Rz. 117
Transparenz der Personengesellschaft im Inland und Intransparenz im Ausland. Ist eine solche Personengesellschaft nach dem insoweit anwendbaren DBA abkommensberechtigt, könnte sie ungeachtet ihrer innerstaatlichen Transparenz antragsberechtigt sein. Ist eine solche DBA-Regelung nicht gegeben, ist strittig, ob die Qualifikation der Personengesellschaft in deren Ansässigkeitsstaat für Deutschland als Quellenstaat verbindlich ist. Für eine solche Bindung würde das abkommensorientierte Verständnis der OECD (vgl. Art. 1 Rz. 1 OECD-MK) sprechen. Diese Auffassung wird auch von der Finanzverwaltung vertreten. Auch der Gesetzgeber hat sich inzwischen dieser Auffassung angeschlossen, indem er 2013 die Regelung des § 50d Abs. 1 Satz 11 einführte. Zu näheren Einzelheiten dieser Regelung s. Anm. 180 ff.
Rz. 118
Kritik. Abkommensrechtlich und systematisch richtig erscheint dies allerdings nicht. Vielmehr dürfte Deutschland (als Quellenstaat) nicht an die Qualifikation der Personengesellschaft in deren Ansässigkeitsstaat gebunden sein. Auch der BFH vertritt diese Rechtsauffassung – jedenfalls für die Rechtslage vor Einführung von § 50d Abs. 1 Satz 11 i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG. Hiernach gilt ein anwenderstaatsorientiertes Verständnis. Dabei ist es unerheblich, ob eine spezifische DBA-Regelung zur Abkommensberechtigung der Personengesellschaft existiert oder nicht, da keine Einkünfte im Inland zugerechnet werden. Der Quellensteuer-Ermäßigungsanspruch steht also in der Regel auch dann (nur) dem jeweiligen Gesellschafter zu, nicht der Gesellschaft, falls diese im anderen Staat als intransparent behandelt wird. Eine etwaige Quellensteuer-Schachtelprivilegierung (vgl. Art. 10 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a OECD-MA) gelangt nicht zur Anwendung. Ist der Gesellschafter im Inland ansässig und ist Deutschland deswegen der Ansässigkeitsstaat, entfällt die Quellensteuerermäßigung, denn es handelt sich um einen reinen Inlandsfall. Ist die Personengesellschaft neben der Tochter-Kapitalgesellschaft im Inland und der Gesellschafter im Ausland ansässig, und ist Deutschland insoweit der Quellenstaat, so gilt nichts anderes. Dem Gesellschafter steht der Ermäßigungsanspruch auch dann zu, wenn dessen Ansässigkeitsstaat die (von ihm als intransparent eingestufte) Personengesellschaft und nicht den Gesellschafter als Zahlungsempfänger ansieht. Ist der Gesellschafter weder in dem einen noch dem anderen, sondern in einem dritten Staat ansässig, ist auch dieser Gesellschafter zu Quellensteuerermäßigung berechtigt.