Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 361
"aus". Der von uns in der früheren Kommentierung des § 8 Abs. 1 Nr. 10 gerügte Fehler der doppelten Verwendung des Wortes "aus" (vgl. Anm. 316.1 der Vorkommentierung) wurde in Art. 24 Nr. 3 Buchst. a bb JStG 2008 durch Streichung des Wortes innerhalb des § 8 Abs. 1 Nr. 10 beseitigt.
Rz. 362
Einkünfte, die aus Umwandlungen stammen. Auch § 8 Abs. 1 Nr. 10 definiert die Einkünfte aus aktiven Tätigkeiten positiv. Danach liegen Einkünfte aus aktiven Tätigkeiten vor, wenn sie aus Umwandlungen stammen. Das Besondere der Vorschrift besteht darin, dass sie nicht auf laufende Einkünfte abstellt, die aus der Ausübung gewisser Funktionen und Tätigkeiten erzielt werden, die die ausländische Kapitalgesellschaft ausübt. Vielmehr wird der Gewinn aus einem einmaligen Geschäftsvorfall unabhängig von den im Übrigen ausgeübten Tätigkeiten für aktiv erklärt. Entsprechend kann auch eine durch und durch passive Gesellschaft aus dem Einmalakt "Umwandlung" (zu der Frage, was mit Umwandlungen gemeint ist, vgl. Anm. 366 ff.) Einkünfte (zu dem Problem des Erfordernisses von "Einkünften" vgl. Anm. 363) aus aktiver Tätigkeit erzielen.
Rz. 363
Verlangt § 8 Abs. 1 Nr. 10 abstrakte oder konkrete Einkünfte? Ein Problem der Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 10 besteht darin, dass die Regelung "Einkünfte" voraussetzt. Im Rahmen von § 8 Abs. 1 Nr. 1–9 ist dieses Problem praktisch ohne Bedeutung (anders aber bei § 8 Abs. 3), weil aus den in Abs. 1 Nr. 1–9 genannten Tätigkeiten in aller Regel "Einkünfte" generiert werden. Anderenfalls würde sich auch die Frage nach einer etwaigen Hinzurechnungsbesteuerung schon im Ausgangspunkt nicht stellen. Anders liegt es demgegenüber bei Umwandlungen. Aus einer Umwandlung können Einkünfte nur entstehen, wenn die übertragenen Wirtschaftsgüter nicht mit dem Buchwert angesetzt werden. Erfolgt demgegenüber eine Buchwertfortführung in der Hinzurechnungsbilanz, so entstehen keine Einkünfte. Ohne Einkünfte ist aber auch eine Beurteilung nach § 8 Abs. 1 Nr. 10 obsolet. Die Frage ist also die, ob es – wie im Rahmen von § 8 Abs. 1 Nr. 1–9 – genügt, wenn aus der Umwandlung abstrakt Einkünfte entstehen können, oder ob – wie im Rahmen von § 8 Abs. 3 – die konkrete Entstehung von Einkünften zu prüfen ist.
Rz. 364
Konsequenzen des Erfordernisses konkreter Einkünfte. Entscheidet man sich dafür, die Anwendung von § 8 Abs. 1 Nr. 10 vom Vorhandensein konkreter Einkünfte aus Umwandlungen abhängig zu machen, so hat man die nachfolgenden Fragen zu beantworten:
- (1) Besteht die Möglichkeit der steuerlichen Buchwertfortführung und
- (2) wenn ja, wurde von dieser Möglichkeit tatsächlich Gebrauch gemacht?
Die Beantwortung der ersten Frage hängt davon ab, nach welchem Recht die Einkünfte zu ermitteln sind. Für § 8 Abs. 3 besteht weitgehend Einigkeit darin, dass die Ermittlung der Einkünfte grundsätzlich unter Anwendung deutschen Steuerrechts zu erfolgen hat. Keine Einigkeit besteht darin, ob sich dies unmittelbar aus § 10 Abs. 3 oder (weil § 10 Abs. 3 eigentlich erst bei der Rechtsfolge ansetzt) aus dem deutsch-steuerrechtlichen Begriff der "Einkünfte" ergibt. Auf § 8 Abs. 1 wird man diese Wertungen zwanglos übertragen können. Die Anwendung deutschen Steuerrechtes hat dabei zur Folge, dass die Einkünfte i.S. von § 8 Abs. 1 Nr. 10 unter grundsätzlicher Anwendung des UmwStG zu ermitteln sind. Zur Anwendung des UmwStG im Rahmen von § 10 Abs. 3 vgl. Anm. 359. Wegen § 1 Abs. 2 und 4 UmwStG gilt das allerdings nicht, soweit Rechtsträger an der Umwandlung beteiligt sind, die Sitz oder Geschäftsleitung außerhalb des Hoheitsgebietes eines EU-/EWR-Staates haben. In diesem Fall scheidet eine Buchwertfortführung von vornherein aus. Die Einkünfte aus der Umwandlung sind unmittelbar am Maßstab von § 8 Abs. 1 Nr. 10 zu messen. Anders liegt es demgegenüber bei EU-/EWR-Rechtsträgern. Unter den weiteren Voraussetzungen des UmwStG kommt eine Buchwertfortführung in Betracht. Die entscheidende Frage ist deshalb die, ob die Restriktion des § 10 Abs. 3 Satz 4 bereits auf der Ebene des § 8 Abs. 1 greift. Die Frage ist insbes. für die Übertragung von solchen Anteilen relevant, in denen sich Wirtschaftsgüter befinden, die Tätigkeiten i.S. von § 7 Abs. 6 a dienen. Denn sollte die Anwendung des UmwStG unabhängig von der Einschränkung des § 10 Abs. 3 Satz 4 möglich sein, so könnten derartige Anteile zumindest im EU-/EWR-Raum unter Buchwertfortführung übertragen werden. In Ermangelung eines entsprechenden Übertragungsgewinnes käme es auf § 8 Abs. 1 Nr. 10 nicht mehr an. Sollte demgegenüber § 10 Abs. 3 Satz 4 zur Anwendung gelangen, so wäre bereits bei der Ermittlung der Einkünfte für Zwecke des § 8 Abs. 1 inzidenter § 8 Abs. 1 Nr. 10 zu prüfen mit der Folge, dass insbes. Anteile mit Wirtschaftsgütern i.S. von § 7 Abs. 6 a nicht unter Buchwertfortführung übertragen werden könnten. Die aus der Übertragung resultierenden Einkünfte wären (wegen der bereits erfolgten Prüfung von § 8 Abs. 1 Nr. 10) stets passiv. Gegen ...