Dr. Nils Häck, Dr. Julian Böhmer
aa) Allgemeines
Rz. 51
Langlebigkeit einbringungsgeborener Anteile. Mit der Neukonzeptionierung des Umwandlungssteuerrechts durch das SEStEG vom 7.12.2006 wurde das zuvor in § 21 UmwStG 1995, § 3 Nr. 40 Satz 3 und 4 EStG a.F. sowie § 8b Abs. 4 KStG a.F. enthaltene System der in § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 legal definierten "einbringungsgeborenen Anteilen" durch die Sperrfristregelungen in § 22 UmwStG abgelöst. Jedoch wurden die einbringungsgeborenen Anteile im Zuge dessen nicht in das neue System überführt. Vielmehr gilt grds. für sämtliche einbringungsgeborenen Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 auch nach dem Inkrafttreten des SEStEG weiterhin das bisherige Besteuerungsregime fort (§ 27 Abs. 3 Nr. 3 Satz 1 UmwStG). Dies galt nicht nur für die Anwendung des § 8b Abs. 4 KStG a.F. und § 3 Nr. 40 Satz 3 EStG a.F. innerhalb der (inzwischen sämtlich abgelaufenen) maßgeblichen Siebenjahresfrist, sondern gilt insbesondere – hier aber "in alle Ewigkeit" – für die Anwendung der Gewinnrealisationstatbestände gemäß § 21 Abs. 1 und Abs. 2 UmwStG 1995. Ihren Status als "einbringungsgeboren" verlieren die Anteile erst bei tatsächlicher Veräußerung oder Verwirklichung einer der Ersatzrealisierungstatbestände i.S.v. § 21 Abs. 2 Satz 1 UmwStG 1995. Einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1995 sind v.a. Anteile an Kapitalgesellschaften, die der Einbringende als Gegenleistung für die Sacheinlage eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils (§ 20 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995), die Sacheinlage einer mehrheitsvermittelnden Kapitalgesellschaftsbeteiligung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG 1995) oder im Rahmen des Formwechsels einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft (§ 25 UmwStG 1995) unter dem Teilwert erhalten hat. Auch andere Anteile konnten durch sog. Mitverstrickung in die Steuerverhaftung des § 21 UmwStG 1995 hineinwachsen. Einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 konnten grds. letztmalig durch einen Einbringungsvorgang entstehen, bei dem die Anmeldung zur Eintragung in das für die Wirksamkeit des jeweiligen Vorgangs maßgebende öffentliche Register bis zum 12.6.2006 erfolgt ist oder – wenn zur Wirksamkeit keine Eintragung in ein öffentliches Register vorausgesetzt ist – das wirtschaftliche Eigentum an den eingebrachten Wirtschaftsgütern bis zum 12.12.2006 übergegangen ist (§ 27 Abs. 2 UmwStG 2006). Aber auch bei Anteilen, die als Gegenleistung für einen nach diesen Zeitpunkten erfolgenden Einbringungsvorgang erworben werden, handelt es sich nach dem gesetzgeberischen Willen um einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 UmwStG 1995, soweit das eingebrachte Betriebsvermögen einbringungsgeborene Anteile umfasste (vgl. § 20 Abs. 3 Satz 4 UmwStG, dazu Rz. 52) oder selbst einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 UmwStG 1995 eingebracht wurden (vgl. § 21 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 4 UmwStG, dazu Rz. 52). Der Vorrang des § 21 UmwStG 1995 vor § 17 EStG umfasst auch die Vorschrift des § 17 Abs. 6 EStG.
Rz. 52
("Neue") Einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 20 Abs. 3 Satz 4, § 21 Abs. 2 Satz 6 UmwStG. Umfasst bei einer Sacheinlage nach § 20 UmwStG bzw. einem Formwechsel nach § 25 UmwStG das eingebrachte Betriebsvermögen einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 UmwStG 1995, gelten bei einem Ansatz unter dem gemeinen Wert die erhaltenen Anteile insoweit ("quotale Verstrickung") auch als einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 UmwStG 1995 (§ 20 Abs. 3 Satz 4 UmwStG). Dies sollte auch – trotz deren ausdrücklicher Nennung in § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG i.d.F. des KöMoG – für die von einer natürlichen Person gehaltenen Anteile an einer optierenden Gesellschaft i.S.v. § 1a KStG gelten, soweit sich im Betriebsvermögen der fiktiv "formgewechselten" Personengesellschaft (§ 1 Abs. 2 Satz 1 und 2 KStG i.V.m. §§ 25, 20 UmwStG) einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 1995 befunden haben. Gleiches gilt bei einem qualifizierten Anteilstausch gem. § 21 Abs. 2 Satz 6 i.V.m. § 20 Abs. 3 Satz 4 UmwStG. Über § 20 Abs. 3 Satz 4 UmwStG sollen die erhaltenen Anteile (neuen Rechts) mit der Einbringungsgeborenheit (alten Rechts) "infiziert" werden. In Fällen des § 20 Abs. 3 Satz 4 UmwStG umfasst das eingebrachte Betriebsvermögen i.d.R. nicht nur einbringungsgeborene Anteile i.S.v. § 21 Abs. 1 UmwStG 1995, sodass der erhaltene Anteil steuerrechtlich quotal sowohl als einbringungsgeborener i.S.v. § 21 UmwStG 1995 als auch "normaler" Kapitalgesellschaftsanteil zu behandeln ist. Im hier interessierenden Zusammenhang ergeben sich folgende nicht abschließend geklärten Aspekte: Zunächst stellt sich die Frage, welche umwandlungssteuerrechtlichen Sperrfristen wann für die erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile zum Zuge kommen und welche Rechtsfolgen ein Sperrfristverstoß zeitigt: Solange für die erhaltenen einbringungsgeborenen Anteile noch die (übergeleiteten) Sperrfristen i.S.v. § 3 Nr. 40 Satz 3 und...