Rz. 13
Nach § 14 Abs. 2 BewG kann bei lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen, die entgegen den statistischen Lebenserwartungen nur sehr kurz genutzt oder bezogen wurden, weil der Berechtigte früh verstorben ist, die Festsetzung von nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach der wirklich bezogenen Nutzung oder Leistung erfolgen bzw. berichtigt werden.
Die Erbschaftsteuer ist eine nicht laufend veranlagte Steuer und § 17 ErbStG verweist ohne Einschränkungen auf § 14 BewG, weshalb nach Auffassung der Kommentarliteratur – unter Hinweis auf § 14 Abs. 2 BewG und auf Sinn und Zweck von § 17 ErbStG – eine Reduzierung der Kürzung der Versorgungsfreibeträge unter Ansatz des tatsächlich erhaltenen Kapitalwerts möglich ist. In diesem Fall muss auch die im Nachhinein zu viel bezahlte Erbschaftsteuer erstattet werden.
Die Ehefrau F (70 Jahre) ist Alleinerbin nach ihrem im Januar 2019 verstorbenen Ehemann M. Die Bereicherung beläuft sich auf 1 Mio. EUR. Die Ehegatten hatten Gütertrennung vereinbart. Daneben erhält sie nicht der Erbschaftsteuer unterliegende Versorgungsbezüge mit einem Jahresbetrag von 20.000 EUR.
Steuerbare Bereicherung der Witwe: |
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1.000.000 EUR |
Freibetrag nach § 16 ErbStG: |
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– 500.000 EUR |
Freibetrag nach § 17 ErbStG: |
256.000 EUR |
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abzüglich |
222.540 EUR |
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ergibt |
33.460 EUR |
– 33.460 EUR |
Ergibt einen steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG von 466.540 EUR.
Stirbt die Ehefrau bereits nach 5 Jahren, kann auf Antrag ihrer Erben wie folgt gerechnet werden:
Steuerbare Bereicherung der Witwe: |
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1.000.000 EUR |
Freibetrag nach § 16 ErbStG: |
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– 500.000 EUR |
Freibetrag nach § 17 ErbStG: |
256.000 EUR |
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abzüglich |
87.760 EUR |
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ergibt |
168.240 EUR |
– 168.240 EUR |
ergibt einen steuerpflichtigen Erwerb nach § 10 Abs. 1 ErbStG von 331.700 EUR.
Die Mindersteuer muss das FA erstatten.
Nach § 5 Abs. 2 BewG kann in Fällen auflösend bedingter Erwerbe bei Bedingungseintritt die Festsetzung von nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach dem tatsächlichen Wert des Erwerbs berichtigt werden. Der Antrag ist bis zum Ablauf des Jahres zu stellen, das auf den Eintritt der Bedingung folgt. Diese Norm ermöglicht i. V. m. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO eine Reduzierung der Kürzung der Versorgungsbezüge auf den tatsächlich erhaltenen Kapitalwert, wenn eine auflösende Bedingung im Nachhinein eintritt, wie z. B., wenn eine Versorgungsrente unter der auflösenden Bedingung der Wiederverheiratung gewährt wurde und dann die Wiederverheiratung erfolgt.
Der Wert aufschiebend bedingter Einmalbeträge, die den Charakter der oben beschriebenen nicht steuerbaren Versorgungsbezüge haben, sind nachträglich zum steuerlichen Nachteil des Empfängers noch als Minderung des Freibetrags zu berücksichtigen. Dazu zählen auch wiederauflebende Bezüge.