Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 129
Grundsatz. Nach § 34 c Abs. 1 ist bei unbeschränkt Stpfl., die mit ihren aus einem ausländischen Staat stammenden Einkünften in diesem Staat zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen. Daraus leitet man das Erfordernis der Identität des Steuersubjekts ab. Der in Deutschland unbeschränkt Stpfl. muss gleichzeitig derjenige sein, der im Ausland zur Steuer herangezogen wird. Wer im Inland einerseits und im Ausland andererseits steuerpflichtig ist, ergibt sich aus dem jeweiligen in- und ausländischen innerstaatlichen Steuerrecht. Dabei ist nicht auf die die Steuer zahlende Person (zB Einbehaltung von Quellensteuer) abzustellen, sondern auf die Person, die den Steuertatbestand als Steuersubjekt verwirklicht. Das Erfordernis der Identität des Steuersubjekts entspricht der Überlegung, dass § 34 c nur die Doppelbesteuerung (Erhebung vergleichbarer Steuern in mehreren Staaten von demselben Stpfl. für denselben Steuergegenstand), nicht aber die wirtschaftliche Doppelbelastung vermeiden will. Deshalb wird zB nicht die ausländische Körperschaftsteuer einer ausschüttenden Gesellschaft auf die Einkommensteuer des Anteilseigners angerechnet. Das Erfordernis der Steuersubjektidentität bedeutet allerdings auch, dass das ausländische Steuerrecht einerseits und das deutsche Steuerrecht andererseits die Einkünfte derselben Person als Erzielungssubjekt zurechnen müssen.
Rz. 130
Qualifikationskonflikte. Zwischen dem ausländischen und dem inländischen Steuerrecht sind aber die unterschiedlichsten Qualifikationskonflikte denkbar. Insbes. kann das ausländische Recht einen Rechtsträger besteuern, der nach inländischem Steuerrecht nur transparent behandelt wird, und umgekehrt. In diesem Fall "korrigiert" Deutschland den Qualifikationskonflikt in dem Sinne, dass es die Steuer, die im Ausland von einem dort selbständigen Steuersubjekt erhoben wird, fiktiv als anteilige Steuer des Mitunternehmers behandelt. Wird nach ausländischem Steuerrecht eine Kapitalertragsteuer auf Entnahmen erhoben, so ist diese Steuer wie eine ausländische anzurechnen, die auf den Gewinnanteil des Entnahmejahrs erhoben wurde. Werden Sondervergütungen, die der Gesellschafter einer ausländischen Personengesellschaft von dieser erzielt, als Betriebsausgaben der Personengesellschaft behandelt, jedoch bei dem Gesellschafter einer besonderen Quellensteuer unterworfen, so kann diese Quellensteuer auf die deutsche Einkommensteuer des betroffenen Mitunternehmers unter den übrigen Voraussetzungen des § 34 c angerechnet werden. Wird eine inländische Kapitalgesellschaft im Ausland transparent besteuert, so kann die ausländische Steuer, die auf den Gewinn der Kapitalgesellschaft von den Gesellschaftern erhoben wird, fiktiv als Steuer der Kapitalgesellschaft behandelt und auf deren inländische Körperschaftsteuerschuld angerechnet werden. Entsprechendes gilt, wenn Sondervergütungen, die eine inländische Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter zahlt, im Ausland der Kapitalgesellschaft analog § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG zugerechnet werden.
Rz. 131
Identität des Steuersubjekts bei Haushaltsbesteuerung. Die Identität des Steuersubjekts geht nicht dadurch verloren, dass einer der beiden beteiligten Staaten eine Art von Haushaltsbesteuerung durchführt. In einem solchen Fall gelten die Grundsätze, die für die Zusammenveranlagung von Eheleuten im Inland gelten. Die im Ausland erhobene Steuer ist der Person zuzuordnen, die die ausländischen Einkünfte nach deutschem Steuerrecht erzielt. Der Stpfl., der die Anrechnung begehrt, trägt die Darlegungslast und ist nach § 90 Abs. 2 AO erweitert mitwirkungspflichtig.
Rz. 132
Organschaft, Treuhand-, Nießbrauchs- und Missbrauchsfälle. Eine gesetzliche Ausnahme von dem Grundsatz der Steuersubjektidentität gilt nach § 19 KStG für die Fälle der Organschaft. Hier werden die von der Organgesellschaft entrichteten ausländischen Steuern dem Organträger zugerechnet. Besteuert das Ausland treuhänderisch erzielte Einkünfte beim Treuhänder, so ist diese Steuer in entsprechender Anwendung von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO wie eine Steuer des Treugebers zu behandeln und ggf. zu seinen Gunsten anzurechnen. Entsprechendes kann in Nießbrauchsfällen gelten, wenn das Ausland die Einkünfte dem Nießbraucher und Deutschland dem Eigentümer zurechnet. Werden im Inland Einkünfte, die eine ausländische Kapitalgesellschaft erzielt, gem. § 42 AO einem hinter der Kapitalgesellschaft stehenden Gesellschafter als eigene zugerechnet, so ist es allein logisch konsequent, dem Gesellschafter auch die von der Kapitalgesellschaft entrichtete ausländische Steuer wie eine eigene zuzurechnen. Dies belegen auch §§ 12 und 15 Abs. 5 AStG, die im Bereich der Hinzurechnungsbesteuerung und im Bereich der Einkommenszurechnung von ausländischen Familienstiftungen ebenfalls auf das Erfordernis der Steuersu...