Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 482
Durch die o.g. (Anm. 401) Begrenzung der Pauschalierungs- und Erlassmöglichkeiten unterscheidet sich § 34 c Abs. 5 von § 50 Abs. 7 EStG und von §§ 163, 227 AO 1977.
Rz. 483
§ 34 c Abs. 5 betrifft auch andere Fälle als § 50 Abs. 7 EStG. Nach letzterer Vorschrift kann die deutsche Steuer, die für einen beschränkt Stpfl. auf seine Inlandseinkünfte entfällt, erlassen oder pauschaliert werden. Dagegen ermöglicht § 34 c Abs. 5, die auf ausländische Einkünfte entfallende Steuer eines unbeschränkt Stpfl. zu ermäßigen.
Rz. 484
§ 34 c Abs. 5 EStG ähnelt § 163 AO, wobei letztere Vorschrift als allgemeine Billigkeitsmaßnahme jedoch in den Voraussetzungen und Rechtsfolgen grundsätzlich weiter gefasst ist. Nach § 163 AO ist eine niedrigere Steuerfestsetzung und die Ausklammerung einzelner Besteuerungsgrundlagen möglich. Nach beiden Vorschriften ist der vollständige Erlass der auf bestimmte ausländische Einkünfte entfallenden deutschen Steuer zulässig. Auch erfolgt die Anwendung des § 163 AO – wie die des § 34 c Abs. 5 EStG – im Veranlagungsverfahren. Anders als § 163 AO verlangt § 34 c Abs. 5 EStG spezifisch volkswirtschaftliche Gründe für den Erlass, die auch bei einer Gruppe von Stpfl. vorliegen können, während § 163 AO als Einzelfallmaßnahme zur Herstellung individueller Steuergerechtigkeit ausgeformt ist. Ferner ist für einen Erlass nach § 163 AO die Zustimmung des Bundesministers der Finanzen nicht notwendig. Im Unterschied zu § 34 c Abs. 5 EStG sieht § 163 AO darüber hinaus auch die Einbeziehung der vollständigen deutschen Steuer und – verfahrensmäßig – die Gewährung der Vergünstigung unabhängig von der Steuerfestsetzung vor. Obwohl § 163 AO auch einer abweichenden Steuerfestsetzung im Erhebungsverfahren nicht entgegensteht, erfolgt der Rechtsschutz über den Rechtsbehelf des Einspruchs nach § 347 AO bzw. – bei isolierten Entscheidungen der obersten Landesfinanzbehörden – über die Klage zum Finanzgericht (§ 348 Nr. 3 AO iVm. § 44 FGO). Dagegen meinen Gosch und Wilke, § 34 c Abs. 5 EStG sei ein Unterfall des § 163 AO, also lex specialis. Der Streitentscheid hatte früher die Auswirkung auf den Rechtsschutz, ob eine Beschwerde oder ein Einspruch statthaft war. Seit der einheitlichen Regelung des Rechtsschutzes in den §§ 347 ff. AO durch das GrenzpendlerG v. 24.6.1994 wurde die Zweigleisigkeit des Verfahrens beseitigt, sodass gegen nach dem 31.12.1995 bekannt gegebene Verwaltungsakte nur noch einheitlich der Einspruch statthaft ist. Die Entscheidung der Frage hat jedoch die Auswirkung auf das Vorhandensein einer selbständigen Beschwer (§ 350 AO). Indem der Stpfl. durch die Entscheidung nach § 34 c Abs. 5 EStG nicht beschwert ist (vgl. Anm. 463), sondern erst durch die Steuerfestsetzung, stellt die Billigkeitsmaßnahme nach § 163 AO den Gegenstand eines besonderen Verwaltungsakts dar, die lediglich mit der Steuerfestsetzung gebunden werden kann, sodass gegen die abweichende Festsetzung nach § 163 AO ein Einspruch eingelegt werden kann. Die Meinung, dass es sich bei der Maßnahme nach § 34 c Abs. 5 EStG um einen Unterfall der Maßnahme nach § 163 AO handelt, ist aus folgenden Gründen abzulehnen: Zum einen gibt es dafür, dass § 34 c Abs. 5 EStG ein Unterfall des § 163 AO sein soll, keinerlei Anhaltspunkte. Vielmehr berechtigt § 34 c Abs. 5 EStG zu Billigkeitsmaßnahmen aus spezifisch außenwirtschaftlichen Gründen, während § 163 AO vorrangig Billigkeitsmaßnahmen aus persönlichen oder im deutschen Steuerrecht liegenden Gründen vorsieht. Zum anderen ist § 34 c Abs. 5 EStG eine Steuervergünstigung, die einen unselbständigen Teil der Steuerfestsetzung darstellt und in deren Vorfeld angesiedelt ist, sodass sie nicht als selbstständig anfechtbare Steuerfestsetzung gelten sollte.
Rz. 485
Im Unterschied zu den oben besprochenen Steuerermäßigungen, die bereits im Veranlagungsverfahren gewährt werden können, ist der Erlass nach § 227 AO lediglich bei bestandskräftig festgesetzten Steuern möglich. Der Erlass nach § 227 AO bezieht sich, anders als § 34 c Abs. 5 EStG, nicht auf Besteuerungsgrundlagen, sondern auf einen Teil des gesamten Steuerbetrags. Er stellt sich mithin nicht als Maßnahme im Steuerfestsetzungsverfahren, sondern im Steuererhebungsverfahren dar. Gegen ihn ist der Einspruch nach § 347 Abs. 1 Nr. 1 AO statthaft.
Rz. 486– 490
frei
Rz. 491
Die obersten Landesfinanzbehörden und die von ihnen beauftragten Finanzbehörden sind zum vollständigen oder teilweisen Erlass der anteiligen deutschen Steuer ermächtigt. Wieweit der Erlass geht, muss sich nach dem Erlassgrund, also den volkswirtschaftlichen Gründen oder der Schwierigkeit der Anrechnung nach § 34 c Abs. 1 EStG, richten. Allgemeine Grundsätze über den Umfang des zu gewährenden Erlasses sind bislang nicht veröffentlicht worden.