Rz. 1040

[Autor/Stand] Keine Beschränkung auf positiven oder nichtnegativen Einigungsbereich. Die gesetzliche Regelung des § 1 Abs. 3a Satz 5 beschränkt sich weder nach ihrem Wortlaut noch nach dem Willen des Gesetzgebers auf das vorgenannte Verhältnis der Lageparameter bzw. Grenzpreise zueinander (vgl. Rz. 1037).[2] Das Bestehen eines Einigungsbereichs wird vielmehr unabhängig davon angeordnet, wie die Lageparameter bzw. Grenzpreise konkret zueinander stehen. M.a.W. ist auch ein sog. negativer Einigungsbereich ein Einigungsbereich i.S.v. § 1 Abs. 3a Satz 5, d.h. der Bestimmung eines dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechenden Verrechnungspreises zugänglich.

 

Rz. 1041

[Autor/Stand] Preisuntergrenze überschreitet Preisobergrenze. Von einem negativen Einigungsbereich bzw. Kontraktbereich spricht man, wenn die Preisgrenze des leistenden Unternehmens die Preisgrenze des leistungsempfangenden Unternehmens überschreitet. In diesem Fall liegt begriffslogisch kein Einigungsbereich vor, weil es einem oder beiden Vertragspartner nicht möglich ist, den individuellen Grenzpreis, bei dem Entscheidungsindifferenz vorliegt, zu erzielen. Zwischen unabhängigen Unternehmen würde in diesem Fall keine Transaktion zustande kommen. Denn mindestens einer der Beteiligten müsste einen – unter Fremden nicht akzeptablen – Gewinnentgang in Kauf nehmen, was mit dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters nicht zu vereinbaren wäre. In diesem Fall ist ein Fremdvergleich weder in seiner tatsächlichen noch in seiner hypothetischen Form durchführbar, obwohl aufgrund des faktischen Kontrahierungszwangs zwischen den Konzernunternehmen die Notwendigkeit der Festsetzung eines Verrechnungspreises besteht.

 

Rz. 1042

[Autor/Stand] Abgrenzung zu negativen Preisgrenzen. Begrifflich abzugrenzen sind Fälle, in denen beide Preisgrenzen negativ sind, die Preisobergrenze des leistungsempfangenden Unternehmens aber die Preisuntergrenze des leistenden Unternehmens überschreitet, ein Einigungsbereich mithin gegeben ist. Eine solche Situation kann sich etwa im Zusammenhang mit einer Funktionsverlagerung dann einstellen, wenn eine Verlustfunktion verlagert wird und es auch dem funktionsaufnehmenden Unternehmen nicht möglich ist, mit dieser Funktion Gewinne zu erwirtschaften.[5] Hier besteht für Verrechnungspreiszwecke die Fragestellung darin, die vom verlagernden Unternehmen zu leistende Kompensationszahlung für die Übernahme der Verlustquelle zu bestimmen. Sie beantwortet sich – im Hinblick auf die Preisbestimmung – grundsätzlich nach denselben Regeln wie bei der Übertragung von profitablen Funktionen. Allerdings wird über die Bestimmung eines Preises innerhalb des Einigungsbereichs die Kompensationszahlung so bestimmt, dass keiner der Kontrahenten sich gegenüber seinen die jeweilige Preisgrenze bestimmenden alternativen Handlungsmöglichkeiten verschlechtert. Während das verlagernde Unternehmen seine Verlustquelle gegen eine solche Kompensationszahlung überträgt, die hinter seinen erwarteten Verlusten aus der fortgeführten Funktionsausübung – regelmäßig – zurückbleibt, wird das übernehmende Unternehmen qua Kompensationszahlung so gestellt, dass die erwarteten Verluste aus der Übernahme der Verlustfunktion mindestens ausgeglichen werden. Was die Aufteilung des Einigungsbereichs anbelangt, muss im Zusammenhang mit Verlustquellen berücksichtigt werden, dass eine bloße Verlustfreistellung des übernehmenden Unternehmens dem Fremdvergleichsgrundsatz nicht genügt. Als weiterer Aspekt muss mit einbezogen werden, dass aus Sicht des übernehmenden Unternehmens auch die Ausübung defizitärer Funktionen nicht unentgeltlich erfolgt, sondern eine Funktionsvergütung erfordert, die die Kompensationszahlung erhöht. Dagegen findet das Prognoserisiko bereits bei der Kalkulation der jeweiligen Preisgrenze Berücksichtigung, wobei dies allerdings – jedenfalls wenn die Transparenzfiktion des § 1 Abs. 1 Satz 3 "konsequent" angewendet wird – mit umgekehrten Vorzeichen erfolgt (Zuschläge beim übertragenden und Abschläge beim übernehmenden Unternehmen).

 

Rz. 1043

[Autor/Stand] Gesetzliche Regelungen. Im Hinblick auf die Simulation des Preisbildungsprozesses regelt § 1 Abs. 3a Satz 5, dass sich "regelmäßig aus dem Mindestpreis des Leistenden und dem Höchstpreis des Leistungsempfängers ein Einigungsbereich" ergibt. Die Gesetzesbegründung weist zutreffend darauf hin, dass "bei einem unterstellten rationalen Verhalten unabhängiger Entscheidungsträger eine Einigung nur dann zustande kommt, wenn die Preisobergrenze des Nachfragers über der Preisuntergrenze des Anbieters liegt", und thematisiert erstmals die Realität eines sog. negativen Einigungsbereichs ("Bei einem negativen Einigungsbereich, also wenn die Preisuntergrenze oberhalb der Preisobergrenze liegt, (...)").[7] In diesen Fällen soll allerdings lediglich zu prüfen sein, ob die Ursachen in einem weiteren Geschäftsvorfall oder in weiteren Geschäftsvorfällen begründet liegen und dementsprechend insbesondere der Höchstpr...

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