Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeld bei Heirat des Kindes

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Eltern sind bei der Verehelichung des Kindes nicht mehr vorrangig zum Unterhalt des Kindes verpflichtet. Daraus folgt, dass der Kindergeldanspruch der Eltern bei Heirat des Kindes wegfällt. Der Senat folgt der neuesten Rechtsprechung des BFH.

2) Auch wenn der Monat der Eheschließung zu den Kürzungsmonaten gehört, ist für diesen Monat noch Kindergeld zu gewähren. Auch insoweit ist der neuesten Rechtsprechung des BFH zu folgen.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4, § 63 Abs. 1, § 66 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Kläger bezog für das am 26. März 1978 geborene Kind ... von Januar bis Dezember 1997 Kindergeld. In diesem Zeitraum wurde ... für einen Beruf ausgebildet.

Mit Schreiben der Familienkasse vom 29. Mai 1998 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass es für den Zeitraum Januar bis Dezember 1997 möglicherweise zu einer Überzahlung von Kindergeld in Höhe von 2.640,-- DM gekommen sein könnte, weil die erforderlichen Nachweise über die Fortdauer der Berufsausbildung bzw. über das Einkommen des Kindes nicht vorgelegt worden seien. Nachdem seitens des Klägers lediglich mitgeteilt worden war, dass ... am 6. Oktober 1997 geheiratet habe, wurde die Kindergeldfestsetzung für das Kind ab Januar 1997 aufgehoben und das von Januar bis Dezember 1997 gezahlte Kindergeld in Höhe von 2.640,-- DM zurückgefordert (Bescheid vom 21. Januar 1999).

Nachdem auch im Einspruchsverfahren keine das Kind ... betreffenden Einkommensnachweise vorgelegt wurden, ist der Einspruch am 23. März 1999 als unbegründet zurückgewiesen worden.

Mit seiner Klage trägt der Kläger vor, der Beklagte fordere zu Unrecht das Kindergeld zurück. ... habe eine Ausbildungsvergütung von monatlich 950,-- DM brutto bezogen und habe am 6. Oktober 1997 geheiratet. Sie habe ihre Ausbildung fortgeführt und weiter in seinem Haushalt gelebt. Er selbst beziehe Sozialhilfe und das Sozialamt sei bei der Berechnung der Sozialhilfe von der monatlichen Zahlung von Kindergeld ausgegangen und habe das auch voll angerechnet.

Auf Anforderung des Gerichts hat der Kläger Verdienstbescheinigungen von ... (1977) und ihres Ehemannes vorgelegt (Oktober bis Dezember 1997).

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Bescheid vom 21. Januar 1999 über die Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld betreffend das Kind ... in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. März 1999 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen,

und hält an seiner in der Einspruchsentscheidung vertretenen Auffassung fest. Auch unter dem Gesichtspunkt, dass das Kind seit Oktober 1997 verheiratet sei, ändere sich nichts. Bei entsprechender Berechnung der ... von ihrem Ehemann zustehenden Unterhaltszahlungen ergebe sich, dass ihre Einkünfte und Bezüge im Jahr 1997 mit 12.288,79 DM über dem Grenzbetrag von 12.000,-- DM lägen. Damit sei die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung der gezahlten Beträge gerechtfertigt.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist überwiegend begründet.

Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, werden bei der Kindergeldzahlung u. a. nur dann berücksichtigt, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden (§ 63 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a Einkommensteuergesetz - EStG -). Nach Satz 2 dieser Vorschrift ist ein Kind von der Berücksichtigung ausgeschlossen, wenn es Einkünfte und Bezüge in Höhe von mehr als 12.000,-- DM (Grenzbetrag) im Kalenderjahr 1997 bezieht, die zur Bestreitung seines Unterhaltes oder seiner Berufsausbildung bestimmt und geeignet sind.

Entgegen der Ansicht des Beklagten führt die Verehelichung des Kindes im Monat Oktober 1997 nicht dazu, dass der Unterhaltsanspruch gegen den Ehemann bei der Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge ... anteilsmäßig mit einzubeziehen ist, sondern hat zur Folge, dass ein grundsätzlicher Wegfall des Kindergeldanspruchs nach der Heirat eintritt. Das ergibt sich daraus, dass die an sich kindergeldberechtigten Eltern mit der Verehelichung nicht mehr vorrangig zum Unterhalt des Kindes verpflichtet sind, sondern der Ehegatte. Der Senat folgt insoweit der neuesten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (BFH- Urteil vom 2. März 2000 VI R 13/99, DStR 2000, 921).

Die Konsequenz dieser Sichtweise ist, dass der Grenzbetrag von 12.000,-- DM gem. § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG für jeden Kalendermonat um ein Zwölftel ermäßigt wird, in dem die Voraussetzungen für eine Berücksichtigung nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen (Kürzungsmonate). Bei der Prüfung, ob der sich danach ergebende anteilige Jahresgrenzbetrag überschritten ist, bleiben nach § 32 Abs. 4 Satz 7 EStG diejenigen Einkünfte und Bezüge des Kindes außer Ansatz, die auf die Kürzungsmonate entfallen.

Danach gehören zunächst die Monate nach der Eheschließung (im Streitfall die Monate November und Dezember) zu den Kürzungsmonaten i. S. des § 32 Abs. 4 Satz 6 EStG, weil die Eltern in diesen Monaten mangels typischer Unterhaltssituation regelmäßig nicht mehr kindergeldberechtigt sind. Bei Nettobezügen des Eheman...

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