Nicht Nexus-konforme Präferenzregelungen nach § 4j EStG

Die Finanzverwaltung äußert sich zu der sog. nicht-nexus-konformen Präferenzregelung des § 4j EStG. Dazu wird die betreffende Staatenliste aktualisiert bzw. erweitert und darin auch eine Auflistung der einzelnen ausländischen Präferenzregelungen vorgenommen.

Abzugsverbot für Rechteüberlassung und "Nexus-Approach" der OECD

Im Kern geht es bei dieser als sog. Lizenzschranke bezeichneten Regelung darum, den Betriebsausgabenabzug für Aufwendungen aus einer Rechteüberlassung einzuschränken, soweit diese Einnahmen auf Ebene des Gläubigers einer niedrigen Besteuerung im Rahmen einer Präferenzregelung unterliegen.

Früheres BMF-Schreiben

Bereits in einem früheren Schreiben (BMF, Schreiben v. 19.2.2020, IV C 2 - S 2144-g/17/10002) hatte das BMF die Anwendung der Regelung des § 4j EStG und insbesondere eine bestehende oder nicht bestehende Nexus-Konformität speziell für den VZ 2018 erläutert und anhand einer Staatenliste präzisiert.

Aktualisiertes erweitertes BMF-Schreiben

Im BMF-Schreiben vom 6.1.2022 werden die Staatenliste und die jeweiligen Präferenzregelungen aktualisiert und zudem auf die Veranlagungszeiträume 2019 und 2020 erweitert. Begleitend ist am 5.1.2022 ein BMF-Schreiben ergangen, in welchem auf rechtliche Anwendungsfragen im Zusammenhang mit der Präferenzregelung, Nexus-Konformität und der Feststellungslast eingegangen worden ist.

Umsetzung und Staatenliste

Das BMF erläutert wie diese Regelungen in die Praxis umzusetzen sind. Immer wenn die Präferenzregelung nicht dem sog. "Nexus-Approach" der OECD entspricht, ist das (Teil-) Abzugsverbot gemäß § 4j Abs. 1 Satz 4 EStG anzuwenden. Dargelegt wird dies nun für die VZ 2018, 2019 und 2020.

Dazu enthält das BMF-Schreiben eine umfangreiche Staatenliste von A wie Andorra bis Z wie Zypern. Zu jedem Staat sind diejenigen Regelungen aufgeführt, welche nicht dem Substanzerfordernis des Nexus-Ansatz entsprechen. Die umfangreichen Tabellen im BMF-Schreiben stellen eine Arbeitshilfe dar.

Beispiele: Italien, Schweiz bzw. Ungarn

Dass in der Staatenliste die einschlägig bekannten “Steuerparadiese“ aufgeführt sind, wird nicht verwundern. Doch auch eher unauffällige Staaten in Europa stehen auf der Liste. Beispielhaft werden hier Italien, die Schweiz bzw. Ungarn dargestellt:

Staat

Bezeichnung der Regelung und Jahr der Einführung

Art der Begünstigung

Begünstigte Personen

Begünstigte immaterielle Werte

Anwendungs­zeitraum

Italien

Taxation of income from intangible assets 2014.


Paragraphs 37 - 45 of Law no. 190/20144 (2015 Stability Law).


In Kraft ab 1.1.2015.


Befreiung der Einkünfte aus immateriellen Werten i.H.v. 50 %

(ab 2017; 40 % für 2016; 30 % für 2015).

Befreiung der Ver­äußerungsgewinne aus immateriellen Werten i.H.v. 100 %.

2018: nominaler KSt-Regelsteuersatz: 24 %

2019: nominaler KSt-Regelsteuersatz: 24 %

2020: nominaler KSt-Regelsteuersatz: 24 %.


Körper­schaften

Geistiges Eigentum, industrielle Patente, marketingbezogene geistige Eigen­tumswerte (insb. Trademarks), Pläne, Muster sowie Formeln und Erfahrungen, die aus industrieller, kommerzieller und wissenschaftlicher Tätigkeit hervorgehen, sofern diese rechtlich geschützt sind; urheberrechtlich geschützte Software.


