Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen der Erschütterung des Anscheinsbeweises für die private Nutzung eines dienstlich überlassenen Pkw
Leitsatz (amtlich)
Bereits die bloße Möglichkeit einer privaten Nutzung des dienstlichen Pkw rechtfertigt den Schluss, dass dieser auch typischerweise privat genutzt wird. Dieser Anscheinsbeweis wird nicht bereits dadurch erschüttert, dass der Steuerpflichtige neben dem dienstlichen Pkw auch einen oder sogar mehrere private Pkw nutzen kann.
Normenkette
EStG § § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2 S. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist im Streit, ob von einer privaten Pkw-Nutzung zweier Firmenfahrzeuge ausgegangen werden kann und demzufolge der Ansatz eines geldwerten Vorteils nach der sog. 1-v.H.-Regelung in Betracht kam.
Die Kläger sind Eheleute und wurden gemäß § 26 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes -EStG- zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger war in den Streitjahren in dem in der Rechtsform einer GmbH geführten Unternehmen seines Vaters als Dachdecker bzw. Dachdeckermeister beschäftigt. Die Einkommensteuerveranlagungen für die Kalenderjahre 2000, 2002 und 2003 erfolgten zunächst aufgrund der eingereichten Steuererklärungen.
Im Jahr 2005 fand bei dem früheren Arbeitgeber des Klägers eine Lohnsteueraußenprüfung statt. Im Rahmen dieser Prüfung wurde festgestellt, dass der frühere Arbeitgeber dem Kläger in den Jahren 2000 bis 2003 firmeneigene Fahrzeuge zur privaten Mitbenutzung überlassen haben soll. Es handelte sich hierbei um das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... (BMW 750 i), das im Jahr 2000 für 11 Monate genutzt wurde, sowie um das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen ... (BMW 850 i), das im Jahr 2002 ganzjährig und im Jahr 2003 für 5 Monate genutzt wurde. Nach Aussage des damaligen steuerlichen Beraters des früheren Arbeitgebers sollen die o.g. Fahrzeuge ausschließlich von dem Kläger für berufliche und in geringem Umfang auch für private Zwecke genutzt worden sein (Bl. 5 f. der ESt-A/ KM 00-03). Der Umfang der privaten Nutzung konnte nicht durch Fahrtenbücher o.a. nachgewiesen werden. Daher ermittelte der Lohnsteueraußenprüfer den geldwerten Vorteil mit 1 v.H. des jeweiligen Bruttolistenpreises pro Monat. Der geldwerte Vorteil betrug hiernach für 2000 14.850,- DM, für 2002 8.280,- € und für 2003 3.450,- €. Die steuerpflichtigen Zuwendungen waren beim früheren Arbeitgeber nicht versteuert worden. Mangels Liquidität des früheren Arbeitgebers konnte die zu wenig einbehaltene Lohnsteuer nicht bei diesem erhoben werden. Der Beklagte änderte daher mit Änderungsbescheiden vom 5. August 2005 die Einkommensteuerbescheide 2000, 2002 und 2003 gemäß § 173 der Abgabenordnung -AO- und setzte die o.g. Beträge beim Kläger als zusätzlichen Arbeitslohn an.
Den hiergegen eingelegten Einspruch begründeten die Kläger damit, dass bezüglich der PKW-Nutzung mit dem früheren Arbeitgeber des Klägers eine Nettolohnvereinbarung bestanden habe. Zudem habe der Kläger selbst die fraglichen Fahrzeuge seinem früheren Arbeitgeber zur Verfügung gestellt. Es sei hierbei vereinbart worden, das Entgelt für die Überlassung der Fahrzeuge mit dem laufenden Nutzungsentgelt für die Privatfahrten zu verrechnen. Aufgrund der bei der 1-v.H.-Methode anzuwendenden Kostendeckelung sei daher keine private Nutzung zu versteuern gewesen.
Die behauptete Nettolohnvereinbarung wurde von den Klägern im Einspruchsverfahren nicht nachgewiesen. Ebenso konnte der Vortrag, wonach der Kläger die Fahrzeuge dem früheren Arbeitgeber überlassen und bzgl. der Entgelte für Überlassung und Nutzungsentgelt eine Verrechnung vereinbart gewesen sei, im Einspruchsverfahren nicht verifiziert werden.
Der Beklagte wies die Einsprüche mit Entscheidung vom 28. Juni 2006 als unbegründet zurück. Das Einspruchsverfahren wegen der Einkommensteuer 2001 ruht.
Der Beklagte führte im Wesentlichen aus:
Überlasse ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer ein Kraftfahrzeug kostenlos oder verbilligt zur privaten Nutzung, so handele es sich hierbei um einen geldwerten Vorteil, der zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehöre und dessen Wert in der Höhe anzusetzen sei, in der dem Arbeitnehmer durch die Haltung eines eigenen Fahrzeugs des gleichen Typs Kosten erwachsen wären. Dies seien die ersparten Kosten einschließlich der Umsatzsteuer. Könne der Umfang der privaten Nutzung - und damit die Höhe der ersparten Kosten - nicht anhand von Einzelnachweisen, insbesondere einem ordnungsgemäß geführten Fahrtenbuch, nachgewiesen werden, so sei der geldwerte Vorteil durch die sog. 1-v.H.-Methode pauschal zu ermitteln. Hierbei würden pro Monat jeweils 1 v.H. des Brutto-Listenpreises des jeweiligen Fahrzeugs im Zeitpunkt der Erstzulassung als geldwerter Vorteil angesetzt. Die Lohnsteuer-Außenprüfung bei dem früheren Arbeitgeber des Klägers habe ergeben, dass dem Kläger die beiden Firmenfahrzeuge zur privaten Nutzung überlassen worden seien und dieser geldwerte Vorteil bisher nicht...