Rz. 335
Die Familienstiftung mit begünstigtem Vermögen kann bei der Erbersatzsteuer einen Antrag auf Verschonungsbedarfsprüfung stellen (§ 28a Abs. 7 ErbStG; s. R E 28a.6 ErbStR 2019). Die steuerliche Verschonung hängt davon ab, inwieweit der Erwerber die Steuer aus seinem verfügbaren Vermögen begleichen kann (§ 28a Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 ErbStG).
Rz. 336
Bei der Erbersatzsteuer gibt es an sich keinen Erwerb und demnach auch keinen Erwerber. Der Erwerb wird vom Gesetzgeber fingiert (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG). Dies gilt auch für die Person des Erwerbers. Demnach ist die Familienstiftung als Erwerber zu behandeln. Die Familienstiftung ist auch für Zwecke der Verschonungsbedarfsprüfung als Erwerber anzusehen, obwohl sie an sich nichts erwirbt. Der Gesetzgeber hat dementsprechend auch eine lediglich "entsprechende" Anwendung der Verschonungsbedarfsprüfung für die Erbersatzsteuer vorgesehen (§ 28a Abs. 7 ErbStG).
Rz. 337
Für den (vollständigen oder teilweisen) Erlass der Erbersatzsteuer kommt es darauf an, ob der Familienstiftung nicht begünstigtes Vermögen gehört (§ 28a Abs. 2 Nr. 2 ErbStG).
Rz. 338
In der Praxis ist das Vermögen von Familienstiftungen aufgrund der Vorgaben des Stifters in der Satzung vielfach gebunden (z. B. durch Erhaltenspflichten und Verkaufs- bzw. Belastungsverbote). Viele Familienstiftungen können demnach über das ihnen gehörende Vermögen nicht oder nur sehr eingeschränkt verfügen. Die Stiftung kann nur über die Erträge des Stiftungsvermögens verfügen, nicht aber über die Vermögenssubstanz. Diese muss meist (mehr oder weniger unberührt) erhalten bleiben.
Rz. 339
Dies wirft die Frage auf, ob und inwieweit einer Familienstiftung in diesen Fällen überhaupt "verfügbares Vermögen" gehört. Der Begriff des "verfügbaren Vermögens" wurde vom Steuergesetzgeber für Zwecke der Verschonungsbedarfsprüfung gesondert und abschließend definiert (§ 28a Abs. 2 ErbStG). Auf die zivilrechtliche Verfügungsbefugnis (s. § 185 BGB) und/oder die tatsächlichen Verfügungsmöglichkeiten kommt es insoweit nicht an. Das Bewertungsgesetz geht davon aus, dass Verfügungsbeschränkungen bei der Feststellung des gemeinen Werts unberücksichtigt bleiben (§ 9 Abs. 2 S. 3 und Abs. 3 BewG). Danach ist davon auszugehen, dass Verfügungsbeschränkungen in der Stiftungssatzung auf die Ermittlung des "verfügbaren Vermögens" und dessen Bewertung keinen Einfluss haben.
Rz. 340
Gleichwohl kann im Einzelfall eine einschränkende Auslegung geboten sein. Eine Familienstiftung darf nicht dazu verpflichtet werden, Steuern mit Vermögen zu begleichen, über das sie objektiv gar nicht verfügen kann. Der Gesetzgeber geht in seiner eigenen Härtefallregelung (in § 28a Abs. 3 S. 2 ErbStG) davon aus, dass das "verfügbare Vermögen" zumindest beleihbar bzw. veräußerbar sein muss. Vermögen einer Familienstiftung, das aufgrund zwingender Vorgaben (z. B. in Stiftungsgesetzen, der Stiftungssatzung oder von Stiftungsaufsichtsbehörden) nicht veräußert oder belastet werden kann, kann daher auch nicht zum"verfügbaren Vermögen" gerechnet werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Vorgaben zwingend sind und von der Familienstiftung auch nicht geändert werden können (z. B. durch eine Änderung der Stiftungssatzung).
Rz. 341
In der Praxis sollte daher, wie ausgeführt, darauf geachtet werden, dass die Familienstiftung zum Zeitpunkt der Entstehung der Erbersatzsteuer über möglichst wenig nicht begünstigtes Vermögen verfügt. Das nicht begünstigte Vermögen kann unter Umständen vorab an die Destinatäre ausgeschüttet werden (unter Berücksichtigung der zivilrechtlichen Vorgaben der Stiftungssatzung und der steuerrechtlichen Beschränkungen für Überentnahmen, s. § 28a Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG).
Rz. 342
Eine Abspaltung des nicht begünstigten Vermögens auf eine andere (Schwester-)Stiftung ist zivilrechtlich nur im Wege der Einzelrechtsübertragung möglich (§§ 124, 161 ff. UmwG). Bei der erwerbenden Stiftung ist dies aber ein steuerpflichtiger Erwerb (§ 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG), sofern diese nicht steuerbegünstigt ist.
Rz. 343–345
einstweilen frei