Rz. 46
Grundsätzliches. Auf europäischer Ebene stellt sich die Frage der Vereinbarkeit einer Abzugsbeschränkung von Lizenzgebühren beim Vergütungsschuldner mit der Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie.
Rz. 47
Inhalt der Zins- und Lizenzgebührenrichtlinie. Nach Art. 1 der Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie werden Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen von allen im Quellenstaat erhobenen Steuern befreit. Hierdurch soll eine Einmalbesteuerung gewährleistet werden, um grenzüberschreitende Zahlungen nicht gegenüber Inlandskonstellationen zu benachteiligen. Eine solche Benachteiligung könnte dadurch entstehen, dass im Falle der Aufrechterhaltung eines Quellensteuerrechts eine rechtliche Doppelbesteuerung sowohl im Quellen- als auch im Ansässigkeitsstaat des Berechtigten drohte (vgl. Erwägungsgrund 1 und 3 Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie).
Rz. 48
Hinweis auf gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinszahlungen. In der Vergangenheit hat der EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens die gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Zinszahlungen beim inländischen Schuldner gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG für mit der Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie vereinbar erklärt. Begründet hat er seine Entscheidung damit, dass der Anwendungsbereich der Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie ausschließlich die steuerliche Situation des Zinsgläubigers betrifft und sich nicht über dessen Quellensteuerbefreiung hinaus erstreckt. Der BFH hat in der Folge einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit aus Art. 49 AEUV i.V.m. Art. 54 AEUV verneint.
Rz. 49
Relevanz der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinszahlungen. Fraglich ist, welche Schlüsse sich hieraus mit Blick auf das Verhältnis zwischen § 4j EStG und der Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie ziehen lassen. Sofern im Rahmen der Gewerbesteuer eine Hinzurechnung von Zinszahlungen i.S.d. § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG zum Gewinn aus Gewerbebetrieb erfolgen darf, spricht grundsätzlich einiges dafür, eine Abzugsbeschränkung als Betriebsausgabe beim inländischen Lizenznehmer, die den (Lizenz-)Gläubiger nicht tangiert, ebenfalls nicht als Verstoß gegen die Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie einzuordnen. Zurecht weisen Hagemann/ Kahlenberg jedoch darauf hin, dass die EuGH Entscheidung zur gewerbesteuerlichen Hinzurechnung von Zinszahlungen die Regelung des § 4j EStG nicht automatisch legitimieren könne. Zum einen betreffe § 4j EStG – im Einklang mit der Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie und entgegen § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG – gezielt Lizenzverträge zwischen rechtlich verbundenen Unternehmen. Zum anderen habe insbesondere die Höhe der ausländischen Besteuerung des (Lizenz-)Gläubigers – ebenfalls entgegen § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG – unmittelbare Auswirkung auf den Betriebsausgabenabzug des inländischen Lizenznehmers. Gleichwohl dürfte es auch u.E. näher liegen, die Regelung des § 4j EStG als mit der Zins- und Lizenzgebühren Richtlinie vereinbar anzusehen. Denn § 4j EStG bezweckt keine Doppelbesteuerung, sondern beabsichtigt konzerninternen Gewinnverlagerungen ins präferenziell-niedrig besteuernde Ausland entgegenzuwirken.