Rz. 38
Nur Aktien und Genussscheine in bestimmter Verwahrform. Die zusätzlichen Entlastungsvoraussetzungen des § 50j EStG gelten durch die Bezugnahme des Satzes 1 auf § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG – vorbehaltlich der Erweiterung des Anwendungsbereichs durch Satz 2 (s. dazu Rz. 43 f.) – nur für Einkünfte aus Aktien und beteiligungsähnlichen Genussscheinen (s. Rz. 30 ff.), die "entweder gemäß § 5 des Depotgesetzes zur Sammelverwahrung durch eine Wertpapiersammelbank zugelassen sind und dieser zur Sammelverwahrung im Inland anvertraut wurden, bei denen eine Sonderverwahrung gemäß § 2 Satz 1 des Depotgesetzes erfolgt oder bei denen die Erträge gegen Aushändigung der Dividendenscheine oder sonstigen Erträgnisscheine ausgezahlt oder gutgeschrieben werden". Damit sind drei verschiedene Verwahrformen angesprochen, von denen die derzeit bedeutendste die erste ist, nämlich die inländische Sammelverwahrung durch eine Wertpapiersammelbank.
Rz. 39
Inländische Sammelverwahrung durch die Clearstream Banking AG. Einkünfte aus Aktien oder Genussscheinen können unter die Regelung des § 50j EStG fallen, wenn sie gem. § 5 DepotG zur Sammelverwahrung bei einer Wertpapiersammelbank zugelassen sind und auch in dieser Weise im Inland verwahrt werden sollen. Ob die Wertpapiersammelbank die Wertpapiere allerdings tatsächlich vertragsgemäß im Inland verwahrt, ist nach dem Wortlaut der Regelung unerheblich. Die derzeit einzige deutsche Wertpapiersammelbank ist die Clearstream Banking AG. Diese verwahrt offenbar aktuell das Gros der deutschen börsennotierten Aktien in sog. Girosammelverwahrung. Für die ausländische Verwahrung bei einer Wertpapiersammelbank gilt Satz 2 (s. Rz. 43).
Rz. 40
Sonderverwahrte Aktien und Genussscheine. Auch Einkünfte aus Aktien oder Genussscheinen, die sich in Sonderverwahrung nach § 2 Satz 1 DepotG bei einem gewerblichen Verwahrer (§ 1 Abs. 2 DepotG) befinden (sog. Streifbandverwahrung), fallen unter die Regelung des § 50j EStG. Eine Sonderverwahrung erfolgt nach der Regelung des DepotG in Fällen, in denen die Wertpapiere nicht zur Sammelverwahrung zugelassen sind, oder auf besonderen Wunsch des Hinterlegers. Bei der Sonderverwahrung ist eine Verwahrung im Inland nicht erforderlich.
Rz. 41
Aktien und Genussscheine mit Kupons. Die dritte Alternative des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG betrifft nicht im eigentlichen Sinne eine besondere Verwahrform der Wertpapiere, sondern die Existenz sog. effektiver Stücke, also auf Papier gedruckten Wertpapieren mit entsprechenden Dividenden- oder sonstigen Erträgnisscheinen (sog. Kupons). Wo und wie diese körperlichen Wertpapiere verwahrt werden, ist nach der Regelung des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG irrelevant, so dass bei körperlichen Aktien oder Genussscheinen, die sich in der Hand des Gläubigers der Kapitalerträge (vgl. Rz. 58) befinden, stets der Anwendungsbereich des § 50j EStG eröffnet ist. Die Ausgabe derartiger Wertpapiere ist derzeit auf dem Kapitalmarkt unüblich. Sie setzt beispielsweise zur Geltendmachung eines Dividendenanspruchs die körperliche Übergabe eines Kupons an die Aktiengesellschaft oder den Schuldner eines Genussscheins voraus.
Rz. 42
Nicht erfasste Verwahrformen. Die Tauschverwahrung nach § 10 DepotG und die unregelmäßige Verwahrung nach § 15 DepotG sind in § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG nicht angesprochen. Werden Aktien oder Genussscheine in diesen Verwahrformen gehalten, ist § 50j EStG seinem Wortlaut nach nur dann anwendbar, wenn die Verwahrung durch eine Wertpapiersammelbank im Ausland erfolgen soll, da der Satz 2 insoweit nicht nach der Art der Verwahrung differenziert (s. Rz. 43). Diese Benachteiligung der Auslandsverwahrung ist jedoch auch hier aus teleologischen und unionsrechtlichen Gründen abzulehnen (vgl. Rz. 30, 32 und 36).