1.

  b) gegenüber dem Steuerpflichtigen oder der Steuerpflichtige gegenüber dieser Person Anspruch auf mindestens ein Viertel des Gewinns oder des Liquidationserlöses hat; oder ...
 

Rz. 521.1

[Autor/Stand] Anspruch auf Gewinn oder Liquidationserlös. Nach dem durch das ATADUmsG[2] neu eingefügten § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b wird ein Nahestehen begründet, wenn die Person gegenüber dem Stpfl. oder der Stpfl. gegenüber dieser Person Anspruch auf mindestens ein Viertel des Gewinns oder Liquidationserlöses hat. Diese Erweiterung des sachlichen Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ist auf Art. 2 Abs. 4 Buchst. a der EU-ATAD-Richtlinie zurückzuführen und soll Umgehungsgestaltungen verhindern. Welche Fallgestaltungen davon praktisch erfasst sein sollen, bleibt aber unklar. Die Regelung dürfte auf den Einsatz von als aggressiv oder missbräuchlich angesehenen Finanzierungsinstrumenten durch mehrere, eigentlich nicht nahestehende Stpfl. abzielen.[3] Im Fokus stehen insbesondere Fremdkapitalgeber, wenn sie Anspruch auf eine gewinnabhängige Verzinsung haben, welche mindestens 25 % des Gewinns umfasst (z.B. aktienähnliche Genussrechte).[4] Hierbei ist entscheidendes Abgrenzungskriterium für das Vorliegen von Fremdkapital nach Auffassung der Finanzverwaltung i.d.R. eine bestehende Rückzahlungsverpflichtung.[5] Der Wortlaut der Neuregelung der Nr. 1 Buchst. b bezieht sich ausdrücklich auf einen "Anspruch" auf den Gewinn oder Liquidationserlös. Ob ein solcher tatsächlich entsteht, ist unerheblich. Der Anspruch muss lediglich rechtlich wirksam und durchsetzbar sein ("hat"); eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung ist nicht erforderlich.[6] Das Gesetz enthält keine Konkretisierung des Gewinns bzw. des Liquidationserlöses, worauf der Anspruch des Stpfl. bestehen soll. Hierzu lässt sich auf die von der Rechtsprechung und der Finanzverwaltung zu eigenkapitalähnlichen Genussrechten herausgearbeiteten Merkmale zurückgreifen. Die steuerliche Beurteilung von Genussrechten erfolgt nach allgemeiner Auffassung allein nach Maßgabe der in § 8 Abs. 3 Satz 2, 2. Alt. KStG niedergelegten und entsprechend für Zwecke des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG geltenden Kriterien der "Beteiligung am Gewinn" und der "Beteiligung am Liquidationserlös."[7] Infolgedessen fallen Einnahmen aus Genussrechten, mit denen sowohl eine Beteiligung am Gewinn als auch am Liquidationserlös verbunden ist, nicht unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, sondern unter § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG.[8] Dem liegt die Erwägung zu Grunde, dass ein Genussrechtsinhaber mit Beteiligung am Gewinn und Liquidationserlös wirtschaftlich gesehen eine vergleichbare Stellung hat wie ein "echter" Gesellschafter der Kapitalgesellschaft, so dass auch die Genussrechtsvergütungen für steuerliche Zwecke mit (offenen oder verdeckten) Ausschüttungen auf Gesellschaftsanteile gleichgestellt werden.[9] Allerdings geht die Regelung des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b deutlich weiter, indem ein Nahestehen (also eine mit einem Gesellschafter vergleichbare Stellung) angenommen wird, wenn die Person gegenüber dem Stpfl. oder der Stpfl. gegenüber dieser Person Anspruch auf mindestens ein Viertel des Gewinns oder des Liquidationserlöses hat. Mithin sollen die beiden Kriterien nicht kumulativ – wie dies für das Vorliegen von Genussrechten mit eigenkapitalähnlichem Beteiligungscharakter erforderlich ist[10] – erfüllt sein. In praktischer Hinsicht kann diese Regelung insoweit zu systematisch verwunderlichen Konstellationen führen. Begründet z.B. ein Darlehensvertrag mit einem Gewinnanspruch von mindestens 25 % ein Nahestehen, kommt es in diesem Fall zu einem Zirkelschluss, wenn aufgrund des Nahestehens eine Prüfung der Fremdüblichkeit des gerade den Tatbestand begründenden Gewinnanspruchs nach § 1 Abs. 1 AStG vorzunehmen wäre.[11]

 

Rz. 521.2

[Autor/Stand] Beispiele. Unter § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b fallen beispielhaft stille Beteiligungen, inkongruente Gewinnabreden, eigenkapitalähnliche Genussrechte, gewinnabhängige Darlehen sowie Anfallsberechtigungen bei Stiftungen.[13] Eine 25%ige Beteiligung am Liquidationserlös sollte auch bei Joint-Venture-Kooperationen geprüft werden, wenn die Kapitalbeteiligung des Stpfl. unter 25 % liegt.

 

Rz. 521.3

[Autor/Stand] Anspruch auf Gewinn. In Anlehnung an die zu eigenkapitalähnlichen Genussrechten herausgearbeiteten Abgrenzungskriterien umfasst ein Anspruch auf Gewinn jede erfolgsabhängige Vergütung für die Überlassung von Fremdkapital. Erforderlich ist also eine Berechnung der Vergütung auf Grundlage einer am Ergebnis der Kapitalgesellschaft oder Personengesellschaft bezogenen Bemessungsgrundlage.[15] Mögliche Bezugsgrößen können somit der Jahresüberschuss, der ausschüttungsfähige Gewinn, der Bilanzgewinn, die Dividende oder auch eine andere aus dem Jahresabschluss abgeleitete Kennziffer sein.[16] Der Anspruch auf Gewinn kann sich nach der ausgeschütteten Dividende des Emittenten richten, aber auch von dieser abweichen.[17] Ausreichend ist neben einer unmittelbaren Erfol...

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