Rz. 1125

[Autor/Stand] Anwendung der Funktionsverlagerungsgrundsätze bei Verlagerungen ins Inland. Unternehmerischer Hintergrund einer Funktionsverlagerung ist nicht selten der, dass die Unternehmen Verlustfunktionen ins Ausland verlagern, um dort von geringeren Kosten profitieren zu können.[2] Sie erhoffen sich dadurch, in Zukunft wieder gewinnbringend agieren zu können. Der umgekehrte Fall, d.h. die Verlagerung einer Funktion ins Inland, ist eher selten, da in Deutschland ein höheres Kostenniveau herrscht. Gleichwohl gibt es aber auch Fälle, in denen die Unternehmen Funktionen ins Inland verlagern, weil im Ausland z.B. nicht die gewünschte Produktqualität erzielt wird, weil es im Inland besondere Standortvorteile oder Synergieeffekte gibt, oder weil ein anderes (politisches) Umfeld mehr Planungssicherheit gewährleistet.[3] Dabei stellt sich jedoch die Frage, ob die erläuterten Grundsätze auch für Funktionsverlagerungen ins Inland anzuwenden sind.[4] Nach bisheriger Auffassung der Finanzverwaltung gelten die verwaltungsseitigen Grundsätze zu Funktionsverlagerungen auch für Verlagerungen ins Inland.[5] Auch den neuen VWG VP lässt sich entnehmen, dass der Fremdvergleichsgrundsatz als solcher im In- und Outboundfall einheitlich anzuwenden ist.[6] Schließlich lässt sich auch aus der Gesetzesbegründung zum Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 entnehmen, dass die Vorschriften zur Funktionsverlagerung sowohl bei Verlagerungen von Deutschland ins Ausland (Outbound-Fall) als auch bei Verlagerungen vom Ausland nach Deutschland (Inbound-Fall) gelten.[7] In der Gesetzesbegründung zum AbzStEntModG wird zudem ausgeführt, dass § 1 Abs. 3b den Inhalt der Vorgängerreglung enthält, dass darüber hinaus eine redaktionelle Anpassung erfolgt sei und dass das Transferpaket nunmehr legal definiert worden sei, ohne dass damit eine Änderung des bisherigen Verständnisses verbunden sei,[8] sodass davon auszugehen ist, dass sich die bisherige Auslegung insoweit nicht geändert hat. Aufgrund dessen kann für die Frage, ob eine Funktion vorliegt (Rz. 1132), ob diese verlagert wird (Rz. 1146) und wie diese zu bewerten ist (Rz. 1253), auf die Ausführungen zur Funktionsverlagerung ins Ausland verwiesen werden. Eine Korrektur nach § 1 kommt indessen nur bei einer Minderung der inländischen Einkünfte in Betracht; bei einer Erhöhung der inländischen Einkünfte ist § 1 hingegen nicht einschlägig. Eine Korrektur kann dann allenfalls aufgrund anderer Korrekturvorschriften vorgenommen werden.[9]

 

Beispiel 1:

Die in Frankreich ansässige M-SA ist Alleingesellschafterin der T-GmbH. Sie überträgt ihre Produktionsfunktion auf die T-GmbH. Die Summe der gemeinen Werte der übertragenen Einzelwirtschaftsgüter beträgt 1 Mio. Euro, der ermittelte Verrechnungspreis für das Transferpaket beträgt 1,3 Mio. Euro. Das Entgelt, das die T-GmbH an die M-SA zahlt, beträgt 800.000 Euro.

Aufgrund der zu niedrigen Zahlung fehlt es an einer Minderung der steuerpflichtigen Einkünfte im Inland, sodass eine Korrektur auf der Grundlage von § 1 ausscheidet. Es liegt allerdings eine verdeckte Einlage der ausländischen Muttergesellschaft in die inländische Tochtergesellschaft vor.[10] Für die Behandlung dieser verdeckten Einlage bei der ausländischen Muttergesellschaft ist das ausländische Recht maßgebend. Bei der inländischen Tochtergesellschaft ist die Einlage mit dem gemeinen Wert der Einzelwirtschaftsgüter, mithin zu 1 Mio. Euro, zu bewerten (§ 8 Abs. 1 KStG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 8 Halbs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 5a EStG).[11] Die Höhe der verdeckten Einlage ergibt sich demnach aus der Differenz zwischen der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter und dem gezahlten Preis und beläuft sich somit auf 200.000 Euro. Da die verdeckte Einlage das Einkommen nicht erhöht, erfolgt eine außerbilanzielle Kürzung (§ 8 Abs. 3 Satz 3 KStG), sofern im Ausland eine entsprechende Korrektur vorgenommen wurde (§ 8 Abs. 3 Satz 4 KStG).[12]

 

Beispiel 2:

Die M-AG ist Alleingesellschafterin der in Frankreich ansässigen T-SARL, die ihre Produktionsfunktion auf die M-AG überträgt. Die Summe der gemeinen Werte der übertragenen Einzelwirtschaftsgüter beträgt 1 Mio. EUR, der ermittelte Verrechnungspreis für das Transferpaket beträgt 1,3 Mio. EUR. Das Entgelt, das die M-AG an die T-SARL zahlt, beträgt 800.000 Euro.

Mangels Minderung der steuerpflichtigen Einkünfte im Inland kommt eine Korrektur auf der Grundlage von § 1 auch in diesem Fall nicht in Betracht. Es liegt jedoch eine vGA der ausländischen Tochtergesellschaft an die inländische Muttergesellschaft vor. Die Höhe der vGA ergibt sich dabei aus der Differenz zwischen der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter und dem gezahlten Preis und beläuft sich somit auf 200.000 Euro. Die Behandlung der vGA richtet sich auf Ebene der T-SARL allein nach ausländischem Recht. Auf Ebene der inländischen M-AG bleibt die vGA im Ergebnis zu 95 % steuerfrei (§ 8b Abs. 1, 5 KStG), sofern im Ausland eine entsprechende Korrektur erfolgt ist (§ 8b Abs. 1 Satz 2 K...

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