Rz. 758

[Autor/Stand] Fiktive Quellensteuer. Nach dem DBA als gezahlt geltende Steuern sind solche, die tatsächlich nicht festgesetzt oder erhoben werden, sondern nur im Rahmen des DBA für Zwecke der Anrechnung als gezahlt gelten (fiktive Quellensteuer). In der deutschen Abkommenspraxis sehen vor allem DBA mit Entwicklungsländern die Anrechnung von fiktiven Quellensteuern, insbesondere für Dividenden-, Zins-, oder Lizenzeinkünfte vor.[2]

 

Rz. 759

[Autor/Stand] Wirkungsweise fiktiver Quellensteuern. Die Anrechnung fiktiver Quellensteuern kommt nur bei der Anrechnungsmethode zur Anwendung. Bei der Freistellungsmethode hingegen bedarf es aufgrund des grundsätzlich anderen Regelungsmechanismus zur Vermeidung der Doppelbesteuerung keiner Fiktion von gezahlten Quellensteuern. Die Anrechnungsmethode führt im Ergebnis dazu, dass die Steuerbelastung für Einkünfte immer dem höheren Steuerniveau der beiden Staaten unterliegt. Dies wirkt sich in der Praxis dahingehend aus, dass soweit der Quellenstaat aus wirtschafts-, entwicklungs-, oder sozialpolitischen Motiven ausländischen Investoren Steueranreize bzw. Steuersubventionen gewähren möchte, diese nicht bei den Investoren verbleiben, sondern mangels anrechenbarer Steuer letztendlich zu Gunsten des Ansässigkeitsstaates gehen und damit ins Leere laufen würden. Um diesen unerwünschten Effekt zu vermeiden, sehen viele DBA mit Entwicklungsländern die Anrechnung fiktiver Quellensteuern vor. Diese fiktive Anrechnung im Ansässigkeitsstaat des Investors bewirkt, dass in Höhe der fiktiven Quellensteuer der vom Quellenstaat gewährte Steuervorteil beim Investor verbleibt.

 

Rz. 760

[Autor/Stand] Keine Anwendung von Abs. 1 Satz 3. Als Rechtsfolge beim Vorliegen von fiktiven Quellensteuern ordnet das Gesetz die Nichtanwendbarkeit des § 34 c Abs. 1 Satz 3 EStG an, so dass auch die von der fiktiven Quellensteuer begünstigten Einkünfte – unabhängig von einer tatsächlichen Besteuerung – bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrags zu berücksichtigen sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass möglicherweise der Quellenstaat die privilegierten Einkünfte nicht nur vermindert, sondern gar nicht besteuert und diese dann im Rahmen der Bestimmung des Anrechnungshöchstbetrags nicht berücksichtigt würden. Diese Nichtberücksichtigung könnte im Ergebnis aber dazu führen, dass ein Anrechnungsüberhang entstünde oder sich vergrößert und damit durch die Hintertür des Anrechnungshöchstbetrags das mit der Anrechnung der fiktiven Quellensteuer verfolgte Ziel, der Nichtabschöpfung der Steuervorteile durch den Ansässigkeitsstaat, konterkariert würde. Insoweit wirkt die Vorschrift für den Stpfl. begünstigend, dh. sein Anrechnungsvolumen wird trotz Nichtbesteuerung der mit fiktiver Quellensteuer geförderten Einkünfte nicht verringert, sondern bleibt vollumfänglich erhalten. Dies versetzt ihn überhaupt erst in die Lage, die fiktive Quellensteuer zur Anrechnung bringen zu können. Die Vorschrift ist damit systematisch folgerichtig.

 

Rz. 761

[Autor/Stand] Keine Anwendung von Abs. 2. Weiterhin ordnet das Gesetz auch die Nichtanwendbarkeit von § 34 c Abs. 2 EStG hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung von fiktiven Quellensteuern an. Dies bedeutet, dass das alternative Wahlrecht des Stpfl. anstelle der Steueranrechnung den Abzug zu wählen, bei einer fiktiven Quellensteuer nicht besteht. Diese Versagung der Abzugsmöglichkeit ist auf den ersten Blick konsequent, da der Stpfl. mit einer fiktiven Quellensteuer auch nicht belastet ist. Wie bereits unter Anm. 749 ausgeführt, besteht für Deutschland nach dem jeweiligen DBA keine Verpflichtung neben der Steueranrechnung auch alternativ einen Steuerabzug gewähren zu müssen. Folglich steht die bei den fiktiven Quellensteuern erfolgte Rückführung auf die Steueranrechnung auch in keinem Widerspruch zu den Abkommensverpflichtungen.[6] Gleichwohl gilt auch für die fiktive Quellensteueranrechnung, dass sie nicht interperiodisch zur Verfügung steht, dh. nur in dem Veranlagungszeitraum geltend gemacht werden kann, in dem die mit ihr im Zusammenhang stehenden Einkünfte erzielt wurden. Diese zeitraumbezogene Betrachtung kann wie bei der herkömmlichen Anrechnung ausländischer Steuern zu dem Ergebnis führen, dass die Entlastung ins Leere läuft bzw. Anrechnungsüberhänge entstehen. Sollen Sinn und Zweck des Steuerabzugs sein, diesem für den Stpfl. negativen Ergebnis entlastend entgegen zu wirken und einen Ausgleich dafür zu schaffen, dann gilt auch für fiktive Quellensteueranrechnungen nichts anderes. Im Ergebnis ist der Gesetzgeber damit inkonsequent, soweit auch ein Abzug nach Abs. 3 ausgeschlossen bleibt, was wiederum Abs. 6 Satz 1 für DBA-Fälle ausdrücklich anordnet.

 

Rz. 762

[Autor/Stand] frei

[Autor/Stand] Autor: Weggenmann, Stand: 01.10.2014
[2] Eine Übersicht über Abkommen mit fiktiver Quellensteuer siehe bei Vogel in V/L5, Art. 23 OECD-MA Rz. 191 oder Schrock in Haase2, Art. 23B OECD-MA Rz. 60.
[Autor/Stand] Autor: Weggenmann, Stand: 01.10.2014
[Autor/Stand] Autor: Wegge...

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