Die Vorschrift des § 6a GrEStG gilt für alle Rechtsträger i.S.d. GrEStG, die wirtschaftlich tätig sind. Herrschendes Unternehmen können wirtschaftlich tätige natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften sein. An den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des herrschenden Unternehmens sind hierbei keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn das herrschende Unternehmen über eine Beteiligung an einer abhängigen Gesellschaft am Markt teilnimmt (BFH v. 21.8.2019 – II R 19/19 (II R 63/14), BStBl. II 2020, 337). Hierfür ist erforderlich, dass mindestens eine am Umwandlungsvorgang beteiligte abhängige Gesellschaft am Markt wirtschaftlich tätig ist. Das gilt auch für nicht selbst wirtschaftlich tätige Gesellschaften (z.B. Vorratsgesellschaften und reine Holdinggesellschaften).
a) Aktuelle BFH-Judikatur
Der BFH hat in jüngster Rspr. (BFH v. 28.9.2022 – II R 13/20, BFH/PR 2023, 85 = ErbStB 2023, 30 [E. Böing]) entspr. Anlass zur Konzipierung neuer Anwendungserlasse zur Anwendung der Steuervergünstigung bei Umstrukturierung im Konzern nach § 6a GrEStG gegeben. Welches Unternehmen hierbei als sog. "herrschendes Unternehmen" und welche Gesellschaft sog. "abhängige Gesellschaft" i.S.d. § 6a GrEStG ist, richtet sich nach jüngster Rspr. des BFH insoweit nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang, für den die Grunderwerbsteuer nach § 6a Satz 1 GrEStG nicht erhoben werden soll. Unerheblich ist, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist. Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Norm. Der Gesetzgeber wollte mit der Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG hierbei Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen erleichtern, damit Unternehmen flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können (vgl. BT-Drucks. 17/147). Das schließt auch solche Umwandlungsvorgänge ein, durch die ein Konzern beendet oder neu begründet wird (BFH v. 22.8.2019 – II R 18/19 (II R 62/14), BStBl. II 2020, 352 = ErbStB 2020, 149 [E. Böing]). Entsprechendes gilt für die zur Beendigung oder Neubegründung von Teilen eines Konzerns führenden Umwandlungsvorgänge. Es ist deshalb kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb die Steuerbegünstigung für einen steuerbaren Umwandlungsvorgang von weiteren, nicht aus dem Gesetz selbst herleitbaren Voraussetzungen abhängig sein sollte. Ob die am Umwandlungsvorgang beteiligten Unternehmen und Gesellschaften letztlich Teile eines weiteren Konzernverbunds sind, ist für die Steuervergünstigung unerheblich. Es würde vielmehr die Anwendbarkeit des § 6a GrEStG entgegen dessen Zweck, Umwandlungen im Konzern zu erleichtern, unnötig verkomplizieren.
b) Unterste Beteiligungsebene anstatt Konzernspitze entscheidend
Es ist nicht erforderlich, dass der an der Umwandlung als herrschendes Unternehmen beteiligte Rechtsträger ein Unternehmer i.S.d. § 2 UStG ist. Unerheblich ist auch, ob das herrschende Unternehmen die Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft im Privat- oder im Betriebsvermögen hält. Auch der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft kann herrschendes Unternehmen i.S.d. § 6a GrEStG sein. Er ist über seine Beteiligung an der Gesellschaft wirtschaftlich tätig, sofern diese Gesellschaft selbst wirtschaftlich tätig ist. Welches Unternehmen sog. "herrschendes Unternehmen" und welche Gesellschaft sog. "abhängige Gesellschaft" ist, richtet sich nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang, für den die Grunderwerbsteuer nach § 6a Satz 1 GrEStG nicht erhoben werden soll. Soweit das Gesetz von einem herrschenden Unternehmen spricht, ist zunächst – soweit vorhanden – das am steuerbaren Umwandlungsvorgang unmittelbar beteiligte Unternehmen gemeint. Unerheblich ist, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist. Ebenso wenig ist maßgebend, ob bei abhängigen Gesellschaften weitere Gesellschaften vom herrschenden Unternehmen abhängen, wenn diese Unternehmen oder Gesellschaften selbst nicht am Umwandlungsvorgang beteiligt sind (BFH v. 28.9.2022 – II R 13/20, BFH/PR 2023, 85 = ErbStB 2023, 30 [E. Böing]).
Sind mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften am Umwandlungsvorgang beteiligt, ist ausgehend von dem Umwandlungsvorgang der in der Beteiligungskette am nächsten stehende (unterste) Rechtsträger, der die Voraussetzungen nach § 6a Satz 3 und 4 GrEStG erfüllt, das herrschende Unternehmen. Auch hier ist unerheblich, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist. Soweit kein Rechtsträger die vorstehenden Voraussetzungen erfüllt, ist eine Anwendung des § 6a GrEStG ausgeschlossen. Das im Zeitpunkt der Verwirklichung des Rechtsvorgangs herrschende Unternehmen hat, soweit umwandlungsrechtlich möglich, die Mindestbeteiligungsquote innerhalb der Vor- und Nachbehaltensfristen ununterbrochen einzuhalten. Bei Gesamtrechtsnachfolge einer natürlichen Person hat der Gesamtrechtsnachfolger die Fristen einzuhalten. Sind mehrere Erben (auch Stiftungen) Rechtsnachfolger, haben die...