Prof. Dr. Jochen Lüdicke, Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer
aa) Anrechnung oder Abzug
Rz. 732
Anrechnungsmethode vereinbart. Die Anwendbarkeit des § 34 c Abs. 6 Satz 2 EStG setzt zunächst voraus, dass im DBA als Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung die Anrechnungsmethode vorgesehen ist. Dabei sind folgende Fälle zu unterscheiden.
Rz. 733
DBA regelt Methode der Steueranrechnung selbst. Das DBA sieht die Steueranrechnung vor und enthält selbst Regelungen über die Durchführung der Anrechnung. In diesem Fall wird § 34 c Abs. 6 Satz 2 EStG insoweit verdrängt, als die innerstaatlichen Regelungen von den DBA-Regelungen abweichen, da die Anrechnungsregelungen des DBA nach § 2 AO grundsätzlich vorrangig und damit auch konkurrenzrechtlich als speziellere Regelung zu qualifizieren sind (s. Anm. 736). Zur wahlweisen Ermöglichung der Abzugsmethode durch den nationalen Gesetzgeber trotz Vorrang des DBA s. Anm. 749. Allerdings wird eine eigenständige Regelung der technischen Umsetzung der Steueranrechnung im DBA eher die Ausnahme sein, da Art. 23 B Abs. 1 bzw. Art. 23 A Abs. 2 OECD-MA lediglich die Steueranrechnung dem Grunde nach vorsehen und die auf dieser Grundlage abgeschlossenen deutschen DBA die Anrechnung folglich nicht näher bestimmen.
Rz. 734
DBA regelt Steueranrechnung nur dem Grunde nach. Der Regelfall in der deutschen Abkommenspraxis ist der, dass das DBA zwar die Steueranrechnung vorsieht, aber keine speziellen Regelungen zur Anrechnung enthält. Das DBA sieht folglich die Steueranrechnung nur dem Grunde nach vor und überlässt die technische Umsetzung dem nationalen Gesetzgeber. Dabei ist unerheblich, ob der Abkommenstext ausdrücklich auf die nationalen Anrechnungsvorschriften verweist oder sich die Anwendbarkeit der innerstaatlichen Anrechnungsvorschriften mangels eigener Regelungen im DBA durch Auslegung ergibt.
Rz. 735
frei
bb) Entsprechende Anwendung der nationalen Anrechnungsvorschriften
Rz. 736
Im Einklang mit dem Abkommen. Die mit § 34 c Abs. 6 Satz 2 EStG angeordnete entsprechende Anwendung des § 34 c Abs. 1 Sätze 2–5 und Abs. 2 EStG bedeutet, dass die unilateralen Regelungen über die Steueranrechnung zu den Regelungen des DBA ergänzend heranzuziehen sind. Allerdings sind die innerstaatlichen Regelungen gegenüber dem DBA als nachrangig zu qualifizieren, da der nationale Gesetzgeber mit der nur partiellen Verweisung auf § 34 c Abs. 1 EStG zum Ausdruck bringt, dass vorrangig die Voraussetzungen der Anrechnung dem Abkommensrecht und nicht § 34 c Abs. 1 Satz 1 EStG zu entnehmen sind. Folglich treten die innerstaatlichen Regelungen im Kollisionsfall hinter die DBA-Regelungen auf Konkurrenzebene zurück, soweit das DBA eigene Voraussetzungen über die Anrechnung enthält. Regelmäßig (s. Anm. 733 f.) ist in den von Deutschland geschlossenen DBA aber die Anrechnung nur dem Grunde nach geregelt, so dass § 34 c Abs. 6 Satz 2 EStG als wichtige Verweisnorm auf die innerstaatlichen Regelungen über die Steueranrechnung eigenständige Bedeutung zukommt.
Rz. 737
Kein Verweis auf Satz 1. Für die Steueranrechnung bei Anwendbarkeit eines DBA verweist § 34 c Abs. 6 Satz 2 EStG nur partiell auf Abs. 1. Die Voraussetzungen des § 34 c Abs. 1 Satz 1 EStG, der von der Verweisung nicht umfasst ist, sind daher bei der Anrechnung grundsätzlich nicht zu beachten. Etwas anderes gilt aber dann, soweit die Sätze 2 bis 5 ihrerseits wieder auf Satz 1 Bezug nehmen. Insoweit ist § 34 c Abs. 1 Satz 1 EStG jedenfalls mittelbar doch anwendbar.
Rz. 738
Höhe der anzurechnenden ausländischen Steuer. Der fehlende Verweis auf § 34 c Abs. 1 Satz 1 EStG kann möglicherweise Auswirkung auf die Höhe der anzurechnenden ausländischen Steuer haben. Die mit § 34 c Abs. 1 Satz 1 EStG vorgesehene Begrenzung der anzurechnenden Steuer auf die festgesetzte, gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer findet im DBA-Fall keine Anwendung. Die Höhe der anzurechnenden ausländischen Steuer ergibt sich vielmehr (unmittelbar) aus dem jeweils einschlägigen DBA. S. hierzu Anm. 752.
Rz. 739
Entsprechende Anwendung von Abs. 1 Satz 2. Mit § 34 c Abs. 1 Satz 2 EStG regelt der Gesetzgeber das Verfahren zur Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags und bestimmt die auf die ausländischen Einkünfte entfallende deutsche Einkommensteuer. Entgegen dem der Steuerermittlung zu Grunde liegenden progressiven Steuersatz erfolgt die Aufteilung der ermittelten Einkommensteuer jedoch linear nach dem Verhältnis der in- und ausländischen Einkünfte. Diese vereinfachende Aufteilung der Steuer ergibt sich aus dem Umstand, dass Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer – mit Ausnahme der Abgeltungssteuer – nicht die Einkünfte sind, sondern das zu versteuernde Einkommen ist. Im Rahmen der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags ist zu beachten, dass § 34 c Abs. 1 Satz 2 EStG nur entsprechend anzuwenden ist. Folglich sind die Bezugsgrößen, ua. ausländische Einkünfte vorrangig nach dem DBA zu be...