1 Allgemeines

 

Rz. 1

§ 35 ErbStG bestimmt die örtliche Zuständigkeit des für die Steuerfestsetzung zuständigen FA. § 35 Abs. 3 ErbStG wurde durch das ErbStRG geändert und in dessen Satz 2 um eine Zuständigkeitsregelung für Schenkungen der noch ungeteilten Erbengemeinschaft ergänzt. Durch das BeitrRlUmsG wurde der Anwendungsbereich des § 35 Abs. 4 ErbStG um die Fälle des § 2 Abs. 3 ErbStG erweitert. Durch das JStG 2020[1] wurde § 35 Abs. 1 S. 1 und 2 ErbStG redaktionell korrigiert und § 35 Abs. 4 ErbStG eingefügt; der bisherige § 35 Abs. 4 ERbStG wurde zu § 35 Abs. 5 ErbStG.

 

Rz. 2

§ 35 Abs. 1 ErbStG lehnt sich an die Zuständigkeitsregelungen der §§ 19, 20 AO an. Wegen der Geltung der AO auch für das ErbStG[2] dürften im Hinblick auf spezielle Zuständigkeitsfragen ggf. auch die §§ 25 ff. AO ergänzend anzuwenden sein.[3] § 35 Abs. 24 ErbStG enthalten ergänzende Regelungen für besondere Fallgestaltungen. Bedeutung hat die Regelung der örtlichen Zuständigkeit vor allem für die Verteilung des Steueraufkommens auf die einzelnen Bundesländer.[4] Zu den Rechtsfolgen eines Zuständigkeitsfehlers vgl. Rz. 35.

[1] BGBl I 2020, 3096, 3131.
[3] Ebenso Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 35 Rz. 1.
[4] Vgl. auch Zauner/Berg, ZEV 2009, 63.

2 Zuständigkeit bei inländischem Erblasser bzw. Schenker (§ 35 Abs. 1 ErbStG)

 

Rz. 3

§ 35 Abs. 1 S. 1 ErbStG betrifft den am häufigsten gegebenen Fall, dass der Erblasser zur Zeit seines Todes bzw. der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung Inländer waren. Die Inländereigenschaft bestimmt sich nach der in § 2 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 ErbStG getroffenen Regelung. Die örtliche Zuständigkeit des FA ergibt sich aus den sinngemäß anzuwendenden § 19 Abs. 1 und § 20 AO. Nach § 19 Abs. 1 AO ist das FA zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser bzw. Schenker seinen Wohnsitz[1] oder in Ermangelung eines Wohnsitzes seinen gewöhnlichen Aufenthalt[2] hatte. Ist Schenker eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, so bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach § 20 AO, also in erster Linie nach dem Sitz der Geschäftsleitung.[3] Bei Fehlen einer Geschäftsleitung im Inland ergibt sich aus § 20 Abs. 24 AO eine Rangfolge von Ersatzzuständigkeiten.

 

Rz. 4

§ 35 Abs. 1 S. 2 ErbStG betrifft die Fälle, in denen ein deutscher Staatsangehöriger als Erblasser bzw. Schenker trotz Wegzugs ins Ausland gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG zu den Steuerinländern gehört. In diesem Fall bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach dem letzten inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers oder Schenkers.

 

Rz. 5

Bei deutschen Auslandsbediensteten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c ErbStG) ist nach dem sinngemäß anzuwendenden § 19 Abs. 1 S. 3 AO dasjenige FA zuständig, in dessen Bezirk sich die Dienstbezüge zahlende öffentliche Kasse befindet.[4]

 

Rz. 6–9

einstweilen frei

[4] Ebenso Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 35 Rz. 4.

3 Zuständigkeit bei Erwerb durch Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sowie bei ausländischem Erblasser oder Schenker (§ 35 Abs. 2 ErbStG)

 

Rz. 10

In den Fällen des § 35 Abs. 2 ErbStG bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit nach den Verhältnissen des Erwerbers, bei Zweckzuwendungen (§ 8 ErbStG) nach den Verhältnissen des Beschwerten. Ist der Erwerber eine Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse, so ist für die örtliche Zuständigkeit in erster Linie der Sitz der Geschäftsleitung maßgebend.[1] Sofern diese Erwerber bzw. Beschwerten nur beschränkt steuerpflichtig sind (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), ergibt sich die örtliche Zuständigkeit aus § 35 Abs. 4 ErbStG i. V. m. § 19 Abs. 2 AO.

War der Erblasser oder Schenker Ausländer, so richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt des Erwerbers. Hat der Erwerber weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, so kommt nur eine beschränkte Steuerpflicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG in Betracht; die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich daher nach der Regelung des § 35 Abs. 4 ErbStG i. V. m. § 19 Abs. 2 AO.

 

Rz. 11

Sofern mehrere inländische Erwerber beteiligt sind, ist nach § 35 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 ErbStG dasjenige FA örtlich zuständig, das zuerst mit der Sache befasst ist. Dieses hat die Steuer für sämtliche Erwerber festzusetzen.

 

Rz. 12–19

einstweilen frei

[1] § 10 AO; vgl. Rz. 3.

4 Zuständigkeit bei Erwerb von Erbengemeinschaft (§ 35 Abs. 3 ErbStG)

 

Rz. 20

Der durch das ErbStRG geänderte § 35 Abs. 3 ErbStG bestimmt in Satz 1 aus Zweckmäßigkeitserwägungen, dass bei Schenkungen oder Zweckzuwendungen unter Lebenden von einer Erbengemeinschaft dasjenige FA örtlich zuständig ist, das auch schon für die Bearbeitung des Erbfalls zuständig ist.[1]

 

Rz. 21

Der ebenfalls durch das ErbStRG eingefügte § 35 Abs. 3 S. 2 ErbStG, der insoweit die bereits früher vertretene Verwaltungsauffassung[2] kodifiziert, trifft eine entsprechende Anordnung auch für Schenkungen eines Miterben bei der Erbauseinandersetzung, indem er dem anderen Miterben mehr aus dem Nachlassvermögen überlässt als diesem nach seinem Erbanteil zusteht.[3] Insoweit ergibt die Zuständigkeit daher ebenfalls aus § 35 Abs. 1 ErbStG.

[3] BT-Drs. 16/7918, 38; krit. Zauner/Berg, ZEV 2009, 63.

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