Karlheinz Konrad, Dr. Armin Pahlke
Rz. 4
Die nach dem ErbStG erhobene Erbschaft- und Schenkungsteuer erfasst den außerordentlichen Vermögenszugang beim Erwerber. Gegenstand der Besteuerung ist zunächst der unentgeltliche Übergang von Vermögen von Todes wegen. Die Schenkungsteuer – sie ist der Erbschaftsteuer gem. § 1 Abs. 2 ErbStG grundsätzlich gleichgestellt – besteuert den Vermögensanfall unter Lebenden. Damit soll zwar eine Umgehung der Erbschaftsteuer durch eine vorweggenommene Erbfolge ausgeschlossen werden; die Besteuerung erfolgt aber – unabhängig davon, ob ein Erbfall vorweggenommen wird oder nicht – allein deswegen, weil es wie im Erbfall zu einem unentgeltlichen Übergang von Vermögen kommt. Neben diese klassischen Steuergegenstände der Erbschaft- und Schenkungsteuer ist seit der Erbschaftsteuerreform des Jahres 1974 die Ersatzerbschaftsteuer getreten. Sie unterwirft das Vermögen von Familienstiftungen oder Familienvereinen im Turnus von 30 Jahren der Erbschaftsteuer. Ihrer "formalen Ausgestaltung" nach ist die Erbschaft- und Schenkungsteuer eine Verkehrsteuer, wobei ihr Steuerzugriff vornehmlich (insb. in §§ 3–9 ErbStG) an die zivilrechtlichen Vorgegebenheiten des Vermögensübergangs anknüpft. Diese Regelungstechnik hat Auswirkungen auf die Auslegung des ErbStG (vgl. dazu Rz. 45 ff.).
Rz. 5
Nach ihrer Erhebungsform ist die Erbschaftsteuer eine Erbanfallsteuer. Als solche erfasst sie die Bereicherung, die dem einzelnen Erwerber aufgrund des Erbfalls bzw. der Schenkung zufließt. Als alternative Erhebungsform käme an sich auch die Versteuerung des Nachlasses selbst in Betracht. Eine solche Nachlasssteuer würde unmittelbar den gesamten Nachlass entsprechend seinem Wert belasten. Die Umgestaltung des ErbStG zur Erhebung einer Nachlasssteuer ist zwar immer wieder erwogen, letztlich jedoch verworfen worden.
Rz. 6
Die Erbschaft- und Schenkungsteuer ist eine Landessteuer. Die Verwaltungs- und Ertragshoheit steht den einzelnen Bundesländern zu. Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das ErbStG folgt aus Art. 105 Abs. 2 i. V. m. Art. 72 Abs. 2 GG. Dies hat das BVerfG zwar explizit nur im Hinblick auf die Kompetenz des Bundes für die Verschonungsregelungen nach §§ 13a und 13b ErbStG ausgesprochen. Die für die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ausschlaggebende Erwägung einer andernfalls drohenden Rechtszersplitterung durch unterschiedliche ländergesetzliche Regelungen und eines dadurch bedingten Koordinierungs- und Administrierungsaufwands zur Vermeidung von Doppelbelastungen – man denke nur an erforderliche Doppelbesteuerungsabkommen auf Ebene der Bundesländer – gilt jedoch für die Gesamtmaterie des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts.
3.1 Leistungsfähigkeitsprinzip
Rz. 7
Ihre Rechtfertigung findet die Erbschaft- und Schenkungsteuer letztlich im Leistungsfähigkeitsprinzip, dem allerdings für die konkrete Ausgestaltung der Erbschaftsteuer – abgesehen von den nachfolgenden verfassungsrechtlichen Maßgaben – nur vage Leitlinien zu entnehmen sind. Eine den Steuerzugriff begrenzende Wirkung kann das Leistungsfähigkeitsprinzip allerdings von vornherein nicht entfalten, wenn der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des ErbStG durch Verschonungsregelungen in verfassungsrechtlich zulässiger Weise außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele verfolgt.
3.2 Grundrechtliche Bindungen
Rz. 8
Spezifische verfassungsrechtliche Grenzen der Erbschaftsteuer ergeben sich zunächst aus der Erbrechtsgarantie, die insbesondere in Gestalt der Testierfreiheit und des Verwandtenerbrechts die Eigentumsgarantie ergänzt. Zwar verstößt die Erbschaftsteuer als solche nicht gegen die verfassungsrechtliche Garantie des Erbrechts. Schon in seinen Beschlüssen vom 22.6.1995 hat das BVerfG jedoch dem Zugriff durch die Erbschaftsteuer spezifische Grenzen gesetzt: Die Erbschaftsteuer mindert für den Stpfl. den Wert seines Erbes. Ihre Ausgestaltung und Bemessung muss den grundlegenden Gehalt der Erbrechtsgarantie, zu dem die Testierfreiheit und das Prinzip des Verwandtenerbrechts gehören, wahren. Die St...