Rz. 15
§ 37 Abs. 3 ErbStG ist durch das ErbStRG eingefügt und durch das WachstBeschlG (im Hinblick auf die durch dieses Gesetz geänderten §§ 13a und 19a ErbStG) durch Einfügung des § 37 Abs. 3 S. 1 ErbStG und redaktionelle Anpassung des § 37 Abs. 3 S. 2 ErbStG geändert worden. Die aufgrund des WachstBeschlG geänderten §§ 13a und 19a ErbStG hätten an sich der allgemeinen Anwendungsregelung des § 37 Abs. 1 ErbStG unterlegen. Abweichend hiervon hat jedoch der Gesetzgeber durch § 37 Abs. 3 S. 1 ErbStG deren rückwirkende Anwendung bereits auf Erwerbe angeordnet, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entsteht. Diese Rückwirkungsanordnung ist, weil sie zugunsten der Erwerber begünstigend wirkt, verfassungsrechtlich unproblematisch.
Rz. 15a
§ 37 Abs. 3 S. 1 ErbStG ordnet an, dass die durch das WachstBeschlG geänderten §§ 13a und 19 Abs. 5 ErbStG rückwirkend auf Erwerbe anzuwenden sind, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entsteht. Die Rückwirkungsanordnung gilt nach dem eindeutigen Wortlaut des § 37 Abs. 3 S. 1 ErbStG nicht für den durch das WachstBeschlG ebenfalls geänderten § 19a Abs. 3 ErbStG. Insoweit dürfte jedoch ein Redaktionsversehen vorliegen, sodass auch insoweit die Rückwirkungsordnung des § 37 Abs. 3 S. 1 ErbStG gilt.
Rz. 15b
Ist – was allenfalls in seltenen Ausnahmefällen zutreffen dürfte – im Zeitpunkt des Inkrafttretens der jetzt geltenden Fassung des § 37 Abs. 3 S. 1 ErbStG die Steuer für einen §§ 13a, 19a ErbStG unterliegenden Erwerb bereits bestandskräftig festgesetzt, ist der Steuerbescheid gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zu ändern. Rechtsgrundlage dieser Änderungsbefugnis ist § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 2d AO weil § 37 Abs. 3 S. 1 ErbStG bei verständiger Würdigung seines Rechtsgehalts eine spezialgesetzliche Ermächtigung zur Änderung bestandskräftiger Erbschaft- oder Schenkungsteuerbescheide zu entnehmen ist.
Rz. 16
Ziel des § 37 Abs. 3 S. 2 ErbStG ist die Einschränkung der Vergünstigungen aus § 13a und § 19a Abs. 5 ErbStG, sofern das begünstigte Vermögen vor dem 1.1.2011 von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworben wird und bereits Gegenstand einer vor dem 1.1.2007 ausgeführten Schenkung des selben Schenkers an dieselbe Person war und der Schenkungsgegenstand wegen eines vertraglichen Rückforderungsrechts nach dem 11.11.2005 herausgegeben werden musste. Damit soll verhindert werden, dass vor dem 1.1.2007 ausgeführte und nach §§ 13a und 19a ErbStG entlastete Zuwendungen von begünstigtem Produktivvermögen aufgrund vertraglicher Rückforderungsrechte nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG – mit der Folge der Erstattung der bereits entrichteten Steuer – rückabgewickelt werden, um die günstigeren neuen Bestimmungen neuen Rechts auszunutzen. Der für die Herausgabe maßgebliche Stichtag des 11.11.2005 (§ 37 Abs. 3 S. 2 ErbStG) ist bestimmt worden, weil die Große Koalition an diesem Tag angekündigt hatte, die Unternehmensnachfolge durch die nunmehr im ErbStRG getroffenen Begünstigungen zu erleichtern.
Rz. 17
§ 37 Abs. 3 S. 2 ErbStG dient damit unter Berücksichtigung seiner gesetzgeberischen Intentionen der Verhinderung von Gestaltungsmissbrauch und gilt nicht für Fälle, in denen begünstigtes Vermögen zunächst von Todes wegen auf den Erwerber übergegangen war.
Rz. 18
§ 37 Abs. 3 S. 2 ErbStG hat insofern eine überschießende Tendenz, als er auch auf vor dem 11.11.2005 vereinbarte Rückforderungsrechte anzuwenden ist. Für eine teleologische Reduktion bietet die Vorschrift jedoch unter Berücksichtigung ihres klaren Wortlauts keinen Ansatzpunkt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Vorschrift ausschließlich auf ein vertragliches Rückforderungsrecht beschränkt.
Rz. 19
Gesetzliche Rückforderungsrechte unterfallen § 37 Abs. 3 S. 2 ErbStG nicht.
Rz. 20
Der Anwendungsbereich des § 37 Abs. 3 S. 2 ErbStG beschränkt sich im Übrigen auf vor dem 1.1.2007 ausgeführte Schenkungen. Ab dem 1.1.2007 ausgeführte Schenkungen sind nicht erfasst.
Rz. 21
Rechtsfolge des § 37 Abs. 3 S. 2 ErbStG ist die Nichtanwendung des § 13a ErbStG i. d. F. des WachstBeschlG auf vor dem 1.1.2011 von Todes wegen oder durch Schenkung unter Lebenden erworbenes begünstigtes Vermögen. Unter Berücksichtigung der infolge des vertraglichen Rückforderungsrechts gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erloschenen Steuer unterliegt daher der Übergang des begünstigten Vermögens dem Regelsteuersatz.
Dieser massive steuerliche Nachteil lässt sich vermeiden, wenn das begünstigte Vermögen nach Ausübung des Rückforderungsrechts einer anderen Person zugewendet wird.