Rz. 461
§ 162 Abs. 3 BewG regelt den Fall, dass der Betrieb oder ein Anteil i. S. d. § 158 Abs. 2 S. 2 BewG innerhalb eines Zeitraums von 15 Jahren nach dem Bewertungsstichtag veräußert wird. Die Betriebsaufgabe steht der Betriebsveräußerung nicht gleich, sondern fällt unter § 162 Abs. 4 BewG. Der Nachbewertungsvorbehalt des § 162 Abs. 3 BewG bezieht sich auf die wirtschaftliche Einheit, also den gesamten Betrieb bzw. den Anteil am Betrieb.
Rz. 462
Die Voraussetzungen, unter denen ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft veräußert wird, entsprechen denen der Veräußerung des ganzen Betriebs nach § 14 S. 1 EStG. Unter einer Veräußerung ist danach die entgeltliche Übertragung der wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Akt auf einen Erwerber zu verstehen. In welcher zivilrechtlichen Form dies geschieht, ist unerheblich. Neben einem Kauf kommt daher auch ein Tausch in Betracht. Eine Veräußerung liegt auch bei Einbringung des Betriebs in eine Personengesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten vor. Die unentgeltliche Übertragung des Betriebs auf einen Dritten stellt demgegenüber keine Veräußerung dar. Die Veräußerung muss sich auf den ganzen Betrieb beziehen. Die Veräußerung eines Teilbetriebs oder von Teilen des Betriebs fällt – abweichend von der im Regierungsentwurf vorgesehenen Regelung – nicht unter § 162 Abs. 3 BewG. Die Zurückbehaltung unwesentlicher Betriebsgrundlagen steht der Annahme einer Betriebsveräußerung jedoch nicht entgegen. Maßgeblicher Veräußerungszeitpunkt ist der Übergang des wirtschaftlichen Eigentums an dem Betrieb oder dem Anteil i. S. d. § 158 Abs. 2 S. 2 BewG.
Rz. 463
Mit einem Anteil i. S.d. § 158 Abs. 2 S. 2 BewG ist offenbar der Anteil an einer einen Betrieb der Land- und Forstwirtschaft führenden Personengesellschaft oder Gemeinschaft gemeint. Die Begriffsbildung des § 163 Abs. 3 S. 1 BewG ist insofern unglücklich, als der Begriff des Anteils in der in Bezug genommenen Vorschrift überhaupt nicht auftaucht. Die Veräußerung eines Anteils liegt vor, wenn dieser gegen Entgelt auf einen Dritten übertragen wird. Dritter i. d. S. kann nicht nur eine außenstehende Person, sondern auch ein bisheriger Mitgesellschafter oder -gemeinschafter sein. Eine Anteilsveräußerung liegt auch vor, wenn der Anteil an einer zweigliedrigen Gesellschaft oder Gemeinschaft auf den anderen Gesellschafter oder Gemeinschafter übertragen wird und dieser den Betrieb der Land- und Forstwirtschaft allein weiterführt.
Rz. 464
Fraglich ist, ob nur die Veräußerung des gesamten Anteils den Tatbestand erfüllt oder auch die Veräußerung eines Teilanteils ausreicht. Für die erste Auslegungsmöglichkeit spricht, dass das Gesetz – anders als noch der Regierungsentwurf – nur den Anteil als solchen, nicht aber einen Anteil daran erwähnt. Allerdings hatte der Regierungsentwurf den Anteil noch unter Bezugnahme auf die ertragsteuerlichen Vorschriften des § 13 Abs. 7 i. V. m. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG definiert, die sich auf die konkrete Gestalt des bestehenden Anteils beziehen. Demgegenüber spricht die Gesetz gewordene Fassung der Vorschrift unter Verwendung des unbestimmten Artikels von einem Anteil. U. E. spricht der Zweck der gesetzlichen Regelung deshalb dafür, auch die Veräußerung nur eines Teilanteils unter § 162 Abs. 3 S. 1 BewG zu subsumieren, da die 15-Jahresfrist für den Erwerber anderenfalls leicht zu umgehen wäre. Denn die Veräußerung eines Teilanteils würde auch nicht den Tatbestand des § 163 Abs. 4 BewG erfüllen, weil die Veräußerung eines Teilanteils an dem gemeinschaftlichen Vermögen die Nutzung der zu dem Betrieb der Land- und Forstwirtschaft gehörenden Wirtschaftsgüter unberührt lässt. Veräußert der Gesellschafter lediglich ihm persönlich gehörende Wirtschaftsgüter, ohne dass sich seine Beteiligung an dem gemeinschaftlichen Vermögen der Personengesellschaft oder Gemeinschaft ändert, liegt hingegen keine Anteilsveräußerung i. S. d. § 162 Abs. 3 BewG vor. In Betracht kommt in diesen Fällen jedoch die Anwendung des § 162 Abs. 4 BewG.