Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch auf Kindergeld bei Wahrnehmung eines 1-€ -Jobs

 

Leitsatz (amtlich)

Die Wahrnehmung eines 1-€-Jobs schließt die Berücksichtigung nach § 32 Abs. 4 S. 1 c EStG (Warten auf einen Ausbildungsplatz) nicht aus.

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine für den Anspruch auf Kindergeld schädliche Änderung der Verhältnisse i.S. des § 70 Abs. 2 EStG tritt nicht allein deshalb ein, weil das Kind einen 1-€-Job wahrnimmt, da es sich dabei nicht nur um eine Maßnahme zur Verbesserung der Eingliederungsaussichten für Arbeitslose und von Arbeitslosigkeit bedrohte Arbeitssuchende, sondern auch um eine Maßnahme handeln kann, die den Berücksichtigungstatbestand für die Zahlung von Kindergeld - Warten auf einen Ausbildungsplatz - erfüllt

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 Ziff. 2c, § 70 Abs. 2; SGB II § 16 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2006 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. November 2006, mit dem die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn der Klägerin A, geboren am 17. September 1982, für die Zeit ab März 2006 aufgehoben und das für die Zeit von März bis Juli 2006 gezahlte Kindergeld zurückgefordert wurde.

Die Klägerin und ihr Sohn sind Spätaussiedler i.S. des § 4 Bundesvertriebenengesetz (BVFG) und reisten im April 2003 in das Bundesgebiet ein. Ab April 2003 wurde der Klägerin fortlaufend Kindergeld für ihren Sohn gewährt, der an Sprachkursen zur Verbesserung seiner Deutschkenntnisse und an sonstigen Integrationsmaßnahmen teilnahm. Vom 11. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2004 nahm er einen sog. "1-€-Job" wahr (Blatt 65 der Kindergeldakte - KG-Akte). Auch für diese Zeit wurde der Klägerin Kindergeld gewährt (Bescheid der Beklagten vom 21. Dezember 2004, Blatt 70 KG-Akte). Vom 31. Dezember 2004 bis 29. April 2005 besuchte der Sohn der Klägerin einen Integrationssprachkurs für junge Aussiedler und mit Schreiben vom 19. Mai 2005 übersandte ihm die ARGE für die Stadt K einen bis 19. August 2005 gültigen "Bildungsgutschein" gem. § 16 Abs. 1 Sozialgesetzbuch - Zweites Buch (SGB II) i.V.m. §77 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch SGB III. In diesem Schreiben vom 19. Mai 2005 wird ausgeführt, bei dem Sohn der Klägerin sei die Notwendigkeit einer beruflichen Qualifizierung festgestellt worden. Als "Bildungsziel/Qualifizierungsinhalte" ist angegeben:

"7410-101 (Ziel-BKZ), Fachkraft für Lagerwirtschaft, Lagerfachkraft, EDV Kenntnisse, Staplerführerschein, Verkaufstraining"

In der entsprechenden (undatierten) Eingliederungsvereinbarung (auf die wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen wird, Blatt 74 f. der KG-Akte) wird Folgendes ausgeführt:

"Aufgrund der besprochenen Chanceneinschätzung werden folgende Aktivitäten zur beruflichen Eingliederung für Herrn A (...) für die Zeit bis 30. November 2005 verbindlich vereinbart (...)

Öffentlich geförderte Beschäftigung - Angebot einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung (Zusatzjob) Weiterbildung bei Trainingszentrum ab 23. Mai 2005 - voraussichtlich November 05"

Die Kindergeldzahlungen wurden zunächst von Januar bis April 2005 und - nach Vorlage verschiedener Bewerbungen des Sohnes der Klägerin um eine Ausbildungsstelle als Tischler (Blatt 82 bis 90 der KG-Akte) - ab Mai 2005 bis November 2005 fortgesetzt.

Auf entsprechende Anfrage erklärte die Klägerin (in ihrem am 05. Januar 2006 unterzeichneten Antrag auf Kindergeld, Bl. 93 KG-Akte), ihr Sohn sei bei der Berufsberatung der Agentur für Arbeit gemeldet und beginne am 01. September 2006 eine Ausbildung. Ihr Sohn beziehe Geldleistungen von der Agentur für Arbeit, und zwar Arbeitslosengeld II i.H.v. 188,00 € monatlich. Sie legte drei Schreiben der Deutschen Post AG (vom 04. Oktober 2005, vom 03. November 2005 und vom 02. Dezember 2005) mit Absagen auf Bewerbungen ihres Sohnes um einen Ausbildungsplatz vor.

Mit Bescheid vom 23. Januar 2006 (Bl. 98 der KG-Akte) wurde der Klägerin auch ab Dezember 2005 Kindergeld bewilligt ("Kind ohne Ausbildungs- oder Arbeitsplatz").

Mit Schreiben vom 08. August 2006 wurde die Klägerin aufgefordert, Nachweise über eigene Bemühungen ihres Sohnes um einen Ausbildungsplatz ab Januar 2006 vorzulegen. Das mit Eingangsstempel vom 06. Oktober 2006 versehene Antwortformular wurde von einem/einer Sachbearbeiter/in der Beklagten handschriftlich ausgefüllt (selbe Handschrift wie die Aktenvermerke auf Blatt 74 und 81 der KG-Akte) und vom Sohn der Klägerin unterzeichnet (Blatt 105 der KG-Akte). Dort wird Folgendes ausgeführt:

"Persönliche Vorsprache von A: Weitere Nachweise liegen nicht vor. Ab März 2006 wurden keine Bewerbungen für Ausbildung mehr geschrieben. Ab März 2006 wurde für 3 Monate ein 1-€-Job abgeleistet. Anschließend 1 Monat Maßnahme bei T. Ich habe mich im März 2006 entschlossen, keine Ausbildungsstelle mehr zu suchen. Über Rückforderung ab März 2006 informiert. ALG II-Empfänger."

Der Beklagten wurde ein weiteres Absageschreiben der Deutschen Post AG vom 06. Februar 2006 vorgelegt (Bl. 109 der KG-Akte).

Mit Bescheid...

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