Rz. 191
Gläubiger der Kapitalerträge oder Vergütungen. Der Tatbestand des Satzes 11 geht zunächst von dem Gläubiger der Kapitalerträge oder Vergütungen aus. Dies ist die Person, der die Kapitalerträge oder Vergütungen steuerlich zuzurechnen sind. Satz 11 setzt des Weiteren voraus, dass diesem Gläubiger die Einkünfte nach dem Steuerrecht eines der beteiligten Staaten nicht zuzurechnen sind.
Rz. 192
Von der materiellen Anspruchsberechtigung abweichende steuerliche Zurechnung. Da dem Gläubiger nach deutschem Recht die Kapitalerträge oder Vergütungen stets zuzurechnen sein dürften, dürfte in der Praxis die vom Gesetz vorgesehene Alternative, dass die Divergenz darauf beruht, dass diesem die Einkünfte nach dem deutschen Gesetz nicht zugerechnet werden, kaum denkbar sein. Die Anwendung von Satz 11 setzt jedenfalls eine von der materiellen Anspruchsberechtigung abweichende steuerliche Zurechnung voraus. Damit fordert das Gesetz die Nutzungsberechtigung an den betreffenden Einkünften. Nutzungsberechtigt in diesem Sinne und deshalb formal entlastungsberechtigt kann – nach dem jeweiligen ausländischen Recht – die Beteiligungs-(Kapital-)Gesellschaft sein, aber auch deren Gesellschafter. Ist die Beteiligungs-(Kapital-)Gesellschaft nutzungsberechtigt, kommt es für die Erstattung nicht auf die Person des Gesellschafters der hybriden Gesellschaft an. Folglich ist es unerheblich, wo diese Person ansässig ist. Ist hingegen der Gesellschafter der Beteiligungs-(Kapital-)Gesellschaft nutzungsberechtigt, kommt es indes auf den Gesellschafter an. Dies kann zur Folge haben, dass Kapitalertragsteuer-Bescheinigung und Entlastungsberechtigung auseinanderfallen können. Die Gesetzesbegründung könnte zwar dahingehend zu verstehen sein, dass dieser letztgenannte Fall nicht geregelt sein mag. Allerdings findet dieser vermeintliche Wille keinen Ausdruck in dem klaren Regelungstext des Gesetzes.
Rz. 193
Problematische Konstellation. Sehr problematisch erscheint auch die Konstellation, dass die Entlastungsberechtigung für die Beteiligungskapitalgesellschaft einerseits und deren Gesellschafter andererseits aufgrund abkommens- oder unionsrechtlicher Voraussetzungen auseinanderfallen und der eine Entlastungsanspruch dem nach dem Recht des anderen Vertragsstaats nutzungsberechtigten Gesellschafter i.S.v. § 50d Abs. 1 Satz 11 zusteht, während der andere Entlastungsanspruch jedoch der zahlungsempfangenden Kapitalgesellschaft zusteht, welcher die Dividende nach nationalem Recht zuzurechnen ist. In diesen Konstellationen könnten die Erstattungsansprüche nach § 50d Abs. 1 Satz 11 und § 50d Abs. 1 Satz 2 nebeneinanderstehen. Insoweit besteht jedoch Unklarheit.