Rz. 251

Obwohl die Bewertung als solche für alle nicht börsennotierten Unternehmen einheitlich geregelt ist, gibt es weiterhin rechtsformanhängige Unterschiede in Bezug auf die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheiten. Die Abgrenzung der wirtschaftlichen Einheit ist im Hinblick auf die Abgeltungswirkung des für sie festzustellenden Werts von Bedeutung. Aktive und passive Wirtschaftsgüter, die in den Wert der wirtschaftlichen Einheit einzubeziehen sind, sind als solche nicht mehr anzusetzen. Nicht darunter fallende Wirtschaftsgüter sind hingegen selbstständig zu erfassen und zu bewerten.

4.2.1 Aktivseite

4.2.1.1 Einzelunternehmen

 

Rz. 252

Für Einzelunternehmen verweist § 95 Abs. 1 BewG auf die ertragsteuerliche Beurteilung. Das Betriebsvermögen umfasst danach alle Teile eines Gewerbebetriebs i. S. d. § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Dies sind die Wirtschaftsgüter des notwendigen und des gewillkürten Betriebsvermögens. Wirtschaftsgüter des notwendigen Privatvermögens können nicht in die Bewertungseinheit des Gewerbebetriebs einbezogen werden. Die Zugehörigkeit der Wirtschaftsgüter zu den in Betracht kommenden Vermögensarten ist im Rahmen der Bewertung ohne Bindung an die in der Person des Rechtsvorgängers erfolgte ertragsteuerliche Beurteilung zu prüfen. Die Zuordnung von Wirtschaftsgütern zum gewillkürten Betriebsvermögen setzt allerdings einen entsprechenden Widmungsakt des Rechtsvorgängers voraus.[1] Gemischt genutzte Wirtschaftsgüter gehören je nach dem Maß ihrer betrieblichen Nutzung und ihrer ertragsteuerlichen Zuordnung durch den Rechtsvorgänger entweder in vollem Umfang zum Betriebsvermögen oder zum Privatvermögen.

Bei bilanzierenden Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen[2] führt die Anknüpfung an die Grundsätze der steuerlichen Gewinnermittlung regelmäßig zu einer Identität zwischen der Steuerbilanz auf den Bewertungsstichtag oder den Schluss des letzten davor endenden Wirtschaftsjahrs und dem bewertungsrechtlichen Betriebsvermögen.[3] Durchbrochen wird diese Identität bei selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, für die ertragsteuerrechtlich[4] ein Aktivierungsverbot gilt; nach der Verwaltungsauffassung gehören dazu auch geschäftswert-, firmenwert- oder praxiswertbildende Faktoren (z. B. Kundenstamm oder Know-how), denen ein eigenständiger Wert zugewiesen werden kann.[5]

Die Bezugnahme auf die Vorschriften über die steuerliche Gewinnermittlung hat auch zur Folge, dass in die wirtschaftliche Einheit alle Wirtschaftsgüter einzubeziehen sind, die nach steuerbilanziellen Regeln zum Betriebsvermögen gehören. Dies können auch Wirtschaftsgüter sein, die nicht im zivilrechtlichen Eigentum des Betriebsinhabers stehen. Ungeachtet der grundsätzlichen Akzessorietät des Erbschaftsteuerrechts zum Zivilrecht kann dies in Einzelfällen zur Folge haben, dass auch Wirtschaftsgüter, die nur im wirtschaftlichen Eigentum des Erblassers oder Schenkers standen, zum erb- bzw. schenkungsteuerrechtlichen Erwerb gerechnet werden.[6]

Bei nicht bilanzierenden Gewerbetreibenden und freiberuflich Tätigen gehören alle Wirtschaftsgüter, die ausschließlich und unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt werden, zum notwendigen Betriebsvermögen. Bewegliche Wirtschaftsgüter, die zu mehr als 50 % eigenbetrieblich genutzt werden, sind in vollem Umfang notwendiges Betriebsvermögen. Gemischt genutzte Grundstücke sind nach ertragsteuerlichen Grundsätzen aufzuteilen. Gewillkürtes Betriebsvermögen ist zu berücksichtigen, wenn die Bildung ertragsteuerlich zulässig und die Zuordnung zum Betriebsvermögen tatsächlich erfolgt ist.[7]

[3] R B 95 Abs. 2 S. 1 ErbStR 2019.
[5] R B 95 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 ErbStR 2019, vgl. dazu Rz. 302.
[6] Hübner, Ubg 2009, 1, 7.
[7] R B 95 Abs. 3 S. 1–4 ErbStR 2019; zu weiteren Einzelfragen vgl. R B 95 Abs. 3 S. 5–8 ErbStR 2019.

4.2.1.2 Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften

 

Rz. 253

Bei Kapitalgesellschaften (Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien, Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Europäischen Gesellschaften) sowie bei Personengesellschaften i. S. d. § 15 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 oder § 18 Abs. 4 S. 2 EStG gehören alle Wirtschaftsgüter, die diesen Gesellschaften gehören, zum Betriebsvermögen.[1] Diese Gesellschaften haben also nach dem Gesetzeswortlaut kein aktives Privatvermögen, selbst wenn bestimmte Wirtschaftsgüter nicht betrieblichen, sondern privaten Zwecken dienen und damit im Zusammenhang stehende Aufwendungen und Erträge die Höhe des Einkommens bzw. des Gewinns nicht beeinflussen dürfen.[2]

 
Praxis-Beispiel

Eine Personengesellschaft ist Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks, das sie einem Gesellschafter unentgeltlich zu Wohnzwecken überlässt. Obwohl es sich bei dem Grundstück und dem Gebäude ertragsteuerlich um notwendiges Privatvermögen handelt und die mit dem Objekt in Zusammenhang stehenden Aufwendungen dem Gewinn als Entnahmen hinzuzurechnen sind,...

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