..., welche Risiken diesbezüglich jeweils übernommen ...

a) Einfluss des Risikoprofils auf die Verrechnungspreisbestimmung

 

Rz. 637

[Autor/Stand] Grundsätze. Ähnlich wie das Vorhandensein von Funktionen und der mit ihnen verbundenen Möglichkeiten, durch Ausübung der Funktion einen Beitrag zur Wertschöpfung eines Unternehmens zu leisten, haben auch die wirtschaftlichen Risiken Einfluss auf die Wertschöpfungsmöglichkeiten. Mit der Ausübung einer betrieblichen Funktion ist – ökonomisch betrachtet – neben einer entsprechenden, dahinterstehenden Chance eines Wertzuwachses auch das "Risiko" eines Wertverlustes verbunden (bspw. Absatzrisiken im Vertriebsbereich). Durch die Verhinderung der Materialisierung eines wirtschaftlichen Risikos wird spiegelbildlich ein positiver Beitrag zur Wertschöpfung erzielt, der für die Wertentwicklung eines Unternehmens zu berücksichtigen ist.[2] Vor diesem Hintergrund hat – wie sich zeigen wird – die OECD den Bereich der Analyse von Risiken durch den sog. "Control-Over-Risk"-Ansatz auf Basis der aktuellen OECD-Leitlinien 2022 erheblich gestärkt. Die Ausübung einer Funktion sowie die Betrachtung des mit der Funktionsausübung implizierten Risikos sind daher stets gemeinsam zu betrachten. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Risiken automatisch den vorhandenen Funktionen folgen müssen.[3]

 

Rz. 638

[Autor/Stand] Vorliegen eines Risikos. Klärungsbedürftig ist zunächst die Frage, wann von einem Risiko im eigentlichen Sinne ausgegangen werden kann. Abzugrenzen ist der Begriff des "Risikos" vom allgemeineren Begriff der "Unsicherheit". Ein Risiko ist immer dann gegeben, wenn eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit des Eintritts eines Ereignisses gegeben ist, welches sich nachteilig auf Vermögenspositionen des Steuerpflichtigen auswirken kann.[5] Aus ökonomischer Perspektive handelt es sich bei einem Risiko mithin um eine – aufgrund fehlender Informationen bestehende – Unsicherheit über den Eintritt eines nachteiligen Ereignisses und der dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigung unternehmerischer Zielsetzungen.[6] Der Risikobegriff ist damit auch aus steuerlicher Sicht ein Produkt aus Schadenseintrittswahrscheinlichkeit und den daraus resultierenden wirtschaftlichen Folgewirkungen. Wichtig ist diese Erkenntnis im Hinblick auf entsprechende Risikoeinschätzungen im Rahmen von Risikomanagementsystemen, deren Umsetzbarkeit wiederum Einfluss auf die Margenkalkulation eines Unternehmens hat.

 

Rz. 639

[Autor/Stand] Abgrenzung zwischen Risikoart und -umfang. Im Rahmen der Risikoanalyse ist zunächst festzustellen, welches Risiko einer bestimmten Funktionsausübung zuzuordnen ist. In einem zweiten Schritt ist festzustellen, wie hoch die Eintrittswahrscheinlichkeit anzusehen ist und welche wirtschaftlichen Nachteile durch die Materialisierung des Risikos eintreten können. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, die einzelnen Risiken funktionsbezogen zu betrachten, da im Rahmen der Risikoanalyse weniger das Gesamtunternehmerrisiko im Vordergrund steht als die spezifischen Risikopositionen, die mit der Ausübung jeder betrieblichen Funktion konkret verbunden sind.

 

Rz. 640

[Autor/Stand] Risikoexposition/Risikosteuerung. Ausgangspunkt einer Risikoanalyse ist zunächst die Frage nach der Risikoexposition. Daran schließt sich die Untersuchung der Eintrittswahrscheinlichkeit des Risikos bzw. die Darstellung auf Basis eines Risikomaßes (z.B. Value-at-Risk im Finanzbereich) an. Im Hinblick auf das Produktportfolio eines Unternehmens bedeutet dies z.B., dass Portfoliowertschwankungen aufgrund von Nachfrage- und Preisentwicklungen einer bestimmten Intensität unterliegen müssen, die statistisch durch die Kennzahl der Varianz erfasst wird. In diesem Zusammenhang wird im Hinblick auf die Messung und Aggregation verschiedener Risiken vor allem im Finanzsektor auf Portfolioebene der sog. "Value-at-Risk-Ansatz"(VaR) angewandt, wonach Aussagen über die möglichen wirtschaftlichen Veränderungen von Vermögenspositionen eines Unternehmens bei einem normalen Marktverlauf getroffen werden können. Darüber hinaus bestehen eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten einer quantitativen Risikomessung, u.a. Maximalverlust- oder Kennzahlen-basierte Risikomessungsansätze. Für das Unternehmen bedeutet dies, dass es geeignete Maßnahmen der Risikopolitik treffen muss, d.h. es ist festzulegen, welche Risiken eingegangen werden dürfen und welchen Umfang diese Risiken letztlich haben dürfen (strategische Steuerung der Risikoausmaße). In diesem Zusammenhang spielen eine Reihe unterschiedlicher Faktoren eine Rolle, wie z.B. die Eigenkapitalausstattung des Unternehmens, die Ertragsstärke, die Einschätzung künftiger Marktentwicklungen, jedoch auch das Festlegen von bestimmten Verlustobergrenzen (die z.B. letztlich dazu führen, dass die Produktion und der Vertrieb bestimmter Produkte eingestellt wird).[9] Es ist ausschließlich Aufgabe der Unternehmensleitung, die Eckpfeiler dieser strategisch motivierten Risikosteuerung vorzunehmen; die Finanzverwaltung darf die...

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