Rz. 101
Der Verschonungsabschlag von 85 % (§ 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG) bzw. 100 % (§ 13a Abs. 10 S. 1 ErbStG) gilt für alle steuerpflichtigen Erwerbe von Todes wegen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 ErbStG) und alle Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 ErbStG). Ferner sind auch Zweckzuwendungen erfasst (§ 1 Abs. 1 Nr. 3, § 8 ErbStG).
Auf die Erbersatzsteuer von Familienstiftungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) findet der Verschonungsabschlag gleichfalls Anwendung; der Gesetzgeber hat dies (in § 13a Abs. 11 ErbStG) ausdrücklich klargestellt.
Die Regelung gilt auch dann, wenn sich der zugrundeliegende Erwerb nicht nach deutschem, sondern nach ausländischem Zivilrecht richtet.
Rz. 102
Der Verschonungsabschlag gilt insbesondere auch für den Erwerb eines Vermächtnisnehmers (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG i. V. m. §§ 2147 ff. BGB). Dabei handelt es sich um einen begünstigten Erwerb von Todes wegen. Der steuerlichen Verschonung steht insbesondere nicht entgegen, dass der Vermächtnisnehmer das begünstigte Vermögen (nach deutschem Erbrecht) mit Eintritt des Erbfalls nicht unmittelbar (dinglich) erwirbt, sondern erst nach Eintritt des Erbfalls auf Grundlage eines entsprechenden Vermächtniserfüllungsvertrags. Dabei handelt es sich lediglich um eine (zivilrechtliche) Erwerbsmodalität, die für die (steuerliche) Verschonung ohne Bedeutung ist.
Begünstigt ist demnach der Erwerb von begünstigtem Vermögen durch (Sach-)Vermächtnis. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um ein (einfaches) Vermächtnis oder ein Vorausvermächtnis handelt.
Nicht begünstigt ist allerdings der Erwerb eines Geldvermächtnisses. Eine Begünstigung des Erwerbs erfolgt auch dann nicht, wenn das Vermächtnis (abweichend von § 362 Abs. 1 BGB) nicht durch die Zahlung von Geld, sondern (nach § 364 Abs. 1 BGB: Leistung an Erfüllung statt) durch Übertragung von begünstigtem Vermögen erfüllt wird. Die Erbschaftsteuer entsteht mit dem Tod des Erblassers, sodass spätere Abreden über die Erfüllung den Steueranspruch unberührt lassen.
Anders ist die Rechtslage aber dann, wenn der Vermächtnisnehmer das Geldvermächtnis wirksam ausschlägt (dies ist – anders als die Erbausschlagung, § 1944 BGB – form- und fristlos möglich, § 2180 BGB) und als Abfindung begünstigtes Vermögen erhält. In diesem Fall unterliegt das Geldvermächtnis nicht der Erbschaftsteuer, da es mit (steuerlicher) Rückwirkung ausgeschlagen wurde. Der Besteuerung unterliegt aber die Abfindung für die Ausschlagung des Vermächtnisses (§ 3 Abs. 2 Nr. 4 ErbStG i. V. m. §§ 2180, 1953 BGB). Die Erbschaftsteuer entsteht in diesem Fall nicht schon mit dem Tod des Erblassers (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 1 ErbStG). Vielmehr entsteht die Steuer erst mit der Ausschlagung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f ErbStG). Nicht maßgebend ist dagegen, ob und wann die vereinbarte Abfindung tatsächlich geleistet wird. Der Besteuerung unterliegt jetzt alleine die Abfindung. Bei einer Abfindung in Form von begünstigtem Vermögen (nach §§ 13a, 13b ErbStG) wird der Erwerb steuerlich verschont. Der BFH musste über diesen Fall bislang noch nicht entscheiden.
Nicht begünstigt ist nach Auffassung der FinVerw der Erwerb eines Verschaffungsvermächtnisses, weil das erworbene Vermögen nicht vom Erblasser stammt.
Rz. 103–104
einstweilen frei