Dipl.-Kfm. Jens Schönfeld
Rz. 356
§ 50d Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG. Die Vorgängerfassungen des § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. JStG 2007/BeitrRLUmsG enthielten (als Nichtanwendungsgesetz gegen die sog. Hilversum-II- Entscheidung des BFH) das sog. „Verbot der Merkmalsübertragung”, wonach für die Prüfung des § 50d Abs. 3 EStG ausschließlich die Verhältnisse der ausländischen Gesellschaft maßgebend waren, sodass organisatorische, wirtschaftliche oder sonst beachtliche Merkmale konzernverbundener Unternehmen bei der Prüfung außer Betracht blieben. Nach überwiegender Ansicht bezog sich § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG auf den gesamten Satz 1.
Rz. 357
Bedeutung für § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG. Die Regelung des § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG hatte u.E. nur eigenständige Bedeutung im Rahmen der Prüfung wirtschaftlicher oder sonst beachtlicher Gründe für die Einschaltung der ausländischen Gesellschaft (vgl. § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG). Daraus resultierte aber richtigerweise keine vollständige Ausblendung der Anteilseignerperspektive. Vielmehr kam es für die Gründe des Einschaltens weiterhin auf die Perspektive der Anteilseigner an, ausgeschlossen wurden nur – aus inhaltlicher Sicht – diejenigen Gründe, die sich nicht aus dem Verhältnis zwischen Anteilseigner und Gesellschaft, sondern aus dem (übergeordneten) Zusammenwirken zwischen ausländischer Gesellschaft und anderen Konzerngesellschaften ergaben. S. zu diesen konzernbezogenen Gründen näher Rz. 566 ff.
Rz. 358
Keine eigenständige Bedeutung für übrige sachliche Entlastungskriterien. Für die übrigen Merkmale der sachlichen Entlastungsberechtigung ("eigene" Wirtschaftstätigkeit, Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr mit angemessen eingerichtetem Geschäftsbetrieb) entfaltete § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG u.E. hingegen keine eigene Regelungswirkung; aus diesem Grund wirkt sich die Streichung des § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG im Zuge des AbzStEntModG auch nicht auf die Prüfung der sachlichen Entlastungsberechtigung (§ 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 EStG) aus: Mit Einfügung des § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. JStG 2007 reagierte der Gesetzgeber auf die sog. Hilversum-II-Entscheidung des BFH, wonach in Fällen konzernstrategischer Ausgliederungen substanzloser Holdinggesellschaften aus einem ansonsten aktiv tätigen Konzernverbund kein Missbrauch i.S.d. § 50d Abs. 3 EStG vorliegt (s. ausf. dazu Rz. 568). Zu beachten ist aber, dass der BFH die konzerninternen Struktur- und Strategiekonzepte unter die wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe i.S.d. § 50d Abs. 1a EStG 1990/1994 (vgl. § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG) gefasst hat. Der Hilversum-II-Entscheidung ist nach zutreffender Ansicht hingegenkeine „echte Merkmals übertragung ”in dem Sinnezu entnehmen, dass für die Subsumtion unter die übrigen Merkmale der sachlichen Entlastungsberechtigung (eigene Wirtschaftstätigkeit, angemessen eingerichteter Geschäftsbetrieb) beliebig auf die Substanz oder Wirtschaftstätigkeit anderer Konzerngesellschaften zurückgegriffen werden kann. Insoweit war der Wortlaut der Vorgängerfassung mit dem Verlangen nach einer "eigenen" Wirtschaftstätigkeit und einem Geschäftsbetrieb "der ausländischen Gesellschaft" bereits eindeutig. Wie Gosch zutreffend ausführt, ist der Hilversum-II-Entscheidung nur zu entnehmen, dass ein Missbrauch ausgeschlossen ist, wenn dieser im Wege einer Gesamtbetrachtung des Einzelfalls durch objektive Merkmale (insb. aktive Konzernstrukturen mit gleich hoher Entlastungsberechtigung) nicht indiziert ist. Tatbestandlicher Anknüpfungspunkt war für den BFH aus diesem Grund auch nur das Vorliegen wirtschaftlicher oder sonst beachtlicher Gründe i.S.d. § 50d Abs. 1a EStG 1990/1995 (vgl. § 50d Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG) und eben nicht das Betreiben einer eigenen Wirtschaftstätigkeit. Das wird schließlich auch darin deutlich, dass der BFH in seinen Urteilsgründen das Vorliegen einer "eigenen" Wirtschaftstätigkeit – unabhängig von konzerninternen Merkmalen – nur anhand der konkreten Umstände der ausländischen Gesellschaft prüft.
Rz. 359
Bedeutung für § 50d Abs. 3 Satz 1 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG (persönliche Entlastungsberechtigung)? Vereinzelt wird im Schrifttum die Ansicht vertreten, § 50d Abs. 3 Satz 2 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG hätte auch Auswirkung auf die sog. verschachtelte Prüfung (vgl. allg. Rz. 220 ff., zu sachlichen Entlastungsvoraussetzungen s. Rz. 429) im Rahmen der persönlichen Entlastungsberechtigung gehabt. Danach wäre die Berücksichtigung sachlicher Entlastungsmerkmale (inkl. § 50d Abs. 3 Satz 5 EStG i.d.F. BeitrRLUmsG) von an der Körperschaft über eine Beteiligungskette mittelbar beteiligten Personen (sog. mittelbar vertikale Verbundbetrachtung, s. auch Rz. 368 f. mit Beispiel) nicht möglich gewesen. Diese Ansicht ist abzulehnen: Die Technik der verschachtelten Prüfu...