"Die Sätze 1 und 2 sind nicht anzuwenden, soweit sich die niedrige Besteuerung daraus ergibt, dass die Einnahmen des Gläubigers oder des weiteren Gläubigers einer Präferenzregelung unterliegen, die dem Nexus-Ansatz gemäß Kapitel 4 des Abschlussberichts 2015 zu Aktionspunkt 5, OECD (2016) "Wirksamere Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken unter Berücksichtigung von Transparenz und Substanz", OECD/G20 Projekt Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung, entspricht."
a) Hintergrund
Rz. 137
Telos des Aktionspunkts 5 des BEPS-Projekts. Gesetzgeberisches Ziel des § 4j EStG ist die Umsetzung des Aktionspunkts 5 des BEPS-Projekts, missbrauchsanfällige Steueranreize für substanzlose IP-Ansiedlungen und damit Steuersubstratverlagerungen zu vermeiden. Entsprechend soll eine Besteuerung am Ort der Wertschöpfung und die Bekämpfung nicht nexus-konformer IP-Boxen sichergestellt werden. Hierzu soll § 4j EStG die Ergebnisse des Aktionspunkts 5 des BEPS-Projekts vollumfänglich widerspiegeln. Dies bedeutet auch, dass solche Präferenzregime anerkannt und unangetastet bleiben, die dem auf OECD-Ebene erzielten Konsens entsprechen. Konkret dem sog. Modified Nexus Approach.
Rz. 138
Bedeutung der Rückausnahme. Vor diesem Hintergrund stellt § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG eine (erste) Rückausnahme dar. Hiernach sind § 4j Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG nicht anzuwenden, soweit sich die niedrige Besteuerung daraus ergibt, dass die Einnahmen des (Lizenz-)Gläubigers oder des weiteren (Lizenz-)Gläubigers einer Präferenzregelung unterliegen, die dem Nexus-Ansatz gemäß Kapitel 4 des Abschlussberichts 2015 zu Aktionspunkt 5 entspricht. § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG enthält über eine Fußnote den amtlichen Hinweis, dass der nämliche Abschlussbericht unter OECD Publishing, Paris, http://dx.doi.org/10.1787/9789264258037-de bezogen werden kann. Unter dem angegebenen Link erscheint der Abschlussbericht in deutscher Sprache. Eine Veröffentlichung des Abschlussberichts ist bislang weder im BStBl. noch auf der Website des BMF erfolgt.
b) Nexus-Ansatz der OECD
aa) Grundsätzliches und Begrifflichkeiten
Rz. 139
Wesentliche Geschäftstätigkeit (Substanzerfordernis). Die OECD/G20 verlangen für die steuerliche Begünstigung von IP-Einkünften das Vorliegen einer wesentlichen Geschäftstätigkeit (Substanzerfordernis). Hierzu ist nach Maßgabe des Nexus-Ansatz ein Zusammenhang (Nexus) zwischen der steuerlichen Begünstigung und der eigenen Geschäftstätigkeit erforderlich. Letztere bemisst sich an dem Umfang der eigenen Forschungs- und Entwicklungsausgaben des Steuerpflichtigen. Rz. 30 des Abschlussberichts zu Aktionspunkt 5 des BEPS-Projekts beinhaltet eine Formel zur Ermittlung steuerbegünstigter IP-Einkünfte:
Rz. 140
Nexus-Verhältnis. Hieraus folgt, dass der Umfang der steuerbegünstigten IP-Einkünfte auf einer Verhältnisrechnung basiert, die den prozentualen Anteil der qualifizierten Ausgaben an den Gesamtausgaben für die Entwicklung eines bestimmten geistigen Eigentumswerts ermittelt (Nexus-Verhältnis) und mit den aus dem geistigen Eigentumswert resultierenden Gesamteinkünften multipliziert. Beträgt das Nexus-Verhältnis nach diesem Quotienten 100, können sämtliche Lizenzeinnahmen präferenziell besteuert werden. Entsprechend gilt: Wenn die Höhe der Einkünfte, die nach einer IP-Regelung steuerbegünstigt sind, den nach dem Nexus-Ansatz bestimmten Betrag nicht übersteigt, erfüllt die Regelung das Erfordernis einer wesentlichen Geschäftstätigkeit. Die in der Formel verwandten Rechtsbegriffe werden im OECD Abschlussberichts zu Aktionspunkt 5 näher konkretisiert:
Rz. 141
Gesamtausgaben. Die Gesamtausgaben stellen die Summe (nicht) qualifizierter Ausgaben für die Entwicklung des geistigen Eigentumswerts ...