Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
„(5) [1] §§ 5 und 12 sind entsprechend anzuwenden.”
Rz. 246
Widersprüchliche Regelung. Die in § 15 Abs. 5 a.F. angeordnete entsprechende Anwendung von § 5 ist insoweit in sich widersprüchlich, als § 15 Abs. 1 bis zum VZ 2012 einschließlich eine Einkommenszurechnung und § 5 nur eine Einkünftezurechnung vorsahen. Außerdem erfordert § 15 Abs. 1 ausdrücklich die unbeschränkte Steuerpflicht des Zurechnungsempfängers, während § 5 nur gegenüber erweitert beschränkt Steuerpflichtigen zur Anwendung kam. § 15 Abs. 5 a.F. stand damit "neben" § 15 Abs. 1. Dies wirft Folgefragen auf. Dazu ist festzuhalten, dass die unbeschränkte Steuerpflicht des Stifters die Zurechnung des Einkommens der Familienstiftung gegenüber anderen bezugs- oder anfallsberechtigten Personen ausschloss. Entsprechend geht die Frage auch im Bereich des § 15 Abs. 5 dahin, ob die auf dieser Vorschrift beruhende Zurechnung gegenüber einem erweitert beschränkt steuerpflichtigen Stifter eine Einkommenszurechnung gegenüber anderen bezugs- oder anfallsberechtigten Personen ausschloss. Dazu kann man die Auffassung vertreten, dass das, was für Abs. 1 gilt, nicht automatisch auch für Abs. 5 gelten muss, zumal § 15 Abs. 5 a.F. keine Einkommenszurechnung, sondern nur die Zurechnung von nichtausländischen Einkünften i.S. des § 34 d EStG erlaubte, die zusätzlich niedrig besteuerte Zwischeneinkünfte i.S. des § 8 sein mussten. Wer so argumentiert, muss jedoch die Gefahr einer doppelten Zurechnung in Kauf nehmen. Die nicht ausländischen und niedrig besteuerten Zwischeneinkünfte konnten dem Einkommen der Familienstiftung der Höhe nach entsprechen. Sie konnten aber auch nur einen Bruchteil des Einkommens der Familienstiftung ausmachen. In dem einen Fall schoss die doppelte Zurechnung weit über das gebotene Ziel hinaus. In dem anderen Fall mochte sie vertretbar erscheinen, jedoch mussten beide Fälle letztlich systematisch einheitlich beurteilt werden. Entscheidend sollte deshalb sein, dass sowohl § 5, §§ 7–14, § 15 als auch § 3 Nr. 41 EStG auf dem Grundsatz aufbauten, dass die im Ausland anfallende Bemessungsgrundlage nur einmal (hin)zugerechnet bzw. besteuert werden konnte. Dies sprach dafür, den in § 15 Abs. 1 geregelten Zurechnungsausschluss auch innerhalb des Abs. 5 anzuwenden. Im Ergebnis schloss deshalb die Einkünftezurechnung gegenüber einem erweitert beschränkt steuerpflichtigen Stifter sowohl die Einkommenszurechnung nach § 15 Abs. 1 a.F. als auch eine Einkünftezurechnung nach § 15 Abs. 5 a.F. i.V.m. § 5 gegenüber unbeschränkt oder erweitert beschränkt steuerpflichtigen Bezugs- oder Anfallsberechtigten aus. Dagegen schloss die Anwendung nicht die beschränkte Steuerpflicht der ausländischen Familienstiftung im Inland aus. Vielmehr folgte aus der entsprechenden Anwendung von § 12, dass evtl. von der ausländischen Familienstiftung entrichtete inländische Steuern auf die Steuer des Zurechnungsempfängers anzurechnen waren.
Rz. 247
Stifter mit und ohne Bezugsberechtigung. § 15 Abs. 1 a.F. sah eine Einkommenszurechnung gegenüber dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter der Familienstiftung unabhängig von dessen Bezugs- oder Anfallsberechtigung vor. Die Frage ging dahin, ob dieser Grundsatz auch im Rahmen des § 15 Abs. 5 a.F. für den erweitert beschränkt steuerpflichtigen Stifter galt. Die Frage war wohl zu bejahen. § 15 Abs. 5 a.F. sah nur die entsprechende Anwendung von § 5 vor. Die Zurechnung nach § 5 setzte keine irgendwie geartete Bezugsberechtigung bezogen auf die zuzurechnenden Einkünfte voraus. Aus der Sicht des § 5 war deshalb kein Anhaltspunkt zu erkennen, dass die Vorschrift zusätzliche Anwendungsvoraussetzungen gegenüber § 15 Abs. 1 aufstellte. Etwas anderes galt allerdings für erweitert beschränkt steuerpflichtige Bezugsberechtigte (vgl. nachstehende Rz. 248).
Rz. 248
Stifter und andere bezugs- und anfallsberechtigte Personen. Man darf § 15 Abs. 5 a.F. nicht nur aus der Sicht eines erweitert beschränkt steuerpflichtigen Stifters sehen. Andere bezugs- oder anfallsberechtigte Personen konnten ebenfalls erweitert beschränkt steuerpflichtig sein. Eine Zurechnung gem. § 15 Abs. 5 a.F. war auch ihnen gegenüber denkbar. Dabei war allerdings eine Besonderheit zu beachten. Während dem Stifter Einkommen und niedrig besteuerte Zwischeneinkünfte unabhängig von dem Bestehen einer Bezugsberechtigung zugerechnet wurden, berücksichtigte die Zurechnung gegenüber anderen bezugs- und anfallsberechtigten Personen stets den Umfang der persönlichen Bezugs- oder Anfallsberechtigung. Es wurden also Einkommen und Einkünfte nur insoweit zugerechnet, als die Bezugsberechtigung des Zurechnungsempfängers reichte. Dieser Grundsatz war auch bei der entsprechenden Anwendung des § 5 gegenüber Bezugsberechtigten zu beachten. Insoweit bedeutete die Einbeziehung erweitert beschränkt steuerpflichtiger Bezugsberechtigter eine Erweiterung der Zurechnungsmöglichkeiten, ohne dass sich jedoch deshalb die Gefahr doppelter Zurechnung ergab. Anders ausgedrückt k...