Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 601
Zeitliche Anwendung. § 8 Abs. 2 aF war erstmals auf Wirtschaftsjahre ausländischer Zwischengesellschaften anzuwenden, die entweder am 31.12.1971 oder im Veranlagungs- bzw. Erhebungszeitraum 1972 endeten. Die Vorschrift war letztmals auf Wirtschaftsjahre ausländischer Zwischengesellschaften anzuwenden, die vor dem 1.1.2001 begannen (§ 21 Abs. 7 Satz 6). Die entsprechenden Hinzurechnungsbeträge konnten also im Jahr 2001 noch unter Anwendung des § 8 Abs. 2 aF, des § 11 aF, des § 13 aF und des § 14 Abs. 2 aF hinzuzurechnen sein. Deshalb soll die Vorschrift vorläufig weiterkommentiert bleiben. Auf Hinzurechnungsbeträge, die aus Wirtschaftsjahren stammen, die ab dem 1.1.2001 begannen, findet allerdings § 8 Abs. 1 Nr. 8 und 9 Anwendung. Insoweit entfällt die Anwendung des 8 Abs. 2 aF insgesamt, des § 11 aF, des § 13 aF und des § 14 Abs. 2 aF Um die zeitlichen Besonderheiten deutlich zu machen, wird auf die alte Fassung des 8 Abs. 2 stets mit dem Zusatz "a.F." verwiesen.
Rz. 602
Ausländische Holdinggesellschaften. Das Problem ausländischer Holdinggesellschaften wurde im Außensteuergesetz aF an drei Stellen angesprochen (§ 8 Abs. 2 aF, § 13 aF und § 14 aF), darunter an erster Stelle in § 8 Abs. 2 aF Im Gegensatz zu § 13 aF war es für die Anwendung von § 8 Abs. 2 aF unerheblich, ob der oder die unbeschränkt steuerpflichtige(n) Anteilseigner inländische Kapitalgesellschaften oder im Inland ansässige natürliche Personen waren. § 8 Abs. 2 aF betraf nicht nur reine Holdinggesellschaften, deren Zweck ausschließlich in der Verwaltung von Beteiligungen besteht, sondern ebenso andere ausländische Gesellschaften, soweit sie neben anderen Tätigkeiten Holding-Funktionen ausübten. Projiziert man den in § 8 Abs. 1 Nr. 1–7 aF enthaltenen Tätigkeitskatalog auf die sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG, so waren die zu den Einkünften aus Kapitalvermögen zählenden Beteiligungserträge in § 8 Abs. 1 Nr. 1–7 nicht erwähnt. Im Grundsatz fielen also vor dem Jahr 2001 Beteiligungserträge unter die Einkünfte aus passivem Erwerb. Dies galt unabhängig davon, ob sie unmittelbar als gewerbliche Beteiligungserträge erzielt wurden oder ob sie wegen der Rechtsform der ausländischen Gesellschaft (§ 8 Abs. 2 KStG) steuerrechtlich als Einkünfte aus Gewerbebetrieb galten.
Rz. 603
Unterschiede zwischen § 8 Abs. 2 aF und § 13 aF Von diesem Grundsatz begründete § 8 Abs. 2 aF zwei und § 13 aF zwei weitere Ausnahmen, dh. unter bestimmten, in § 8 und § 13 aF niedergelegten Voraussetzungen wurden die Beteiligungserträge einer ausländischen Gesellschaft nicht der Hinzurechnungsbesteuerung unterworfen. Allerdings unterschieden sich §§ 8 Abs. 2 und 13 aF von der Rechtsfolge her wesentlich. Während § 8 Abs. 2 aF bestimmte Beteiligungserträge als solche aus aktiven und damit unschädlichen Tätigkeiten qualifizierte, nahm § 13 aF an sich "passive Einkünfte" aus der Hinzurechnungsbesteuerung nur heraus. § 13 aF neutralisierte also lediglich Einkünfte aus passivem Erwerb in der Besteuerungsfolge; die Bestimmung qualifizierte die Einkünfte jedoch nicht um. Die Unterscheidung hatte Auswirkungen auf die Auslegung der Bestimmungen, die von den Einkünften sprechen, für die eine ausländische Gesellschaft Zwischengesellschaft ist (vgl. §§ 9, 10, 14). Entsprechendes galt für die Bestimmungen, die voraussetzten, dass eine Gesellschaft ihre Bruttoerträge ausschließlich oder fast ausschließlich aus unter § 8 Abs. 1 Nr. 1–6 oder Abs. 2 aF fallenden Tätigkeiten erzielte (vgl. § 26 Abs. 2–5 KStG aF, §§ 9 und 12 GewStG aF und 102 BewG aF). In beiden Fallgruppen waren jeweils die unter § 8 Abs. 2 aF fallenden Beteiligungserträge begünstigt; die unter § 13 aF fallenden waren es dagegen nicht.
Rz. 604
Landes- und Funktionsholding. Die in § 8 Abs. 2 aF geregelten Ausnahmetatbestände wurden üblicherweise mit der Kurzformel "Landesholding" (Nr. 1) und "Funktionsholding" (Nr. 2) gekennzeichnet und voneinander unterschieden. Da es um die von einer ausländischen Gesellschaft erzielten (und nicht um die von ihr ausgeschütteten) Beteiligungserträge ging, drückte sich in den Bezeichnungen jeweils eine bestimmte Beziehung der die Beteiligungserträge empfangenden ausländischen Gesellschaft (Obergesellschaft) zu der sie ausschüttenden, nachgeschalteten Gesellschaft (Untergesellschaft) aus. Bei der Landesholding mussten Ober- und Untergesellschaft den Sitz und die Geschäftsleitung in demselben ausländischen Staat haben. Bei der Funktionsholding trat an die Stelle der Staatsverbindung der funktionale Zusammenhang zwischen dem Gegenstand der beiden Gesellschaften. Außerdem stellte das Gesetz für Landes- und Funktionsholding weitere gemeinsame Voraussetzungen auf. Im Einzelnen: