Rz. 50
Nach § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG n. F. ist bei dem Erwerb von Anteilen an einer Personenvereinigung von einem Erwerb der anteiligen Wirtschaftsgüter auszugehen, sodass gem. § 12 Abs. 6, § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BewG nicht der Anteilswert, sondern der Anteil am Wert von Vermögensgegenständen und Schulden festgestellt wird. § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG ist durch Art. 28 Kreditzweitmarktförderungsgesetz geändert worden. An die Stelle der Formulierung "einer Personengesellschaft oder einer anderen Gesamthandsgemeinschaft" ist in § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG n. F. die Personenvereinigung getreten.
Rz. 50a
Gem. § 14a Abs. 1 AO sind Personenvereinigungen Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit zur Verfolgung eines gesetzlich geregelten Zwecks. Zu den rechtsfähigen Personenvereinigungen zählen gem. § 14a Abs. 2 AO insbesondere rechtsfähige Personengesellschaften (Gesellschaften, Personenhandelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Partenreedereien und Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigungen), Vereine ohne Rechtspersönlichkeit und Wohnungseigentümergemeinschaften. Als nicht rechtsfähige Personenvereinigungen nennt § 14a Abs. 3 AO Bruchteilsgemeinschaften, Gütergemeinschaften und Erbengemeinschaften. Zivilrechtlich stellen nur noch Gütergemeinschaften und Erbengemeinschaften Gesamthandsgemeinschaften dar.
Rz. 50b
Die Neuregelung des § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG n. F. mit ihrer Bezugnahme auf sämtliche Personenvereinigungen des § 14a AO geht somit weiter als § 2a ErbStG, die den Fortbestand der Personengesellschaften als Gesamthand nach dem Inkrafttreten des MoPeG fingiert, und geht damit über eine Fortschreibung des status quo vor Inkrafttreten deutlich hinaus.
Rz. 51
Die ursprüngliche Regelung des § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG a. F. war notwendig geworden, weil der BFH bei der Schenkung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden BGB-Gesellschaft den Anteil als solchen als Erwerbsgegenstand ansah. In der Sache vereitelt § 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG die früher als Steuersparmodell genutzte Möglichkeit, durch Übertragung eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft die steuerlich ungünstigeren Grundsätze der gemischten Schenkung zu umgehen. In diesem Sinne stellt der § 10 Abs. 1 S. 4 2. Halbs. ErbStG klar, dass die Grundsätze der gemischten Schenkung anzuwenden sind. Darüber hinaus wird klargestellt, dass es als Gegenleistung des Beschenkten gelten soll, wenn er die Verpflichtung eingeht, gesellschaftsintern die anteiligen Schulden der Gesellschaft gegen sich gelten zu lassen.
Rz. 52
§ 10 Abs. 1 S. 4 2. Halbs. ErbStG wird nur verständlich vor dem Hintergrund der gemischten Schenkung und der besonderen Art der Ermittlung der Bereicherung für sie i. S. d. § 10 Abs. 1 S. 1 ErbStG. Deswegen ist die Vorschrift auf Erwerbe von Todes (§ 3 Abs. 1 ErbStG) einschließlich der Schenkung auf den Todesfall (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 ErbStG) wegen der für diese in § 10 Abs. 1 S. 2 ErbStG vorgesehenen Art der Ermittlung der Bereicherung nicht anwendbar.