Prof. Dr. Dr. h.c. Franz Wassermeyer, Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 741
Regelungszweck. Nach § 8 Abs. 3 Satz 1 liegt eine niedrige Besteuerung vor, wenn die Einkünfte der ausländischen Gesellschaft einer Belastung durch Ertragsteuern von weniger als 25 Prozent unterliegen, ohne dass dies auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. Der Regelungszweck des mit "ohne" eingeleiteten Halbs. 2 besteht darin, eine Niedrigbesteuerung in den Fällen zu vermeiden, in denen die ausländische Gesellschaft aus unterschiedlichen Einkunftsquellen sowohl positive als auch negative Einkünfte erzielt und lediglich dadurch aufgrund einer konkreten Belastungsrechnung unter eine Ertragsteuerbelastung von weniger als 25 Prozent rutscht. In diesem Fall wäre allerdings die Annahme einer Niedrigbesteuerung im Grundsatz wenig sachgerecht, was an nachfolgendem Beispiel verdeutlicht werden soll.
Beispiel
Die ausländische Gesellschaft T erzielt negative Einkünfte aus aktivem Erwerb iH von 100 und daneben positive Einkünfte aus passivem Erwerb ebenfalls iH von 100. Im Ausland wird deshalb keine Ertragsteuer erhoben. Normalerweise gilt dort aber ein Steuersatz iH von 30 Prozent. Zwischen der Einkünfteermittlung nach deutschem und ausländischem Steuerrecht soll es keine Abweichungen geben.
Ein konkreter Steuerbelastungsvergleich käme im Beispiel zu einer Steuerbelastung der passiven Einkünfte iH von 0 Prozent. Dass dies allerdings nicht einleuchtet, weil die Einkünfte ohne den Verlustausgleich einer Besteuerung von 30 Prozent unterworfen worden wären, dürfte unmittelbar einsichtig sein. Für den Gesetzgeber muss das so klar gewesen sein, dass er es nicht einmal für nötig befunden hat, die Verlustausgleichsregelung zu begründen. Entsprechend muss aufgrund § 8 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 lediglich abstrakt bzw. hypothetisch danach gefragt werden, welcher Ertragsteuerbelastung die positiven Einkünfte ohne einen Ausgleich mit negativen Einkünften aus anderen Quellen unterlägen hätten. Im Beispiel wären das 30 Prozent gewesen.
Rz. 742
Zweifelsfragen. Gleichwohl gibt die Regelung Anlass zu zahlreichen Zweifelsfragen: Wird nur der Verlustausgleich oder auch der Verlustabzug erfasst? Richtet sich der Verlustausgleich oder der Verlustabzug nach ausländischem oder nach deutschem Steuerrecht? Vermeidet nur ein Ausgleich mit negativen aktiven Einkünften eine Niedrigbesteuerung oder gilt das auch für negative passive Einkünfte? Müssen die negativen passiven Einkünfte hochbesteuert sein oder genügt auch eine Niedrigbesteuerung? Sind auch die aktiven Einkünfte nach den Grundsätzen des deutschen Steuerrechtes zu ermitteln oder ist der Verlust nach ausländischem Recht maßgeblich usw.? Die Fragen sollen nachfolgend behandelt werden:
Rz. 743
Ausgleich. Nach dem Wortlaut des Gesetzes soll es für die Bestimmung der Niedrigbesteuerung zunächst unbeachtlich sein, wenn diese auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruht. Die Regelung wirft die Frage auf, ob damit nur der unterjährige Verlustausgleich angesprochen ist oder ob das auch für einen Verlustabzug gilt. Richtigerweise muss letzteres gelten. Es kann keinen Unterschied machen, ob die Verluste im Jahr ihrer Entstehung aufgrund eines Verlustausgleiches zu einer (konkreten) Niedrigbesteuerung führen, oder ob diese Rechtsfolge aufgrund unzureichender positiver Einkünfte im Verlustentstehungsjahr in einem späteren Jahr eintritt, in welches die Verluste nach ausländischem Recht vorgetragen werden dürfen. Nichts anderes darf dann im Falle eines nach ausländischem Recht zulässigen Verlustrücktrages gelten. Nach richtiger Auffassung der Finanzverwaltung bezieht sich der Begriff "Ausgleich" deshalb auch auf den Verlustabzug, -vortrag oder -rücktrag.
Rz. 744
Einkünfte aus anderen Quellen. Die Niedrigbesteuerung muss ferner auf einem Ausgleich mit Einkünften aus anderen Quellen beruhen, um unbeachtlich zu sein. Das Gesetz spricht von "Einkünften aus anderen Quellen". Daneben muss es Einkünfte aus den "Quellen" geben, die nicht "andere" sind. Der Begriff "Quellen" wird im Plural verwendet. § 8 Abs. 3 geht also davon aus, dass aus mehreren Quellen Einkünfte aus aktivem und/oder passivem Erwerb erzielt werden können. Es bezeichnet die Quellen, aus denen Zwischeneinkünfte erzielt werden, als mehrere und nicht als nur "eine". Auch wenn der Wortlaut gewisse Zweifel offen lässt, sollte man die Formulierung aus der Stellung des § 8 Abs. 3 einerseits und aus der Gesamtfunktion des § 8 andererseits interpretieren. Danach ist es die Aufgabe des § 8, die Zwischeneinkünfte zu definieren. Die Vorschrift differenziert dazu in der Form einer Negativabgrenzung nach den in § 8 Abs. 1 genannten Quellen. § 8 Abs. 3 regelt die Voraussetzungen, unter denen die Zwischeneinkünfte i.S. des § 8 Abs. 1 niedrig besteuert sind. Die Vorschrift unter scheidet dabei zwischen Einkünften aus den "einen" und den "anderen Quellen". "Andere" Quellen i.S. der Vorschrift sind deshalb diejenigen, aus denen keine passiven Einkünfte i.S. des § 8 A...