Rz. 20
Für den gesamten Vermögensanfall tritt die Steuerpflicht ein, wenn einer der Beteiligten – Erblasser, Schenker oder Erwerber – zur Zeit der Entstehung der Steuer gem. § 9 ErbStG Inländer ist. Das Gesetz stellt dabei auf die steuerliche Inländereigenschaft der Beteiligten ab, nicht auf deren Staatsangehörigkeit. Auch ausländische Staatsangehörige können daher Inländer sein, wenn sie im Inland wohnen oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Rz. 21
Der gesamte Erbanfall bzw. die gesamte Schenkung unterliegt der inländischen Steuerpflicht, wenn der Erblasser bzw. Schenker Inländer ist. Demgegenüber ist nur der Erwerb des einzelnen Erben bzw. Beschenkten von der inländischen Steuerpflicht umfasst, wenn nur dieser, nicht aber der Erblasser bzw. Schenker Inländer ist.
Rz. 22
Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auch auf einen Vermögensanfall, der nach deutschem Internationalen Privatrecht ausländischem Privatrecht unterliegt. Solche Erwerbe, die ausländischem Recht unterliegen, können ebenfalls als steuerpflichtige Vorgänge i. S. d. § 1 Abs. 1 ErbStG zu werten sein. In diesem Fall ist eine 2-stufige Objektqualifikation vorzunehmen. Da das ErbStG in §§ 19 ErbStG weitgehend an das materielle deutsche Erbrecht anknüpft, ist auf der 1. Stufe ein Vergleich der jeweiligen ausländischen Rechtsfigur mit den im ErbStG vorausgesetzten inländischen Rechtsinstituten vorzunehmen. Eine Deckungsgleichheit der ausländischen Rechtsfigur und derjenigen des BGB ist jedoch nicht gefordert. Es genügt bereits, dass die ausländische Rechtsfigur in ihrer wirtschaftlichen Bedeutung einer Rechtsfigur des BGB gleichsteht. Sollte eine ausländische Rechtsfigur insoweit mit mehreren inländischen Rechtsinstituten vergleichbar sein, ist diejenige Rechtsfigur des BGB zugrunde zu legen, für die das ErbStG die mildeste Besteuerung vorsieht. Die ausdrückliche Bezugnahme einzelner Erwerbstatbestände der §§ 3, 7 ErbStG auf Regelungen des BGB nötigt nicht zu einer anderen Auslegung, da ansonsten die speziellere Regelung des § 2 ErbStG weitgehend gegenstandslos wäre. Zudem verfolgt das Internationale Privatrecht andere Regelungszwecke und ist als Maßstab für die Abgrenzung des inländischen Besteuerungsrechts schon vom Ansatz her ungeeignet.
Rz. 23
Ist das nicht der Fall, wird auf einer 2. Stufe geprüft, ob sich für die Rechtsposition nach ausländischem Recht eine nach ihrer wirtschaftlichen Bedeutung ähnliche Struktur im deutschen Recht findet. Dabei soll nicht die formale Gestaltung des ausländischen Privatrechtsinstituts entscheidend sein, sondern ob der Vermögensanfall in seiner wirtschaftlichen Bedeutung einem durch das ErbStG erfassten Erwerb gleichkommt. Ist eine eindeutige rechtliche Qualifikation nicht möglich, ist diejenige Alternative vorzuziehen, an die sich die für den Stpfl. milderen steuerlichen Rechtsfolgen knüpfen. Diese Rspr. entspricht dem Gebot, steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale nach den spezifischen Regelungszielen des ErbStG zu beurteilen. Der BFH fordert in seiner neueren Rspr. zusätzlich, dass neben dem wirtschaftlichen Ergebnis auch die zivilrechtliche "Rechtsfolge" einem inländischen Besteuerungstatbestand entspricht, wobei es aber unbeachtlich sein soll, wie das ausländische Recht einen Erwerb zivilrechtlich qualifiziert. Im Ergebnis kommt die vom BFH geforderte zivilrechtliche Analyse der hergebrachten wirtschaftlichen Betrachtungsweise sehr nahe.
Rz. 23a
In ähnlicher Weise ist eine 2-stufige Subjektqualifikation vorzunehmen, wenn nicht natürliche Personen ausländischen Rechts beteiligt sind.
2.1 Maßgebender Zeitpunkt für Inländereigenschaft
Rz. 24
Die Inländereigenschaft bestimmt sich gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 ErbStG für den Erblasser nach seinem Todeszeitpunkt, für den Schenker nach dem Zeitpunkt der Ausführung der Schenkung und für den Erwerber nach dem sich aus § 9 ErbStG ergebenden Zeitpunkt der Entstehung der Steuer. Die Bestimmung hat für den häufigsten Fall,...