, die nicht vom Steuerberater, sondern von der Firma selbst gefertigt worden seien. Der Grund für die berichtigten Anmeldungen sei nicht nachvollziehbar gewesen. Daraufhin erließ der Beklagte den Prüfungsfeststellungen folgend am 16. Dezember 1993 einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag in Höhe von insgesamt 19.184,16 DM; dieser Betrag setzt sich wie folgt zusammen:
Lohnsteuer 1992: |
12.276,21 DM |
evangelische Kirchensteuer |
359,49 DM |
römisch-katholische Kirchensteuer |
359,49 DM |
Solidaritätszuschlag |
24,67 DM |
Lohnsteuer Januar bis Juli 1993 |
5.871,20 DM |
evangelische Kirchensteuer |
146,55 DM |
römisch-katholische Kirchensteuer |
146,55 DM. |
Der Haftungsbescheid war adressiert an Herrn … ein in M. als Konkursverwalter der H. GmbH. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Haftungsbescheid vom 16. Dezember 1993 sowie den Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung vom 08. Oktober 1993 (Bl. 78 ff. Lohnsteuer-Akten) Bezug genommen.
Am 02...