rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für behindertengerechte Umbaumaßnahmen als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Aus den Umständen des Einzelfalles kann es sich ergeben, dass Aufwendungen für behindertengerechte Umbaumaßnahmen (für ein behindertes, auf einen Rollstuhl angewiesenes Kind) keinen Gegenwert im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung haben und daher als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG anzuerkennen sind.
Normenkette
EStG § 33
Tatbestand
Streitig ist die Berücksichtigung von Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau einer Wohnung als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG.
Der in K wohnhafte, 1964 geborene Kläger erzielte als IT-Berater im streitbefangenen Kalenderjahr 2003 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Tochter I des Klägers ist seit ihrer Geburt am 05.07.1993 zu 100 % behindert und lebt im Haushalt des Klägers. Sie ist hilflos, geh- und stehbehindert, ständig pflegebedürftig und auf eine Begleitperson angewiesen.
Im Jahr 2003 führte der Kläger an seiner Wohnhaus behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen durch und machte in seiner Einkommensteuererklärung 2003 zunächst nur für Türverbreiterungen und den Einbau einer Duschtrennwand mit doppelter Flügeltür einen Betrag von 2.770 € als außergewöhnliche Belastung geltend. Im Einkommensteuerbescheid 2003 vom 13. Juni 2005 berücksichtigte der Beklagte diese Aufwendungen nicht.
Mit seinem hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch trug der Kläger zur Begründung vor, dass die Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung der Wohnung für seine schwerbehinderte und auf den Rollstuhl angewiesene Tochter vorgenommen worden seien. Diese seien von den übrigen, nicht behinderten Personen nicht zweckgebunden mitbenutzt worden und würden den Wert der Wohnung nicht erhöhen. Die breiteren Wohnungstüren seien zum größten Teil nachträglich eingebaut worden um seiner Tochter und der entsprechenden Pflegeperson den Zugang zum Haus und den darin befindlichen Räumen zu ermöglichen. Für nicht behinderte Personen sei dieser zeitliche und kostenintensive Aufwand nicht notwendig gewesen, da diese keine 98 cm breiten Türen benötigten. Des Weiteren sei eine Duschtrennwand mit doppelter Flügeltür eingebaut worden, um einen sicheren Zugang zur Dusche zu gewährleisten. Die übrigen Personen würden die rechte Flügeltür zum Eingang der Dusche benutzen.
Im Rahmen des Einspruchsverfahrens machte der Kläger sodann weiterhin Aufwendungen für die Errichtung rollstuhlgerechter Rampen in Höhe von 2.500,00 € geltend. Er trug dazu vor im Wesentlich vor: Die meisten Rampen bestünden aus einer Kombination von Stufen, für nicht behinderte Mitbewohner, sowie den seitlichen Rollstreifen für Rollstühle. Diese Rampen würden ausschließlich seiner Tochter dienen, da die anderen Bewohner die Treppe und nicht die seitlichen Rampenflächen benutzen würden. Im Übrigen seien solche Rampen Wohnflächenvernichter und somit negativ für den Wert des Hauses. Die behindertengerechte Gestaltung der Wohnung würde den Wert der Wohnung verringern, denn statt der Treppe im Hauseingang mit drei Stufen, würde ein langer Flur von ca. 4,5 m Länge als stufenlose Rampe erstellt werden müssen. Durch diese Maßnahme sei ca. 3,4 m Wohnfläche verloren gegangen und führe zu einer Wertminderung der Wohnung. Insgesamt seien durch alle Rampen im Innenbereich ca. 6,3 m Wohnfläche verloren gegangen. Die breiteren Türen hätten einen größeren Aufschlagradius, was zu einer Wert- und Nutzungsminderung führen würde. Es käme zu einer Verringerung der Innenraum-Stellfläche und der Stellfläche an den Wänden.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid wurde aus vorliegend nicht streitbefangenen Gründen am 24. Mai 2006 geändert.
Mit Einspruchsentscheidung vom 31. Mai 2006 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Der Beklagte führte zur Begründung im Wesentlichen aus, dass Mehraufwendungen eines Steuerpflichtigen für die behindertengerechte Ausgestaltung seines neu errichteten Wohnhauses nach BFH BStBl. II 1997, 491 nicht nach § 33 Abs. 2 EStG abziehbar seien, weil der Steuerpflichtige hierfür einen Gegenwert erhalte. Denn die Einrichtungen seien nicht ausschließlich für den Behinderten nutzbar, sondern ebenso von jedem anderen Bewohner des Hauses. Die - nur durch eine fiktive Aufteilung zu ermittelnden - Mehraufwendungen seien auch nicht zwangsläufig, weil nicht eindeutig und anhand objektiver Merkmale zwischen den steuerrechtlich irrelevanten privaten Motiven für die Gestaltung eines Hauses und den nach § 33 Abs. 2 EStG zu berücksichtigenden ausschließlich durch die Behinderung verursachten Aufwendungen unterschieden werden könne.
Der Entschluss zum Bau eines Hauses und dessen Gestaltung seien auch dann, wenn der Steuerpflichtige zum Bau durch einen Unfall oder eine Erkrankung veranlasst worden sei und bei der Gestaltung auf seine Krankheit oder Behinderung oder die eines Haushaltsangehörigen Rücksicht nehme, im ...