Prof. Dr. Michael Fischer
Rz. 495
Gegenleistungen, die nicht in Geld veranschlagt werden können, werden bei der Feststellung, ob eine Bereicherung vorliegt, nicht berücksichtigt (§ 7 Abs. 3 ErbStG). Die genaue Bedeutung der Vorschrift liegt im Unklaren. Nach der früheren Rspr. des BFH galt die Vorschrift nur für das Ausmaß der Bereicherung, ließ aber eine Berücksichtigung der Gegenleistung bei der Frage zu, ob eine klar teilentgeltlich freigebige Zuwendung vorlag. Die Gegenleistung ohne Geldwert war also in die Prüfung der Frage nach der subjektiven Entgeltlichkeit einer Zuwendung einzubeziehen. Diese Sichtweise stimmt mit dem Schenkungsrecht überein (Rz. 300 ff.). Allerdings hat der BFH bereits im Urteil vom 31.10.1984 entschieden, dass in der Scheidungsbereitschaft keine berücksichtigungsfähige Gegenleistung gesehen werden könne, weil sie nicht in Geldwert bemessbar sei. Weitergehend hat der BFH den Teilverzicht eines Ehegatten auf nachehelichen Unterhalt in zeitlichem Zusammenhang mit der Eheschließung unter Berufung auf § 7 Abs. 3 ErbStG nicht als eine die Bereicherung mindernde Gegenleistung anerkannt. Bereits in einer kurz zuvor veröffentlichten Entscheidung hatte der BFH den Verzicht auf die möglicherweise zukünftig entstehende Forderung auf Zugewinnausgleich im Lichte des § 7 Abs. 3 ErbStG als unbeachtlich angesehen. Erfolgt der Verzicht vor Eheschließung, bedeutet dies, dass die Kompensationszahlung überdies in die ungünstige Steuerklasse III fällt.
Wie bereits dargelegt, weichen die zitierten Entscheidungen von der schenkungsrechtlichen Sichtweise ab, ohne sich mit der zivilrechtlichen Vorfrage inhaltlich auseinanderzusetzen. Auch die geänderte Sichtweise zu § 7 Abs. 3 ErbStG wird nicht eingehend begründet. Wenn man bedenkt, dass zivilrechtlich sogar eine Inhaltskontrolle von Eheverträgen, die von den nachehelichen Unterhaltsverpflichtungen oder dem Zugewinnausgleich abweichen, vorgenommen wird und sich daraus die Notwendigkeit einer Kompensation des verzichtenden Ehegatten ergibt, wäre es wünschenswert, die Rspr. auf das Zivilrecht abzustimmen. Die Ehegatten schenken sich hier nichts. Letztlich zeigt sich hier erneut die Unzulänglichkeit des subjektiven Tatbestands in der Rspr. des BFH, wenn man diesen ausschließlich auf einen (einseitigen) Willen zur Unentgeltlichkeit verkürzt und das Fehlen eines übereinstimmenden Bereicherungswillens für unbeachtlich erklärt. Im Ergebnis wird die Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut auf die Unentgeltlichkeit der Zuwendung bezogen.
Rz. 496
In Bezug auf Abfindungsansprüche, die den Zugewinnausgleich ersetzen, hat der BFH in seiner Entscheidung vom 1.9.2021 das Begriffspaar "Pauschalabfindung" und "Bedarfsabfindung" geschaffen. Eine Pauschalabfindung liege dann vor, wenn bereits vor der Ehe eine Abfindung gezahlt wird, um einen möglicherweise entstehenden Zugewinnausgleichsanspruch auszuschließen. In Anlehnung an die bisherige Rspr. unterliege diese der Schenkungssteuer, da der nur möglicherweise entstehende Zugewinnausgleichsanspruch nach § 7 Abs. 3 ErbStG nicht als Gegenleistung berücksichtigt wird.
Davon zu unterscheiden sei die Bedarfsabfindung. Eine solche sei gegeben, wenn eine umfassende individuelle Regelung der Scheidungsfolgen vorliegt (Vertragskonvolut), die einem Interessenausgleich der Eheleute dient, wodurch keine Einzelleistungen isoliert betrachtet werden können, und die Abfindung erst im Fall der Beendigung der Ehe gezahlt werden soll.
Diese Bedarfsabfindung soll aus mehreren Gründen nicht von der Schenkungsteuer umfasst sein. Dadurch, dass die Einzelleistungen nicht isoliert betrachtet werden können, steht aufgrund des Interessensausgleichs jeder Einzelleistung eine Gegenleistung gegenüber. Es fehle daher bereits an der objektiven Unentgeltlichkeit. Zudem liegt nach dem BFH kein subjektiver Wille zur Freigebigkeit vor, denn die Zahlung steht im Zusammenhang mit den Interessen der Ehegatten, die durch das Vertragskonvolut erreicht werden sollen, wie zum Beispiel dem Schutz vor unwägbaren finanziellen Belastungen oder dem Verhindern des Scheiterns des Ehevertrags aufgrund einer Inhaltskontrolle.
Die Entscheidung des BFH könnte so zu verstehen sein, dass die Bedarfsabfindung nicht nur im Falle der Scheidung, sondern bei jeglichem Ende der Zugewinngemeinschaft nicht als freigebige Zuwendung zu werten ist.
Mit Blick auf den vom BFH betonten subjektiven Willen zur Freigebigkeit dürfte die Bedarfsabfindung auch dann nicht steuerbar sein, wenn sich die Ehegatten (ernsthaft) trennen, d. h. von einem natürlichen Interessengegensatz der Ehegatten im Unterschied zu Vereinbarungen während der "intakten" Ehe auszugehen ist.
Ungeklärt ist weiterhin die Frage, wie eine Abfindung zu behandeln ist, die zwar erst bei Beendigung der Ehe gezahlt wird, der Ehevertrag aber kein umfassendes Vertragskonvolut enthält und die Abfindung dadurch nicht unter die Definition der Bedarfsabfindung des BFH fällt. Gegen eine freigebige Zuwendung spricht hier jedoch, dass im Ze...