Die Finanzverwaltung (vgl. Oberste Finanzbehörden der Länder, Erlass v. 25.5.2023 – S 4518, ErbStB 2023, 211 [Günther]) hat sich vor dem Hintergrund aktueller Judikatur des BFH mit der Steuervergünstigung bei Umstrukturierung im Konzern nach § 6a GrEStG beschäftigt und den bisherigen Anwendungserlass vereinzelt geändert:
1. Begünstigte Umwandlungsvorgänge
Nach § 6a Satz 1 Halbs. 1 GrEStG wird für einen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1, Abs. 2a Satz 1, Abs. 2b Satz 1, Abs. 3 Nr. 2 und Nr. 4 und Abs. 3a GrEStG aufgrund einer Umwandlung i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG die Grunderwerbsteuer nicht erhoben. Die Begünstigung erfasst die verwirklichten steuerbaren Erwerbsvorgänge sowie die aufgrund einer derartigen Umwandlung übergehende Verwertungsbefugnis i.S.d. § 1 Abs. 2 GrEStG.
Als begünstigte Umwandlungen gelten hierbei:
Die Vorschrift erfasst somit u.a. die Fälle, dass
- eine abhängige Gesellschaft auf das herrschende Unternehmen verschmolzen wird (vgl. BFH v. 21.8.2019 – II R 20/19 (II R 53/15), BStBl. II 2020, 341 = GmbH-StB 2023, 11 [Ch. Böing/Groll]; BFH v. 22.8.2019 – II R 18/19 (II R 62/14), BStBl. II 2020, 352 = ErbStB 2020, 149 [E. Böing]),
- eine abhängige Gesellschaft auf eine natürliche Person als herrschendes Unternehmen verschmolzen wird (BFH v. 21.8.2019 – II R 15/19 (II R 50/13), BStBl. II 2020, 329) und dass
- eine abhängige Gesellschaft durch Ausgliederung aus dem herrschenden Unternehmen neu entsteht (BFH v. 21.8.2019 – II R 16/19 (II R 36/14), BStBl. II 2020, 333).
Die Regelung des § 6a Satz 1 GrEStG begünstigt insoweit alle dort genannten Umwandlungsvorgänge gleichermaßen. Es erfolgt keine Differenzierung, in welche Richtung, ob horizontal auf eine Schwestergesellschaft (sog. Sidestream-Merger) oder ob vertikal auf die Muttergesellschaft (sog. Upstream-Merger), eine Gesellschaft verschmolzen wird (BFH v. 21.8.2019 – II R 15/19 (II R 50/13), BStBl. II 2020, 329). Auch die Umwandlung der Muttergesellschaft auf eine Tochtergesellschaft (sog. Downstream-Merger) wird begünstigt.
Beraterhinweis Darüber hinaus sind Umwandlungen i.S.d. § 1 Abs. 2 UmwG begünstigt, wenn sie durch ein anderes Bundesgesetz oder ein Landesgesetz ausdrücklich vorgesehen sind. Die formwechselnde Umwandlung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 UmwG) ist hingegen nicht begünstigt. In Fällen der Ausgliederung bzw. Aufnahme eines Einzelunternehmens auf eine neu zu gründende Kapitalgesellschaft ist die Steuervergünstigung in § 6a GrEStG letztlich nicht einschlägig.
2. Begrifflichkeit des "herrschenden Unternehmens"
Die Vorschrift des § 6a GrEStG gilt für alle Rechtsträger i.S.d. GrEStG, die wirtschaftlich tätig sind. Herrschendes Unternehmen können wirtschaftlich tätige natürliche und juristische Personen sowie Personengesellschaften sein. An den wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des herrschenden Unternehmens sind hierbei keine hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn das herrschende Unternehmen über eine Beteiligung an einer abhängigen Gesellschaft am Markt teilnimmt (BFH v. 21.8.2019 – II R 19/19 (II R 63/14), BStBl. II 2020, 337). Hierfür ist erforderlich, dass mindestens eine am Umwandlungsvorgang beteiligte abhängige Gesellschaft am Markt wirtschaftlich tätig ist. Das gilt auch für nicht selbst wirtschaftlich tätige Gesellschaften (z.B. Vorratsgesellschaften und reine Holdinggesellschaften).
a) Aktuelle BFH-Judikatur
Der BFH hat in jüngster Rspr. (BFH v. 28.9.2022 – II R 13/20, BFH/PR 2023, 85 = ErbStB 2023, 30 [E. Böing]) entspr. Anlass zur Konzipierung neuer Anwendungserlasse zur Anwendung der Steuervergünstigung bei Umstrukturierung im Konzern nach § 6a GrEStG gegeben. Welches Unternehmen hierbei als sog. "herrschendes Unternehmen" und welche Gesellschaft sog. "abhängige Gesellschaft" i.S.d. § 6a GrEStG ist, richtet sich nach jüngster Rspr. des BFH insoweit nach dem jeweiligen Umwandlungsvorgang, für den die Grunderwerbsteuer nach § 6a Satz 1 GrEStG nicht erhoben werden soll. Unerheblich ist, ob bei mehrstufigen Beteiligungen das herrschende Unternehmen selbst von einem oder weiteren Unternehmen abhängig ist. Diese Auslegung entspricht auch dem Zweck der Norm. Der Gesetzgeber wollte mit der Steuerbegünstigung nach § 6a GrEStG hierbei Umstrukturierungen innerhalb von Konzernen erleichtern, damit Unternehmen flexibel auf Veränderungen der Marktverhältnisse reagieren können (vgl. BT-Drucks. 17/147). Das schließt auch solche Umwandlungsvorgänge ein, durch die ein Konzern beendet oder neu begründet wird (BFH v. 22.8.2019 – II R 18/19 (II R 62/14), BStBl. II 2020, 352 = ErbStB 2020, 149 [E. Böing]). Entsprechendes gilt für die zur Beendigung oder Neubegründung von Teilen eines Konzerns führenden Umwandlungsvorgänge. Es ist deshalb kein sachlicher Grund erkennbar, weshalb die Steuerbegünstigung für einen steuerbaren Umwandlungsvorgang von weiteren, nicht aus dem Gesetz selbst herleitbaren Voraussetzungen abhängig sein sollte. Ob die am Umwa...