Rz. 139
Wesentliche Geschäftstätigkeit (Substanzerfordernis). Die OECD/G20 verlangen für die steuerliche Begünstigung von IP-Einkünften das Vorliegen einer wesentlichen Geschäftstätigkeit (Substanzerfordernis). Hierzu ist nach Maßgabe des Nexus-Ansatz ein Zusammenhang (Nexus) zwischen der steuerlichen Begünstigung und der eigenen Geschäftstätigkeit erforderlich. Letztere bemisst sich an dem Umfang der eigenen Forschungs- und Entwicklungsausgaben des Steuerpflichtigen. Rz. 30 des Abschlussberichts zu Aktionspunkt 5 des BEPS-Projekts beinhaltet eine Formel zur Ermittlung steuerbegünstigter IP-Einkünfte:
Rz. 140
Nexus-Verhältnis. Hieraus folgt, dass der Umfang der steuerbegünstigten IP-Einkünfte auf einer Verhältnisrechnung basiert, die den prozentualen Anteil der qualifizierten Ausgaben an den Gesamtausgaben für die Entwicklung eines bestimmten geistigen Eigentumswerts ermittelt (Nexus-Verhältnis) und mit den aus dem geistigen Eigentumswert resultierenden Gesamteinkünften multipliziert. Beträgt das Nexus-Verhältnis nach diesem Quotienten 100, können sämtliche Lizenzeinnahmen präferenziell besteuert werden. Entsprechend gilt: Wenn die Höhe der Einkünfte, die nach einer IP-Regelung steuerbegünstigt sind, den nach dem Nexus-Ansatz bestimmten Betrag nicht übersteigt, erfüllt die Regelung das Erfordernis einer wesentlichen Geschäftstätigkeit. Die in der Formel verwandten Rechtsbegriffe werden im OECD Abschlussberichts zu Aktionspunkt 5 näher konkretisiert:
Rz. 141
Gesamtausgaben. Die Gesamtausgaben stellen die Summe (nicht) qualifizierter Ausgaben für die Entwicklung des geistigen Eigentumswerts dar.
Rz. 142
Gesamteinkünfte. Die Gesamteinkünfte sollen nur Einkünfte erfassen, die aus dem betreffenden Gegenstand geistigen Eigentums hervorgehen. Erfasst sind Lizenzgebühren, Veräußerungsgewinne und sonstige Einnahmen aus der Veräußerung eines geistigen Eigentumswerts sowie Einnahmen aus dem Verkauf von Produkten und der Nutzung von Verfahren, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem geistigen Eigentumswert stehen (Embedded IP income).
Rz. 143
Qualifizierte Ausgaben. Qualifizierte Ausgaben im Sinne des OECD Verständnisses sind sowohl der eigene Aufwand (Eigenforschung), der zur Entstehung des IP beigetragen hat, als auch der auf fremde Dritte ausgelagerte Aufwand. Der Erweiterung der qualifizierten Ausgaben, um Ausgaben für die Auftragsforschung durch fremde Dritte, liegt der Gedanke zugrunde, dass ein Unternehmen fremde Dritte – anders als nahestehende Personen – regelmäßig lediglich mit einem unwesentlichen Teil seiner Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten betrauen und die wesentlichen Tätigkeiten selbst durchführen würde. Dabei muss durch hinreichende Dokumentation eine exakte Zuordnung von Ausgaben zum entwickelten IP vorgenommen werden, um den entsprechenden Nachweispflichten zu genügen. Ob dies faktisch möglich sein wird, ist fraglich.
Rz. 144
Nicht qualifizierte Ausgaben. Als nicht qualifiziert gelten hingegen Anschaffungskosten für IP sowie Aufwendungen, die darauf zurückzuführen sind, dass nahestehende Personen die Forschungs- und Entwicklungsaufgaben übernommen haben. Entsprechendes gilt für Zinsen, Baukosten oder sonstige Kosten ohne unmittelbaren Zusammenhang mit dem IP.
Rz. 145
30 %iger Aufschlag (Uplift). Bei der Berechnung der qualifizierten Ausgaben können die Staaten dem Steuerpflichtigen gestatten, einen 30%igen Aufschlag (Uplift) auf die Ausgaben vorzunehmen, die in den qualifizierten Ausgaben berücksichtigt sind. Hiermit können die qualifizierten Ausgaben angehoben werden. Allerdings fungiert die Höhe der Forschungs- und Entwicklungs-Gesamtausgaben insoweit als Obergrenze. Durch die Möglichkeit des Uplifts soll sichergestellt werden, dass lizenzgebende Unternehmen, die IP erwerben oder Forschungs- und Entwicklungsaufgaben bei nahestehenden Personen in Auftrag geben, durch den Nexus-Ansatz nicht über Gebühr benachteiligt werden.