Bedeutung einer „qualifizierten Mehrheit”
[Ohne Titel]
Dipl.-Finw. Wilfried Apitz, StB
Eine körperschaftsteuerliche Organschaft (§§ 14–19 KStG) liegt u.a. vor, wenn eine oder mehrere rechtlich selbständige Kapitalgesellschaften (Organ, Organgesellschaft) in ein anderes gewerbliches Unternehmen (Organträger) derart eingebunden sind, dass sie wirtschaftlich einen unselbständigen Teil eben dieses Unternehmens darstellen. Dies ist der Fall, wenn die jeweilige Organgesellschaft finanziell in den Organträger eingegliedert ist. Eine darüber hinaus gehende wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung ist nicht erforderlich. Finanzielle Eingliederung bedeutet, dass der Organträger auf Grund einer beherrschenden Beteiligung auf die Willensbildung des Organs Einfluss nehmen kann. Der vorliegende Beitrag erläutert insbesondere das Tatbestandsmerkmal der "finanziellen Eingliederung" in unmittelbarer und mittelbarer Art und Weise und zeigt die Bedeutung einer "qualifizierten Mehrheit" in diesem Zusammenhang auf.
1. Allgemeine Grundsätze
a) Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 KStG
Verpflichtet sich eine Europäische Gesellschaft, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag (GAV) i.S.d. § 291 Abs. 1 AktG, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, ist das Einkommen der Organgesellschaft, soweit sich aus § 16 KStG nichts anderes ergibt, dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen, wenn u.a. die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sind.
Finanzielle Eingliederung (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KStG): Der Organträger muss an der Organgesellschaft vom Beginn ihres Wirtschaftsjahrs (WJ) an ununterbrochen in einem solchen Maße beteiligt sein, dass ihm die Mehrheit der Stimmrechte aus den Anteilen an der Organgesellschaft zusteht. Mittelbare Beteiligungen sind zu berücksichtigen, wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewährt. Dies gilt nicht, wenn bereits die unmittelbare Beteiligung die Mehrheit der Stimmrechte gewährt.
Anforderungen an den Organträger (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KStG): Organträger muss eine natürliche Person oder eine nicht von der Körperschaftsteuer befreite Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse sein. Organträger kann auch eine Personengesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG sein, wenn sie eine Tätigkeit i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ausübt. Die Voraussetzung einer finanziellen Eingliederung muss im Verhältnis zur Personengesellschaft selbst erfüllt sein. Ist der Organträger mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften an der Organgesellschaft beteiligt, ist diese Beteiligung nur zu berücksichtigen, wenn die Beteiligung an jeder vermittelnden Gesellschaft die Mehrheit der Stimmrechte gewährt.
GAV (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KStG): Der GAV muss auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden. Eine vorzeitige Beendigung des Vertrags durch Kündigung ist unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt. Die Kündigung oder Aufhebung des GAV auf einen Zeitpunkt während des WJ der Organgesellschaft wirkt auf den Beginn dieses WJ zurück.
Gewinnrücklagen (§ 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 KStG): Die Organgesellschaft darf Beträge aus dem Jahresüberschuss nur insoweit in die Gewinnrücklagen (§ 272 Abs. 3 HGB) mit Ausnahme der gesetzlichen Rücklagen einstellen, als dies bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung wirtschaftlich begründet ist.
Erstmalige Zurechnung (§ 14 Abs. 1 S. 2 KStG): Das Einkommen der Organgesellschaft ist dem Organträger erstmals für das Kalenderjahr zuzurechnen, in dem das WJ der Organgesellschaft endet, in dem der GAV wirksam wird.
Einheitliche und gesonderte Feststellung (§ 14 Abs. 5 KStG): Das dem Organträger zuzurechnende Einkommen der Organgesellschaft und damit zusammenhängende andere Besteuerungsgrundlagen werden gegenüber dem Organträger und der Organgesellschaft gesondert und einheitlich festgestellt. Die Feststellungen sind für die Besteuerung des Einkommens des Organträgers und der Organgesellschaft bindend. Dies gilt entsprechend für von der Organgesellschaft geleistete Steuern, die auf die Steuer des Organträgers anzurechnen sind. Zuständig für diese Feststellungen ist das Finanzamt, das für die Besteuerung nach dem Einkommen der Organgesellschaft zuständig ist.
b) Problemstellung
Unabhängig von der Vielzahl und Komplexität der zu erfüllenden Voraussetzungen für die Anerkennung einer körperschaftsteuerlichen Organschaft stellt das Tatbestandsmerkmal der "finanziellen Eingliederung" eine wesentliche Komponente dar. Allein hier sind schon Besonderheiten zu beachten, die ansonsten zum Scheitern des Ziels der Anerkennung der Organschaft führen können.
2. Finanzielle Eingliederung
a) Mehrheit der Stimmrechte
Finanzielle Eingliederung: Nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 1 K...