Letztmals anzuwenden für Einkünfte aus marketing­bezogenen geistigen Eigentums­werten (insb. Trademarks), die erstmals vor dem 31.12.2016 von dieser Regelung profitiert haben, bis 30.6.2021.


Schweiz, * Kanton Nidwalden

Lizenzbox 2011.

Befreiung der Einkünfte aus immateriellen Werten i.H.v. 80 % von der kantonalen und kommunalen Steuer.

2018: nominaler KSt-Regelsteuersatz: 6 % zuzüglich nominaler KSt-Regelsteuersatz des Bundes: 8,5 %.

2019: nominaler KSt-Regelsteuersatz: 6 % zuzüglich nominaler KSt-Regelsteuersatz des Bundes: 8,5 %.


Körper­schaften

Urheberrechte an literarischen, künstlerischen oder wissenschaftlichen Werken, einschließlich kinematographischer Filme, Patente, Marken, Muster oder Modelle, Pläne, geheimen Formeln oder Verfahren oder für die Mitteilung gewerblicher, kaufmännischer oder wissenschaftlicher Erfahrungen.


Letztmals anzuwenden für immaterielle Werte, die erstmals vor dem 1.1.2016 von dieser Regelung profitiert haben, bis 31.12.2020.


Ungarn

Hungarian intellectual properties (IP) regime.

Conditional deductibility of the capital gains from the sale of intangible assets embodying rights to royalties and the deductibility of 50 per cent of the amount of royalties.

(Auch IP regime for royalities and capital gains oder “Intangible property for royalties and capital gains”) 2003, geändert 2012


Befreiung der Einkünfte aus immateriellen Werten i.H.v. 50 %


Befreiung der Veräußerungsgewinne aus immateriellen Werten i.H.v. 100 %.

2018: nominaler KSt-Regelsteuersatz: 9 %.

2019: nominaler KSt-Regelsteuersatz: 9 %.

2020: nominaler KSt-Regelsteuersatz: 9 %.

Körper­schaften

Patente, industrielle Pläne, Fertigkeiten (Know-How), marketing­bezogene geistige Eigentumswerte und Urheberrechte

Letztmals anzuwenden für immaterielle Werte, die erstmals vor dem 1.7.2016 von dieser Regelung profitiert haben, bis 30.6.2021.

* Zur Schweiz ist anzumerken, dass es sich auch bei den Regelungen für kantonale Spezialgesellschaften der Schweizerischen Eidgenossenschaft um Präferenzregelungen handelt, die nicht dem Nexus-Ansatz der OECD entsprechen. Das BMF-Schreiben enthält dazu ergänzende Ausführungen.

Die Lizenzschranke zeigt bereits ihre Wirkung, denn die aufgeführten schädlichen Regelungen sind oftmals bereits ausgelaufen, da die betroffenen Staaten diese aufgehoben oder durch Nexus-konforme Regelungen ersetzt haben. In Teilen kommt für die nicht Nexus-konformen Regelungen ein Bestandsschutz für den Übergangszeitraum bis zum 30.6.2021 zum Tragen.

Noch nicht geprüfte Staaten

Abschließend enthält das BMF-Schreiben eine Auflistung von Staaten, zu denen die jeweiligen Präferenzregelungen noch nicht abschließend geprüft werden konnten. In diesen Fällen werden die Finanzämter den Lizenzaufwand als abziehbare Betriebsausgabe zulassen, die Steuerbescheide werden jedoch nach § 164 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergehen.

Zudem wird darauf hingewiesen, dass die Auflistungen nicht abschließend sind. Denn möglicherweise sind noch nicht alle weltweiten Präferenzregime durch die OECD identifiziert bzw. untersucht worden.

BMF, Schreiben v. 6.1.2022, IV C 2 - S 2144-g/20/10002 :005

Lesen Sie auch:

Anwendungsfragen zur Lizenzschranke


Schlagworte zum Thema:  Recht, OECD, Betriebsausgaben