Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
Rz. 45
Sachliche Steuerbefreiung. Der Ausdruck "sind vom Hinzurechnungsbetrag auszunehmen" wurde schon vor der Neufassung des § 11 in § 13 aF verwendet. Es spricht eine Vermutung dafür, dass er in § 11 nicht anders als in § 13 aF ausgelegt werden kann. Er wird i.S. von "ausnehmen von der Besteuerung" auch im sog. Methodenartikel der DBA verwendet. In § 13 Abs. 1 Nrn. la und 2 aF wurde der Ausdruck i.S. einer sachlichen und zugleich persönlichen Steuerbefreiungsvorschrift verstanden. Die Rechtsfolge ist vergleichbar mit der des § 3 EStG und/oder des § 5 KStG. Sie ist dem § 9 KStG 1968 und den DBA-Schachtelprivilegien nachgebildet. Die Qualifizierung des § 11 als eine Steuerbefreiungsvorschrift bedeutet, dass § 7 Abs. 1 und § 8 sozusagen die Gewinne als steuerbare Zwischeneinkünfte normieren, während § 11 davon eine Ausnahme kreiert und die steuerbaren Zwischeneinkünfte als sachlich nicht stpfl. und in diesem Sinne als doch nicht steuerbar kennzeichnet (vgl. Anm. 16). Die entsprechende Kennzeichnung ist deshalb von Bedeutung, weil sich aus ihr ergibt, dass die Rechtsfolge des § 11 schon im Rahmen der Ermittlung der Zwischeneinkünfte einsetzt und nicht erst eine Korrektur des bereits ermittelten HZB darstellt. Jede sachliche Steuerbefreiung setzt logischerweise bei der Einkunftsermittlung an. Die Rechtsfolge fingiert beim unbeschränkt stpfl. Anteilseigner keinen Zufluss eines "steuerfreien" HZB, sondern es entsteht kein HZB in Höhe des unter § 11 fallenden Betrags. Daraus ergibt sich ein Konkurrenzverhältnis zu anderen Kürzungs- und Zurechnungsvorschriften (vgl. Anm. 47).
Rz. 46
Nettobetragsermittlung. § 11 sieht in seiner Rechtsfolge das Ausnehmen eines Gewinns vom HZB vor. Der Gewinnbegriff ist dabei als ein Nettobetrag zu verstehen, der um die durch die Veräußerung veranlassten Betriebsausgaben gemindert wurde. § 3 c EStG findet insoweit über § 10 Abs. 3 Satz 1 und § 8 Abs. 1 KStG keine Anwendung. Vielmehr richtet sich die Zuordnung von Betriebsausgaben zu dem Gewinn nach allg.Veranlassungsgesichtspunkten, was eine umfassendere Zuordnung von Aufwendungen erlaubt. Andererseits sind die in § 11 angesprochenen Vorgänge (vgl. Anm. 29, 39, 42) einmalige und keine laufenden bzw. ständig wiederkehrende. Deshalb sind den Gewinnen nur solche Aufwendungen als Betriebsausgaben zuzuordnen, die direkt zuordenbar sind. Dazu gehören die durch einen Vertragsabschluss bedingten Unkosten, jedoch nicht allg. Verwaltungskosten. Ferner ist die Rückwirkung des § 11 auf die Möglichkeit des Abzuges von Ertrag- und Vermögensteuern gem. § 10 Abs. 1 Satz 1 zu sehen.
Rz. 47
Konkurrenzverhältnis. Es stellt sich die Frage, in welchem Konkurrenzverhältnis § 11 zu anderen Zurechnungs- oder Kürzungsvorschriften steht. Gegenüber der alten Rechtslage hat diese Frage deutlich an Brisanz verloren. Dennoch ist es wichtig, sich die einzelnen Schritte bis zur Hinzurechnung des Hinzurechnungsbetrags in einer Übersicht vor Augen zu führen. Insoweit gilt Folgendes:
- (1) Gesamtbetrag der Einkünfte der Zwischengesellschaft vor Abzug von Ertrag- und Vermögensteuern
- (2) ./. Einkünfte aus aktiver Tätigkeit und Beteiligungen bzw. Veräußerungsgewinne aus aktiven Beteiligungen (§ 8 Abs. 1)
- (3) ./. hochbesteuerte Einkünfte aus passivem Erwerb (§ 8 Abs. 3)
- (4) = Zwischeneinkünfte
- (5) + gem. § 14 Abs. 1 zugerechnete Zwischeneinkünfte
- (6) ./. Verlustabzug nach § 10 Abs. 3 Satz 5 iVm. § 10 d EStG
- (7) ./. Gewinne i.S. des § 11
- (8) ./. Zwischeneinkünfte i.S. des § 9
- (9) ./. entrichtete Ertrag- und Vermögensteuern (§ 10 Abs. 1 Satz 1)
- (10) = Gesamtbetrag der nach § 7 Abs. 1 zu versteuernden Zwischeneinkünfte
- (11) Aufteilung des Betrags lt. Zeile (10) auf die unbeschränkt stpfl. Anteilseigner nach Maßgabe ihrer Beteiligung am gezeichneten Kapital bzw. ihrer Gewinnbeteiligung (= Bildung von Hinzurechnungsbeträgen)
- (12) + Aufstockungsbetrag gem. § 12 Abs. 1 Satz 2, soweit die Anrechnung beantragt wird
- (13) Beim unbeschränkt stpfl. Anteilseigner insgesamt anzusetzender HZB
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Zurechnung nach § 14. Wichtig ist, dass die Zurechnung gem. § 14 Abs. 1 logischen Vorrang vor der Anwendung des Verlustabzugs gem. § 10 Abs. 3 Satz 5 und den Korrekturen nach § 11 hat. Dies beruht nicht zuletzt auf der Neufassung des § 14 Abs. 1. Danach sind alle niedrig besteuerten Einkünfte einer Untergesellschaft zuzurechnen, soweit ihre Aktivität nicht nachgewiesen wird. Daraus folgt, dass die Unterscheidung zwischen aktivem und passivem Erwerb der von einer ausl. Untergesellschaft erzielten Einkünfte auch auf der Ebene der ausl. Obergesellschaft durchzuführen ist.