Ausbildung zum Rettungshelfer als erstmalige Berufsausbildung

Das FG Münster hat zum Begriff der erstmaligen Berufsausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG entschieden.

Danach ist der Begriff der erstmaligen Berufsausbildung im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist enger auszulegen als das in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG verwendete Merkmal der Berufsausbildung. Eine "erstmalige Berufsausbildung" im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG erfordert jedoch keine zeitliche Mindestkomponente der absolvierten Ausbildungsmaßnahme. Ausbildungsmaßnahmen, die im Rahmen eines Freiwilligendienstes erfolgen (z. B. zum Rettungshelfer), können "erstmalige Berufsausbildungen" darstellen.

Lehrgang für Rettungshelfer

Worum ging es in dem Fall? Der Sohn des Klägers absolvierte von Februar bis August 2019 einen Bundesfreiwilligendienst (BFD) und nahm in dieser Zeit an einem Ausbildungslehrgang für Rettungshelfer mit Erfolg teil. In der Folgezeit bewarb sich der Sohn vergeblich um einen Ausbildungsplatz zum Notfallsanitäter.

Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes für den Sohn des Klägers ab März 2023 auf, da nach Aktenlage die Suche des Sohnes nach einem Ausbildungsplatz im Monat Februar 2023 beendet worden sei und der Sohn im Streitzeitraum verschiedene Vollzeittätigkeiten ausgeübt habe.

Nach erfolglosem Einspruch trägt der Kläger mit seiner Klage vor, dass sein Sohn durch den Abschluss der Ausbildung zum Rettungshelfer keine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen habe. Der Sohn strebe weiterhin die Ausbildung zum Notfallsanitäter an.

Berufsausbildung zum Notfallsanitäter

Das FG hat die Klage als unbegründet zurückgewiesen. Zwischen den Beteiligten war unstreitig, dass der Sohn des Klägers mangels Ausbildungsplatzes im Streitzeitraum eine Berufsausbildung zum Notfallsanitäter nicht beginnen und daher gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG grundsätzlich beim Kindergeld berücksichtigt werden konnte. Eine schädliche Erwerbstätigkeit im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG und § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG habe aufgrund der Vollzeittätigkeit des Sohnes im Streitzeitraum vorgelegen, was zwischen den Beteiligten ebenfalls unstreitig sei.

Zentraler Streitpunkt sei die Frage, ob der Sohn bereits eine erstmalige Berufsausbildung abgeschlossen habe. Soweit in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung insbesondere unter Verweis auf § 9 Abs. 6 Satz 2 EStG auch eine zeitliche Komponente bei der Einordnung einer Ausbildungsmaßnahme als erstmalige Berufsausbildung berücksichtigt werden soll, folgt das FG dem nicht, da dem Gesetzeswortlaut des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG eine derartige Komponente zur Einordnung einer erstmaligen Berufsausbildung nicht zu entnehmen sei. Da die Ausbildung zum Rettungshelfer nach der RettAPO 2017 in einem öffentlich-rechtlich geregelten Ausbildungsgang erfolgte und durch die Ausbildung Fähigkeiten und Kenntnisse erlangt wurden, die den Sohn des Klägers zur Aufnahme eines Berufs befähigten, seien die Voraussetzungen für eine erstmalige Berufsausbildung im Sinne des § 32 Absatz 4 Satz 2 EStG als erfüllt anzusehen. 

Revision beim BFH

Die vom FG wegen der Erforderlichkeit der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zugelassene Revision wurde eingelegt, Az beim BFH II R 22/24.

FG Münster, Urteil v. 6.6.2024, 13 K 1080/23 Kg


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