Prof. Dr. Michael Fischer
Rz. 124
Für die Ergänzungs- bzw. Ersatztatbestände des § 7 Abs. 1 Nrn. 3–10 ErbStG fehlt es an mit § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a–j ErbStG vergleichbaren Sonderregelungen. Deswegen ist die Ausführung der Schenkung i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG unter Berücksichtigung der Textfassung der Ergänzungs- bzw. Ersatztatbestände durch Auslegung zu ermitteln.
Rz. 125
Soweit die Steuerbarkeit an vertragliche Vereinbarungen anknüpft, die anspruchs- bzw. rechtsbegründend sind, richtet sich die Ausführung nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Dies betrifft den Erwerb durch Vereinbarung einer Gütergemeinschaft, die Abfindung für den Erbverzicht und für aufschiebend bedingt bzw. befristete Ansprüche.
Rz. 126
Der Erwerb anlässlich der Genehmigung einer Schenkung entsteht nicht analog dem Rechtsgedanken des § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. e ErbStG mit der Genehmigung, sondern erst mit der Ausführung der Zuwendung. Entsprechendes gilt bei der vorzeitigen Herausgabe einer Nacherbschaft, dem Übergang des Vermögens aufgrund eines Stiftungsgeschäfts und bei der Aufhebung einer Stiftung oder eines Vereins. Im Fall der lebzeitigen Errichtung einer Familienstiftung nach liechtensteinischem Recht ist § 7 Abs. 1 Nr. 8 ErbStG erfüllt, sobald die Stiftung über die Erstausstattung tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ist aber nur einschlägig, wenn nicht ausnahmsweise eine Durchbrechung des sog. Trennungsprinzips nach dem maßgeblichen ausländischen Stiftungsrecht wegen umfangreicher Herrschaftsbefugnisse des Stifters gegeben ist oder weil die Stiftung im Hauptzweck der Hinterziehung deutscher Steuern dient, weshalb ihr aus Sicht der deutschen Rechtsordnung die Anerkennung verwehrt bleiben muss. In diesen Fällen geht das Stiftungsvermögen beim Tod des Stifters nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auf seine Erben über, da es nicht wirksam auf die Stiftung übertragen wurde. Die Steuer entsteht gem. § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG mit dem Tod des Stifters. Bei der Auflösung eines nach englischem Recht gegründeten Trusts entsteht die Steuer nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG nicht bereits im Zeitpunkt des Beschlusses über die Auflösung des Trusts, sondern erst mit der tatsächlichen Übertragung des auf den Begünstigten entfallenden Anteils.
Die Grundsätze der BFH-Entscheidung dürften in gleicher Weise für die Frage gelten, wann ein steuerpflichtiger Erwerb durch den Zwischenberechtigten nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG als ausgeführt gilt.