Prof. Dr. Michael Fischer
Rz. 515
Der aufgrund einer Todesfallversicherung ausgezahlte Betrag (Lebensversicherungssumme zzgl. Gewinnanteil und zzgl. Bonus) unterliegt grundsätzlich der ErbSt. Das Versicherungsvertragsrecht ermöglicht eine von der Beteiligung am Versicherungsvertrag getrennte Berechtigung bei der Lebensversicherung. Dabei kann der Versicherungsnehmer die Benennung eines Bezugsberechtigten sowohl im Versicherungsvertrag selbst oder später vornehmen. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist einschlägig, wenn der Dritte als Bezugsberechtigter mit dem Tod des Erblassers als Versicherungsnehmer den unmittelbaren Anspruch gegen die Versicherung erwirbt, die Versicherungsleistung an ihn auszuzahlen. Der Vermögensvorteil kann in einem Einmalbetrag oder in wiederkehrenden Bezügen bestehen. Da der Bezugsberechtigte die Versicherungsleistung außerhalb des Erbrechts erwirbt, kann er – falls er zugleich Erbe ist – die Erbschaft ausschlagen und dennoch den Anspruch gegen die Versicherung behalten. Wenn der Erblasser als Bezugsberechtigte seine "Erben" bezeichnet hat, ohne sie namentlich zu konkretisieren, bleibt es zivilrechtlich bei einem Vertrag zugunsten Dritter und damit auch erbschaftsteuerrechtlich bei einer entsprechenden Steuerpflicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG.
Rz. 516
Kein Vertrag zugunsten Dritter und damit auch kein Erwerb i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG liegt demgegenüber vor, wenn der Erblasser als Versicherungsnehmer keinen Bezugsberechtigten benannt hat. Hier fällt die Versicherungsleistung als dem Versicherungsnehmer zustehender Anspruch in den Nachlass und gehört bei den Erben zum Erwerb durch Erbanfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Ebenso wenig liegt eine Konstellation i. S. d. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG vor, wenn die Versicherung auf das Leben einer anderen Person abgeschlossen wurde und die Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer, der auch die Prämien gezahlt hat, bei deren Tod ausgezahlt wird. Hier handelt es sich schon mangels Bezugsberechtigten um keinen Vertrag zugunsten Dritter. Es liegt auch kein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG vor, weil der Versicherungsnehmer nicht verstorben ist und selbst die Prämien bezahlt hat. Typische Beispiele für die Versicherungsleistung an den Versicherungsnehmer sind die vom Versicherungsnehmer auf die Person seines Ehegatten genommene Sterbegeldversicherung oder die Teilhaberversicherung, die ein Gesellschafter auf die Person eines Mitgesellschafters abschließt. Insbesondere wenn es darum geht, dass der Tod eines Ehegatten die Einkommenssituation der Familie nachteilig verändert, bietet die Todesfallversicherung, die von dem anderen Ehegatten auf das Leben des Versorgers abgeschlossen wird, eine steuerlich günstige Gestaltungsmöglichkeit an. Wenn der Versicherte dem Versicherungsnehmer allerdings die Mittel zur Prämienzahlung zur Verfügung stellt, kann diese (wiederkehrende) Kapitalüberlassung eine freigebige Zuwendung der Prämien i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG sein. Sollte der entsprechende Freibetrag bereits verbraucht sein, ist es aber noch möglich, dass die Prämien aus den Erträgen des bereits geschenkten Vermögens (z. B. einer vermieteten Eigentumswohnung) gezahlt werden. Im Einzelfall ist auch ein Gestaltungsmissbrauch i. S. d. § 42 AO möglich. Bei Ehegatten muss allerdings der außersteuerrechtliche Grund beachtet werden, dass diese sich unterhaltsrechtlich eine angemessene Vorsorge schulden und der unterhaltsverpflichtete Ehegatte bereits zu seinen Lebzeiten ein endgültiges Vermögensopfer erbringt. Nach Gottschalk komme auch eine mittelbare Schenkung der Versicherungssumme auf den Todesfall nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 ErbStG in Betracht, sodass es eines Rückgriffs auf § 42 AO gar nicht bedürfe. Regelmäßig keine mittelbare Schenkung auf den Todesfall und auch kein Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG durch den überlebenden Gesamtschuldner einer Darlehensverbindlichkeit ist in der Konstellation gegeben, in der der Erblasser bestimmt hat, dass die Versicherungssumme aus einer von ihm abgeschlossenen Lebensversicherung bei seinem Ableben an eine Bank zur Tilgung dieser Verbindlichkeit ausgezahlt werden soll. Etwas anderes kann sich nur dann ergeben, wenn der Erblasser ausdrücklich auf die Ausgleichsforderung aus § 426 Abs. 2 S. 1 BGB verzichtet, da diese ansonsten nach § 1922 Abs. 1 BGB auf den/die Erben übergeht.
Rz. 517
Im Rahmen einer "Liquiditätsplanung für den Erbfall" kann der Abschluss einer Lebensversicherung durch den künftigen Erben als Versicherungsnehmer auf das Leben des Erblassers als Versicherter ratsam sein, um zu erwartende hohe Erbschaftsteuerverbindlichkeiten zu finanzieren. Natürlich lässt sich die Versicherungssumme auch für Abfindungszahlungen an Pflichtteilsberechtigte oder an Miterben einsetzen. Wenn es um die Absicherung von Abfindungszahlungen an weichende Miterben geht, kommt im Übrigen auch der Abschluss einer Versicherung durch den Erblasser selbst zugunsten des übernehmenden Miterben in Betracht, da der aus ...