Rz. 153
Das "verfügbare Vermögen" umfasst nach der gesetzlichen Legaldefinition u. a. 50 % des "mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenen Vermögens, das nicht zum begünstigten Vermögen im Sinne des § 13b Abs. 2 gehört" (§ 28a Abs. 2 Nr. 1 ErbStG).
Rz. 154
Diese Regelung beruht wohl auf der Vorstellung des Gesetzgebers, dass das zusammen mit dem begünstigten Vermögen erworbene (aber nicht begünstigte) Vermögen nicht unternehmerisch gebunden (und somit nicht schutzwürdig) ist und daher auch für die Begleichung der Steuer verwendet werden kann. Dieses stark pauschalierende Konzept kann zu erheblichen Belastungen führen.
Rz. 155
Bei dem mit erworbenen (nicht begünstigten) Vermögen handelt es sich keineswegs immer um Geld (i. S. v. § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG), Wertpapiere (i. S. v. § 13b Abs. 4 Nr. 4 ErbStG) oder sonstiges liquides Vermögen. Vielfach wird es sich bei dem nicht begünstigten Vermögen um im Unternehmen gebundene Vermögenswerte handeln (wie etwa nicht betriebsnotwendige Immobilien, Minderheitsbeteiligungen an Kapitalgesellschaften ohne Poolvereinbarung), die nicht zur Bezahlung der Steuer herangezogen werden können. Ein Verkauf bzw. eine Beleihung solcher Vermögenswerte ist in der Praxis vielfach (rechtlich oder tatsächlich) nicht möglich. Der Ansatz des Gesetzgebers wirft zudem neue Gleichheitsprobleme auf. Der Erwerb von begünstigtem unternehmerischem Vermögen wird aufgrund sonst drohender Liquiditätsprobleme steuerlich verschont. Der Erwerb von anderen (gleichfalls illiquiden und gebundenen) Vermögenswerten wird steuerlich sogar mehrfach erfasst.
Rz. 156
Das zugleich mit übergegangene Vermögen umfasst alle positiven und negativen Vermögenswerte.
Kein mit der Erbschaft übergegangenes Vermögen ist der (fiktive) Zugewinnausgleichsanspruch (nach § 5 Abs. 1 ErbStG), da es sich dabei um keinen Erwerb (i. S. v. § 3 ErbStG) handelt.
Rz. 157
Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 5 ErbStG) sowie Schulden und Lasten (im nicht begünstigten Vermögen) mindern das verfügbare Vermögen entsprechend. Dies gilt z. B. auch für ein Nießbrauch- oder Wohnungsrecht, dass sich der Schenker vorbehalten hat.
Rz. 158
Die auf das zugleich mit übergegangene Vermögen anfallende Erbschaft- oder Schenkungsteuer ist dagegen nicht abzugsfähig (s. § 10 Abs. 8 ErbStG). Entsprechendes gilt auch für die (latente) Einkommensteuer. S. dazu auch die abgelehnten Anträge für eine Gesetzesänderung oben bei Rz. 23.
Rz. 159
Nach dem Gesetzeswortlaut muss das verfügbare Vermögen "zugleich" mit der Erbschaft oder Schenkung auf den Erwerber übergegangen sein (§ 28a Abs. 2 Nr. 1 ErbStG). Der Begriff "zugleich" ist dem ErbStG sonst fremd und wird auch in den Gesetzesmaterialien nicht näher erörtert. Der Gesetzgeber stellt insoweit nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) ab. Dies deutet darauf hin, dass es hier nicht auf eine strenge Stichtagsbetrachtung ankommen soll. Sprachlich ist "zugleich" wohl etwas weiter als beispielsweise "zeitgleich". Im Ergebnis dürfte es somit darauf ankommen, ob der Erwerb des nicht begünstigten Vermögens in engem sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Erbschaft oder Schenkung erfolgt ist.
Rz. 160–164
einstweilen frei