Rz. 26
Allgemeines. Aus europarechtlicher Sicht muss sich der länderbezogene Bericht am europäischen Primärrecht in Form der EU-Grundrechtecharta (GRC) messen lassen. Insoweit sind einerseits der in Art. 7 GRC und Art. 8 GRC geregelte Datenschutz und andererseits das in Art. 16 GRC geregelte Grundrecht der unternehmerischen Freiheit von Bedeutung.
Rz. 27
Grundrecht auf Datenschutz. Die (persönliche) Anwendung dieses in Art. 7 und 8 GRC geregelten Grundrechts auf vom CbC-Report erfasste juristische Personen ist aufgrund einer sehr restriktiven Rechtsprechung des EuGH stark eingeschränkt. Danach können sich juristische Personen auf dieses Grundrecht nur berufen, wenn der Name der juristischen Person eine oder mehrere natürliche Personen bestimmt. Sollten juristische Personen erfasst sein, so ist deren Schutz zudem noch geringer als bei natürlichen Personen.
Rz. 28
Grundrecht der unternehmerischen Freiheit. Das Grundrecht auf unternehmerische Freiheit garantiert die Freiheit, eine Wirtschafts- oder Geschäftstätigkeit auszuüben. Die Verpflichtung zur Offenlegung von Unternehmensdaten kann als Eingriff in die unternehmerische Freiheit qualifiziert werden. Diese ist gem. Art. 52 Abs. 1 GRC unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt, sofern sie erforderlich ist und den von der EU anerkannten und dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen entspricht oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer erforderlich ist. Entscheidend ist somit, ob das CbC-Reporting eine dem europäischen Gemeinwohl dienende Zielsetzung verfolgt und ob es erforderlich und verhältnismäßig ist. Als unionsrechtlich anerkannte Zielsetzung käme die Förderung der Transparenz in Bezug auf die Verrechnungspreise internationaler Konzernunternehmen in Betracht. Abgesehen davon dürfte auch die gleichmäßige Steuererhebung und Bekämpfung von Steuerhinterziehung als unionsrechtlich anerkannte, dem Gemeinwohl dienende Zielsetzung anzusehen sein. Damit kommt es – wie bereits mit Blick auf das deutsche Verfassungsrecht (vgl. hierzu Anm. 24) auch aus unionsrechtlicher Sicht – maßgeblich auf die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs in Form der verpflichtenden Offenlegung von Unternehmensdaten an ausländische Finanzverwaltungen an. Die Offenlegungspflicht an ausländische Finanzbehörden ist eine geeignete Maßnahme, um die Transparenz der Finanzbehörden in den Ansässigkeitsstaaten bzgl. der Verrechnungspreisgestaltung von Konzernen zu erhöhen. Schwieriger als die Geeignetheit sind daher die Erforderlichkeit und Angemessenheit des Eingriffs in das unternehmerische Freiheitsgrundrecht des Art. 16 GRC zu beurteilen. Dabei ist mit Blick auf die Erforderlichkeit zu beachten, dass der Informationsgehalt des CbC-Reports begrenzt ist. Denn neben der Offenlegung von Jahresabschlüssen, die der EuGH als verhältnismäßig beurteilt, sowie den europäischen Richtlinienvorgaben zur Verrechnungspreisdokumentation, beschränkt sich der zusätzliche Informationsgehalt des CbC-Reports auf die spezifische Aufschlüsselung von Daten auf Länderebene, eine übersichtliche Zusammenfassung dieser Daten und eine vereinfachte Darstellung in wenigen Tabellen. Ob die Angaben der CbC-Reportdaten zur Schaffung einer größeren Transparenz und somit auch zur Verbesserung der Steuererhebung und Steuerhinterziehungsbekämpfung wirklich erforderlich sind, muss aber aus unionsrechtlicher Sicht bezweifelt werden.